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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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trank Wasser aus seiner Flasche und sauste mit Höchstgeschwindigkeit flußabwärts.
     
    Bei Sonnenaufgang befand er sich unterhalb des Dorfs Doukhobor's Copse, fast bei den Schleusen von Karla, wo der Königliche Transportkanal zu den nördlichen städtischen Siedlungen und der Mähne führte. Der Konsul wußte, von hier bis zur Hauptstadt waren es keine hundertfünfzig Klicks – aber bei der nervtötend langsamen Geschwindigkeit der Schwebematte waren das noch rund sieben Stunden. Er hatte gehofft, er würde an diesem Punkt der Reise einen Militärgleiter erspähen, ein Passagierluftschiff aus dem Copse von Naiad oder auch nur ein Motorboot, das er übernehmen konnte. Aber an den Ufern des Hoolie war keine Spur von Leben zu sehen, abgesehen von gelegentlichen brennenden Gebäuden oder Licht in fernen Fenstern. Sämtliche Boote waren von den Docks verschwunden. Die Mantabecken oberhalb der Schleusen waren verlassen, die großen Portale offen für die Strömung, keine Transportbarken waren an der Stelle vertäut, wo der Fluß zu doppelter Breite seines sonstigen Laufs anschwoll.
    Der Konsul fluchte und flog weiter.
    Es war ein wunderschöner Morgen, der Sonnenaufgang erhellte die tiefhängenden Wolken und hob jeden Busch und Baum im horizontalen Licht klar hervor. Dem Konsul war, als hätte er vor Monaten zum letztenmal echte Vegetation gesehen. Werholz und Halbeichenbäume ragten auf den fernen Klippen in majestätische Höhe auf, während auf den gefluteten Feldern der Eingeborenen grüne Schößlinge von Millionen Periskopbohnen aufragten. Frauenhainwurzeln und Feuerfarn säumten die Ufer, jeder einzelne Zweig zeichnete sich deutlich im klaren Licht des Sonnenaufgangs ab.
    Die Wolken verschluckten die Sonne. Es fing an zu regnen. Der Konsul setzte den Dreispitz auf; kauerte sich unter Kassads Ersatzmantel und flog in einer Höhe von hundert Metern südwärts.
     
    Der Konsul versuchte sich zu erinnern. Wieviel Zeit blieb dem Mädchen Rachel noch?
    Obwohl er am Tag zuvor so lange geschlafen hatte, umwölkte Müdigkeit sein Denken. Rachel war vier Tage alt gewesen, als sie im Tal eingetroffen waren. Das war ... vor vier Tagen gewesen.
    Der Konsul rieb sich die Wange, griff nach einer Wasserflasche und mußte feststellen, daß alle leer waren. Er hätte problemlos nach unten sinken und alle Flaschen im Fluß wiederauffüllen können, wollte aber die Zeit nicht vergeuden. Sein Sonnenbrand tat weh, er zitterte, während Regen von seinem Hut troff.
    Sol hat gesagt, wenn ich bis Einbruch der Nacht zurück bin, wäre alles in Ordnung. Rachel kam nach zwölf-null-null Uhr zur Welt, auf Hyperion-Zeit umgerechnet. Wenn das stimmt, wenn es kein Irrtum ist, hat sie Zeit bis heute abend acht Uhr. Der Konsul wischte sich Wasser von Wangen und Augenbrauen. Sagen wir noch sieben Stunden bis Keats. Eine Stunde oder zwei, bis ich das Schiff freibekommen habe. Theo wird mir helfen ... er ist jetzt Generalgouverneur. Ich kann ihn davon überzeugen, daß es im Interesse der Hegemonie ist, sich über Gladstones Befehl hinwegzusetzen, daß das Schiff unter Quarantäne steht. Wenn nötig, werde ich ihm sagen, daß sie mir den Auftrag gegeben hat, mich mit den Ousters zu verbünden und das Netz zu verraten.
    Sagen wir zehn Stunden, plus fünfzehn Minuten Flug mit dem Schiff. Müßte noch mindestens eine Stunde bis Sonnenuntergang bleiben. Rachel wird nur ein paar Minuten alt sein, aber ... was? Was können wir versuchen, abgesehen von den Kammern für die kryonische Fuge? Nichts. Wir müssen es tun. Das war immer Sols letzte Chance, obwohl die Ärzte meinen, es könnte der Tod des Kindes sein. Aber was ist mit Brawne?
    Der Konsul war durstig. Der Regen hatte nachgelassen und bildete nur noch feinen Nieseldunst, der ausreichte, Lippen und Zunge zu benetzen und ihn noch durstiger zu machen. Er fluchte leise und ging langsam tiefer. Vielleicht konnte er gerade so lange über dem Fluß schweben, daß er eine Flasche füllen konnte.
    Die Schwebematte gab dreißig Meter über dem Fluß den Geist auf. Eben noch sank sie langsam und sanft wie ein Teppich auf einer glatten Glasebene nach unten, und im nächsten Augenblick taumelte und trudelte sie unkontrolliert, ein zwei Meter langer Teppich und ein zu Tode erschrockener Mann, der aus dem Fenster eines zehnstöckigen Gebäudes geworfen wurde.
    Der Konsul schrie und versuchte zu springen, aber das Seil, das ihn mit dem Teppich verband, und der Gurt der Reisetasche verwickelten ihn in die

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