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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Unterlippe. »Wir haben es mit einem Paradoxon zu tun, Brawne.«
    »Was für einem?«
    »Wenn es wirklich mein Ziel war, nach Hyperion zu gehen ... meinen Cybrid dorthin reisen zu lassen ... hätte ich nicht im TechnoCore bleiben können. Ich hätte mein gesamtes Bewußtsein in den Cybrid selbst übertragen müssen.«
    »Warum?« Aber noch während ich fragte, sah ich den Grund ein.
    »Denk nach! Die Dateiebene selbst ist eine Abstraktion. Eine Mischung aus Computer- und KI-erzeugten Datensphären und der quasi-wahrnehmungsfähigen Gibson-Matrix, die ursprünglich für menschliche Benutzer entwickelt worden ist, die man aber heutzutage als gemeinsamen Boden für Menschen, Maschinen und KI betrachtet.«
    »Aber die KI-Hardware existiert irgendwo im realen Raum«, sagte ich. »Irgendwo im TechnoCore.«
    »Ja, aber für die Funktion des KI-Bewußtseins ist das irrelevant«, sagte Johnny. »Ich kann überall ›sein‹, wo die überlappenden Datensphären mich hinreisen lassen ... natürlich auf allen Netz-Welten, der Dateiebene und auf jedem TechnoCore-Konstrukt wie der Alten Erde ... aber nur in diesem Umfeld kann ich ein ›Bewußtsein‹ für mich beanspruchen und Sensoren oder ferngesteuerte Einheiten wie diesen Cybrid bedienen.«
    Ich stellte die Kaffeetasse ab und betrachtete dieses Ding, mit dem ich in der vergangenen Nacht wie mit einem Mann geschlafen hatte. »Und?«
    »Die Kolonialwelten haben begrenzte Datensphären«, sagte Johnny. »Es besteht zwar Kontakt mit dem Techno-Core via Fatline-Übertragungen, aber der dient lediglich dem Datenaustausch ... wie die Computerschnittstellen des Ersten Informationszeitalters ... nicht einem Strom von Bewußtsein. Hyperions Datensphäre ist so primitiv, daß sie fast nichtexistent ist. Und soweit ich herausgefunden habe, hat der Core überhaupt keine Verbindung mit dieser Welt.«
    »Ist das normal?« fragte ich. »Ich meine, bei einer so weit entfernten Kolonialwelt?«
    »Nein. Der Core hat Verbindung mit jeder Kolonialwelt, mit interstellaren Barbaren wie den Ousters und mit anderen Quellen, die sich die Hegemonie gar nicht vorstellen kann.«
    Ich saß fassungslos da. »Mit den Ousters?« Seit dem Krieg auf Bressia vor ein paar Jahren waren die Ousters die Lieblingsbuhmänner der Hegemonie. Die Vorstellung, daß der Core ... der Zusammenschluß aller KIs, der den Senat und das All-Wesen berät und ermöglicht, daß unsere gesamte Wirtschaft, das Farcastersystem und die technologische Zivilisation aufrechterhalten werden können ... die Vorstellung, daß der Core Verbindung mit den Ousters unterhielt, war furchterregend. Und was, zum Teufel, meinte Johnny mit anderen Quellern? Das wollte ich momentan eigentlich gar nicht wissen.
    »Aber du hast gesagt, es ist möglich, daß dein Cybrid dorthin reist?« sagte ich. »Und was hast du damit gemeint, dein ›gesamtes Bewußtsein in den Cybrid zu übertragen‹? Kann eine KI zum Menschen ... werden? Kannst du nur in deinem Cybrid existieren?«
    »Das wurde schon einmal gemacht«, sagte Johnny leise. »Einmal. Eine Persönlichkeitsrekonstruktion, die sich nicht so sehr von meiner unterscheidet. Ein Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts namens Ezra Pound. Er gab seine Kl-Persönlichkeit auf und floh in seinem Cybrid aus dem Netz. Aber die Pound-Rekonstruktion war verrückt.«
    »Oder normal«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Also können alle Daten und die Persönlichkeit einer KI im organischen Gehirn eines Cybrids überleben.«
    »Selbstverständlich nicht, Brawne. Nicht einmal ein Prozent eines Prozents meines totalen Bewußtseins würde den Übergang überleben. Organische Gehirne können nicht einmal primitivste Informationen so verarbeiten, wie wir das können. Die entstehende Person wäre nicht die Kl-Persönlichkeit ... aber auch kein wahrhaft menschliches Bewußtsein oder ein Cybrid ...« Johnny verstummte mitten im Satz, drehte sich rasch um und sah zum Fenster hinaus.
    Nach einem längeren Augenblick sagte ich: »Was ist?« Ich streckte die Hand aus, berührte ihn aber nicht.
    Er sprach weiter, ohne sich umzudrehen. »Vielleicht habe ich mich geirrt, als ich gesagt habe, das Bewußtsein könnte nicht menschlich sein«, flüsterte er. »Es wäre möglich, daß die entstehende Person menschlich sein könnte, von einem gewissen göttlichen Wahnsinn beseelt und mit einer metahumanen Perspektive versehen. Es könnte sein ... wenn man alle Erinnerungen an unsere Zeit, das gesamte Bewußtsein des Core ausmerzt ... daß es die

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