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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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aber auch einige auf dem Schnabel von Aquila und in der Region um Fort Romance. »Dazu gehören Elemente der Marines, ebenso wie Bodenverteidigung, Boden-Luft- und Boden-Raum-Komponenten. Das Oberkommando erwartet, daß es anders als im Falle Bressia keine Kampfhandlungen auf dem Planeten selbst geben wird, aber sollten sie eine Invasion versuchen, sind wir darauf vorbereitet.«
    Meina Gladstone hatte ihr Komlog konsultiert. Siebzehn Minuten blieben bis zu ihrer Live-Ansprache. »Wie sieht es mit Evakuierungsplänen aus?«
    Yanis wiedererlangtes Selbstvertrauen fiel in sich zusammen. Er sah mit einem Anflug von Verzweiflung zu seinen vorgesetzten Offizieren.
    »Keine Evakuierung«, sagte Admiral Singh. »Das war eine Finte, ein Lockvogel für die Ousters.«
    Gladstone klopfte mit den Fingern gegeneinander. »Es leben mehrere Millionen Menschen auf Hyperion, Admiral.«
    »Ja«, sagte Singh, »und wir werden sie beschützen, aber selbst eine Evakuierung der rund sechzigtausend Hegemoniebürger kommt nicht in Frage. Es würde ein Chaos entstehen, wenn wir die ganzen drei Millionen ins Netz ließen. Außerdem ist das aus Sicherheitsgründen unmöglich.«
    »Das Shrike?« wollte Leigh Hunt wissen.
    »Sicherheitsgründe«, wiederholte General Morpurgo. Er stand auf und nahm Yani den Zeigestock weg. Der junge Mann stand einen Moment lang unentschlossen da, da er keinen Platz zum Sitzen oder Stehen sah, dann kam er in den hinteren Teil des Raums, in meine Nähe, stand bequem und betrachtete etwas unter der Decke – möglicherweise das Ende seiner militärischen Laufbahn.
    »Task Force 87.2 ist im System«, sagte Morpurgo. »Die Ousters haben sich ins Zentrum ihres Schwarms rund sechzig AE von Hyperion entfernt zurückgezogen. Das System ist, soweit man das sagen und übersehen kann, sicher. Hyperion ist sicher. Wir warten auf einen Gegenangriff, wissen aber, daß wir ihn zurückschlagen können. Hyperion ist nun, wieder soweit man das sagen und übersehen kann, Teil des Netzes. Fragen?«
    Es gab keine. Gladstone entfernte sich mit Leigh Hunt, einer Gruppe Senatoren und ihren Attachés. Die militärischen Lamettaträger ballten sich zu Grüppchen zusammen, deren Bestand offensichtlich vom Dienstgrad bestimmt wurde. Attachés wuselten herum. Die wenigen Reporter, denen Zutritt in den Raum gestattet worden war, liefen zu ihren Filmcrews draußen. Yani, der junge Oberst, blieb mit leerem Blick und blassem Gesicht bequem stehen.
    Ich saß noch einen Moment da und betrachtete die Schablonenkarte von Hyperion. Die Ähnlichkeit des Kontinents Equus mit einem Pferd war auf diese Entfernung größer. Von meiner Position aus konnte ich eben noch die Berge des Bridle Range und die orangegelbe Farbe der Wüste unter dem ›Auge‹ des Pferds ausmachen. Nordöstlich der Berge waren keine Stützpunkte von FORCE gekennzeichnet, überhaupt keine Symbole, abgesehen von einem winzigen roten Leuchtpünktchen, bei dem es sich um die verlassene Stadt der Dichter handeln konnte. Die Zeitgräber waren überhaupt nicht gekennzeichnet. Es war, als besäßen die Zeitgräber keine militärische Bedeutung und hätten keinen Anteil an den bevorstehenden Ereignissen des Tages. Aber irgendwie wußte ich es besser. Irgendwie vermutete ich, daß der gesamte Krieg, das Los von Tausenden, das Schicksal von Millionen – möglicherweise Milliarden – von den Taten von sechs Menschen in diesem unmarkierten gelborangefarbenen Streifen abhingen.
    Ich klappte den Skizzenblock zu, steckte die Stifte in die Taschen, suchte nach einem Ausgang, fand ihn und ging.
    Leigh Hunt erwartete mich in einem der langen Flure, die zum Haupteingang führten. »Sie gehen?«
    Ich holte Luft. »Darf ich das nicht?«
    Hunt lächelte, wenn man die Aufwärtskrümmung der schmalen Lippen ein Lächeln nennen konnte. »Selbstverständlich, M. Severn. Aber Präsidentin Gladstone hat mich gebeten, Ihnen zu bestellen, daß sie heute nachmittag wieder mit Ihnen sprechen möchte.«
    »Wann?«
    Hunt zuckte die Achseln. »Jederzeit nach der Ansprache. Wie es Ihnen zupaß kommt.«
    Ich nickte. Buchstäblich Millionen Lobbyisten, Arbeitssuchende, potentielle Biographen, Geschäftsleute, Fans der Präsidentin und mögliche Attentäter würden fast alles geben, um eine Minute mit der sichtbarsten Anführerin der Hegemonie zu verbringen, um ein paar Sekunden von Gladstones Zeit zu erhaschen, und ich konnte sie sehen, wie es mir ›zupaß‹ kam. Niemand hat je gesagt, daß das Universum normal

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