Die Hyäne
sie in der Körpermitte getroffen, und dieser Treffer trieb ihr die Luft aus den Lungen. Er sorgte für einen stechenden und zugleich würgenden Schmerz. Sie schaffte es nicht mehr, sich auf den Beinen zu halten. Vor Banks ging sie in die Knie, als wollte sie ihn voller Demut anbeten. Sprechen konnte sie nicht.
Ihr Mund war mit irgendeiner Masse gefüllt, die ihr auch den Atem raubte. Ihr schwindelte, und bevor sie zu Boden fallen konnte, faßte Banks zu. Er hielt Glenda für einen Moment fest, bevor er sie wie eine Puppe abstützte.
Lucy schaute ihn an. »Was hast du mit ihr vor?«
»Ich schaffe sie nach unten.«
»Gut. Ist er denn schon da?«
»Er wird kommen.«
»Weißt du denn, wer sie ist? Oder kennst du nur ihren Namen?«
»Das reicht mir.«
»Vielleicht gehört sie zu den Bullen.«
»Und wenn schon.« Banks lächelte eisig. »Collin wird es nicht stören. Um dich aber zu beruhigen, werde ich später ihre Kleidung durchsuchen.«
Lucy nickte. »Okay. Wann, denkst du, geht es los?«
»Noch vor Mitternacht«, erklärte er, zwinkerte Lucy zu und zog Glenda herum. Er ließ sie jetzt neben sich herlaufen. Er hörte, wie sie würgte und den Atem keuchend ausstieß.
Ein junger Mann, dem sie im Flur begegneten, blieb stehen und schaute entsetzt. »Was ist denn los, Peter?«
»Nichts weiter. Sie ist neu. Hat sich übernommen. Das passiert.«
»Ja, wenn man sich nicht an die Regeln hält.«
»Eben.« Banks grinste wieder. »Sie hat sich an gar keine Regeln gehalten, und das war ihr Fehler.«
***
Niemand hatte Mutter und Sohn beim Verlassen des Hauses gesehen.
Außerdem hatten sie nicht den normalen Ausgang genommen, sondern den zum Hof. Dort parkte auch der Volvo-Kombi im Schatten einer Mauer, nicht weit von der Durchfahrt entfernt.
Es war windiger geworden und auch kälter. Der Wind fuhr schräg in den Hinterhof hinein. Er wehte an den Mauern der Häuser entlang und spielte mit allem, was nicht niet- und nagelfest war. Deshalb hörte die Frau auch hin und wieder ein Klappern oder hartes Anschlagen einer Tür oder eines Fensters.
Der Wetterdienst hatte Sturm vorausgesagt. Er würde in der folgenden Nacht über das Land herfallen. Jetzt war der Wind noch relativ normal.
Collin de Baker hatte sich führen lassen wie ein kleines Kind. Als seine Mutter mit ihm den Volvo erreichte, blieb sie an der Heckklappe stehen, öffnete sie, gab Collin ein Zeichen, und das Monstrum senkte seinen häßlichen Raubtierschädel, um mit dem Kopf voran in den Wagen zu steigen. Er zog die Beine nach, kroch zwischen die Kisten und fand dort eine gute Deckung.
Carrie schlug die Klappe wieder zu. Dann öffnete sie die Fahrertür und stieg ein. Sie startete und schaltete die Scheinwerfer ein, deren bleiches Licht über den grauen und schmutzigen Hofboden hinwegstrich, als wollte es ihn anmalen.
Sie rollte auf die Einfahrt zu. Die war nicht sehr breit, und Carrie mußte sich konzentrieren, um keinen Rückspiegel abzubrechen. Eigentlich hätte sie nervös sein müssen, aber sie war die Ruhe selbst. Sie wußte genau, was sie zu tun hatte, und sie fürchtete sich auch nicht vor Collin.
Mochte er aussehen, wie er wollte, letztendlich war er doch ihr Sohn, und nur das zählte für sie. Sie wollte ihn nicht mehr so vernachlässigen wie in den vergangenen Jahren. Es sollte eine Kommunikation zwischen ihnen beiden geben. Davon ließ sie sich nicht abbringen.
Die schmale Durchfahrt hatte sie schnell hinter sich gelassen, dann blinkte sie nach rechts. Carrie war auf der Hut. Sie durfte keinen Fehler begehen – und nicht kontrolliert werden. Wenn das geschah, war alles vorbei.
Der Verkehr war nicht mehr so stark. Carrie brauchte nicht im Stau zu stehen. Hin und wieder fielen ihr die Haare in die Stirn. Sie blies sie jedesmal wieder zur Seite.
Dunkelheit und Lichter umgaben sie. Der Wind machte sich an losem Papier und weggeworfenen Dosen zu schaffen. Er trieb die Dinge vor sich her, als wollte er sie jagen.
Collin lag auf der Ladefläche und rührte sich nicht. Manchmal warf Carrie einen Blick in den Innenspiegel, um sich davon zu überzeugen. Sie war immer zufrieden, daß sie nichts von ihrem Sohn sah. Der hielt sich wirklich an die Regeln, als wären sie ihm einprogrammiert worden.
Sie dachte auch nicht darüber nach, aus welchen Gründen sich ihr Sohn so verändert hatte. Carrie war einfach von einer Phobie besessen. Sie wollte, daß Collin glücklich wurde, auch in seinem Zustand, denn für sie war er nicht tot.
Ihrem Mann
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