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Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)

Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Larsen
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einen Ehemann haben, sie soll heiraten!"
    Felipe hatte etwas gemurmelt, dann war dieses Thema beendet.
    Und nun hatte er es doch gewagt. Er hatte die Blume gebrochen, und er musste nach Pilars Meinung dafür bezahlen. Pilar war Mexikanerin. In ihrem Land, besonders im ländlichen Bereich, war die Blutrache noch üblich. Das Gesetz verbot sie zwar, aber ihre Wurzeln lagen so tief in der alten Kultur, dass die Zivilisation sie nicht verdrängen konnte. Pilar musste Evita rächen, sonst würde sie niemals wieder zufrieden sein.
    Man nannte sie die Löwin, dass dies kein Scherz war, musste sie nun aus ihrem Instinkt heraus unter Beweis stellten. Dabei durfte sie nicht an die Zukunft denken, nicht an das, was morgen oder übermorgen geschah, oder was die Justiz mit ihr machte. Das Gesetz durfte sie jetzt nicht
    interessieren. Es interessierte sich nach Pilars Dafürhalten auch nicht.für das, was Don Felipe mit Evita gemacht hatte. Weggejagt hätte man die Dirne, würde sie um ihr Recht gebeten haben. Für eine Frau wie Pilar gab es kein Recht und keinen Schutz, auch nicht für die Tochter einer Hure.
    Für Pilar gab es ein eigenes Gesetz. Sie schuf es sich einfach und musste danach handeln. Skrupel kannte sie nicht. Die mussten ihr so fremd bleiben, wie ihr die Liebe fremd war. Mit einem Umhang aus dunkel gefärbter Wolle, eine Kapuze über dem Gesicht, schlich die Leona in die blausilberne Nacht. Hinter den Säulenkakteen stand der weiße Mond und leise hörte man in der Ferne die Brandung. Weit draußen auf dem Meer stand reglos ein hell erleuchtetes Schiff. Auf ihm lachten und tanzten vielleicht jetzt frohe Menschen. Sie wussten nichts von der Leona, von der Frau, die geschworen hatte, den Schänder ihrer Tochter zu töten. Das Mondlicht verwandelte das Weiß des großen, mächtigen Hauses in ein scharfes, kaltes Blau, aus dem die Fenster blinkten und schimmerten. Schlafend lag die Hacienda, schlafend lag der Orangenhain da, herb und fast nüchtern wirkte die Z*pressenallee, die den schnurgeraden Weg säumte, der direkt auf die Säulen des Hauses zuführte. Dieser Weg war blitzsauber. Kein Grashälmchen wuchs zwischen den schneeweißen Kieseln, die es hier auf der Sierra nicht gab, die man von weit her hatte bringen lassen. Rechts von dem großen Gebäude, in dem Felipe Garcias-Romero mit seiner Familie lebte, befanden sich Nebengebäude, unter anderem auch die Stallungen.
    Als echter Mexikaner war Don Felipe ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber, etwas, was aus der Feudalzeit der Kolonialherren übernommen war, wobei Don Felipe durchaus ebenfalls als ein Relikt dieser Zeit gelten konnte, denn seine Lebensweise war der im spanischen Mutterland angepasst.
    Wie ein großer Vogel schwebte ein schwarzer Schatten über die Pferdekoppel und verschwand unter den Z*pressen. Dann sah man die Frau kaum noch, die geschickt von Baum zu Baum schlich und sich so dem Haus näherte. Ab und zu blieb Pilar Soltano stehen. Ihr Mund stand ein wenig offen, die Dirne verhielt den Atem. Ihre Augen funkelten. Schon hatte Pilar den schmalen, schwarzen Schatten an der Breitseite des Gebäudekomplexes erreicht. Sie schöpfte einmal Atem und schlich, dicht an die Hauswand gepresst, an den hohen schmalen Fenstern vorbei. Pilar wusste, dass es ihr gelingen musste, unbemerkt ins Innere des Hauses zu gelangen.
    Nun erkannte sie die Schwierigkeiten, die sich ihrem Vorhaben entgegenstellen. Die Haustür war gewiss abgeschlossen. Vielleicht gab es hier Hunde? Doch das hielt Pilar für nicht sehr wahrscheinlich, denn ein Wachhund hätte wohl schon angeschlagen. Aber in welchem Raum schlief der Patron? Schlief er allein oder zusammen mit Do ña Margarita in einem Zimmer?All das wusste Pilar Soltano nicht, während sie um das Haus schlich. Aber es ging ihr jetzt durch den Kopf. Vorher war jeder Gedanke nur vom Wunsch nach Rache beseelt gewesen. Nun arbeitete wieder der eiskalte Verstand. Pilar überlegte nicht lange. Es war ihr ja auch daran gelegen, möglichst unerkannt wieder zu verschwinden. Freilich ahnte sie, dass die Zeit in ihrem Haus damit ein Ende haben würde.
    Doch hatte ihr die Paruta nicht ohnehin geraten, Alezcana zu verlassen? Über ihre Zukunft hatte sich Pilar nie großartig Gedanken gemacht. Als Dirne hatte sie stets verhältnismäßig illusionslos leben müssen. Freilich gab es bisweilen Träume. Die aber waren so abstrakt, dass Pilar mit keinem darüber reden mochte. Was hatte sie denn in der Hand? Vorrangig war es das Leben dieses

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