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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Fragen ertönten in den Ohrhörern. Kassad machte sich stumm an die Verfolgung.
    Der dritte Ouster wäre entkommen, hätte er sich nicht auf seine Ehre besonnen und sich zum Kampf gestellt. Kassad spürte ein unerklärliches Gefühl des déjà vu, als er dem Mann aus einer Entfernung von fünf Metern einen Energiestrahl durchs Auge feuerte.
    Der Leichnam taumelte rückwärts ins Sonnenlicht. Kassad zog sich zu der Öffnung und sah zu dem Tintenfisch, der keine zwanzig Meter entfernt angedockt hatte. Es war, dachte er, das erste uneingeschränkte Glück, das er in letzter Zeit gehabt hatte.
    Er strampelte über die Kluft und wußte, wenn ihn jemand vom Tintenfisch oder dem Wrack erschießen wollte, konnte er nichts dagegen tun. Er spürte die hodenschrumpelnde Nervosität, die er stets empfand, wenn er eine offensichtliche Zielscheibe bot. Kein Schuß wurde abgefeuert. Befehle und Fragen dröhnten in seinen Ohren. Er konnte sie nicht verstehen, hatte keine Ahnung, wo sie ihren Ursprung hatten und hielt es im großen und ganzen sowieso für das beste, wenn er sich gar nicht erst in die Unterhaltungen einmischte.
    Der Anzug machte so unbeholfen, daß er den Tintenfisch fast verfehlte. Er dachte kurz, daß diese Antiklimax die angemessene Strafe des Universums für seine Anmaßungen wäre: Der tapfere Krieger entschwebte in den planetennahen Orbit – keine Manövriersysteme, kein Antrieb, keine irgendwie geartete Reaktionsmasse – sogar die Pistole war rückstoßfrei. Er würde sein Leben so ungefährlich und nutzlos wie der entschwebte Luftballon eines Kindes beschließen.
    Kassad streckte sich, bis seine Gelenke knackten, bekam eine Antenne zu fassen und zog sich Handbreit über Handbreit zur Hülle des Tintenfischs.
    Verdammt, wo war die Luftschleuse? Die Hülle war für ein Raumfahrzeug verhältnismäßig glatt, aber von einem Wirrwarr von Mustern und Symbolen überzogen, bei denen es sich, vermutete er, um Ouster-Äquivalente von KEIN DURCHGANG oder VORSICHT: SCHUBDÜSE handelte. Kein Zugang war zu sehen. Er vermutete, daß Ousters an Bord waren, zumindest ein Pilot, und diese fragten sich wahrscheinlich schon, warum ihr Kamerad auf der Hülle herumkrabbelte wie eine betrunkene Krabbe, anstatt die Luftschleuse aufzumachen. Vielleicht wußten sie auch warum und warteten mit gezückten Pistolen drinnen. Wie dem auch sei, es wurde deutlich, daß niemand die Absicht zu haben schien, die Luftschleuse für ihn aufzumachen.
    Drauf geschissen, dachte Kassad und schoß eine der Beobachtungskuppeln auf.
    Die Ousters hielten ihr Schiff sauber. Wenig mehr als die Äquivalente von ein paar verlorenen Büroklammern und Münzen kamen mit der entweichenden Luft herausgeflogen. Kassad wartete, bis sich der Sturm gelegt hatte, und zwängte sich durch die Öffnung.
    Er befand sich in einer Trägersektion: Die gepolsterte Kabine sah ziemlich genau wie die Sprungrattenhangars eines Schlachtschiffs aus. Kassad merkte sich, daß ein Tintenfisch wahrscheinlich zwanzig Oustersoldaten in vollem Vakuumkampfanzug beförderte. Jetzt war er leer. Eine offene Schleuse führte zum Cockpit.
    Nur der befehlshabende Pilot war an Bord geblieben, und der war gerade dabei, den Sicherheitsgurt zu lösen, als Kassad ihn erschoß. Kassad stieß den Leichnam in die Trägersektion und schnallte sich in den – wie er hoffte – Pilotensitz.
    Warmes Sonnenlicht fiel durch die Kuppel über ihm. Videomonitore und Konsolenholos zeigten Bilder von vorne, achtern und Momentaufnahmen der Suchaktionen im Wrack. Kassad sah kurz einen nackten Leichnam in OP 3 und mehrere Gestalten, die in ein Feuergefecht mit chirurgischen Lasern verwickelt waren.
    In den Holodramen in Fedmahn Kassads Kindheit schienen die Helden immer genau gewußt zu haben, wie man Gleiter, Raumfahrzeuge, exotische EMVs und andere seltsame Maschinen bediente, wenn es erforderlich war. Kassad war ausgebildet worden, Militärtransporter, einfache Panzer und APCs zu bedienen, sogar ein Schlachtschiff oder Landungsboot, wenn die Lage verzweifelt war. Wenn er auf einem steuerlosen FORCE-Raumschiff festsaß, eine vage Möglichkeit, kannte er sich so gut auf der Kommandobrücke aus, daß er mit dem Primärcomputer kommunizieren oder einen Notruf über Funk oder Fatline absetzen konnte. Als er nun im Pilotensessel des Ouster-Tintenfischs saß, hatte Kassad nicht die geringste Ahnung.
    Das stimmte nicht ganz. Er erkannte die Griff schlitze der Fernbedienung für die Tentakelarme des Schiffs augenblicklich,

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