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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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bis rot bis zu blauen Flammen in der Dunkelheit. Sol stellte sich brennende Landungsboote vor, sah Oustersoldaten und Marines der Hegemonie in heulend entweichender Luft und schmelzendem Titan sterben – er versuchte, sich das alles vorzustellen –, aber es gelang ihm nicht. Sol mußte feststellen, daß Raumschlachten und Flottenmanöver und der Untergang von Imperien außerhalb seiner Vorstellungskraft lagen, Verborgen vor den Reservoirs seines Mitgefühls oder Verständnisses. Derlei Dinge gehörten Thukydides und Tacitus und Catton und Wu. Sol hatte seine Senatorin von Barnards Welt kennengelernt, hatte sie in seinem und Sarais Bemühen, Rachel von Merlins Krankheit zu erlösen, mehrmals getroffen, aber Sol konnte sich nicht vorstellen, daß Feldstein an etwas vom Maßstab eines interstellaren Krieges teilnahm – überhaupt an etwas Größerem als der Einweihung eines neuen medizinischen Zentrums in der Hauptstadt Bussard oder einer Ansprache vor einer Versammlung in der Universität von Crawford.
    Die derzeitige Präsidentin der Hegemonie hatte Sol nie kennengelernt, aber als Gelehrter hatte er Gefallen an ihren subtilen Nachahmungen der Reden klassischer Gestalten wie Churchill und Lincoln und Alvarez-Temp gefunden. Aber jetzt, als er zwischen den Pranken des gewaltigen Steintieres saß und um seine Tochter weinte, konnte sich Sol nicht vorstellen, was im Kopf dieser Frau vor sich ging, wenn sie Entscheidungen traf, die Milliarden retten oder zum Untergang verurteilen konnten, die das größte Imperium in der Menschheitsgeschichte erhalten oder verraten konnten.
    Sol war es einerlei. Er wollte seine Tochter wiederhaben. Er wollte, daß Rachel lebte, obwohl die Logik das Gegenteil gebot.
    Sol, der zwischen den Steinpranken der Sphinx auf einer belagerten Welt in einem vom Krieg gebeutelten Reich hockte, wischte sich Tränen aus den Augen, damit er die Sterne besser sehen konnte, und dachte an ein Gedicht von Yeats, ›Ein Gebet für meine Tochter‹.
     
    Once more the storm is howling, and half hid
    Under this cradle hood and coverlid
    My child sleeps on. There is no obstacle
    But Gregory's wood and one bare hill
    Whereby the haystack- and roof-levelling wind,
    Bred on the Atlantic, can be stayed;
    And for an hour I have walked and prayed
    Because of the great gloom that is in my mind.
     
    I have walked and prayed for this young child an hour
    And heard the seawind scream upon the tower,
    And under the arches of the bridge, and scream
    In the elms above the flooded stream;
    Imagining in excited reverie
    That the future years had come,
    Dancing to a frenzied drum,
    Out of the murderous innocence of the sea ...
     
    Und wieder heult der Sturm, und halb versteckt
    In ihrer Wiege und gut zugedeckt
    Schläft mir mein Kind. Und nichts ist in der Näh,
    Nur Gregorys Wald und eine kahle Höh,
    Das diesem Wind, der Dach und Schober niederfegt
    Und aus dem Meer heranwuchs, widersteht.
    Ich geh seit einer Stunde im Gebet,
    Weil dunkle Schwermut mir den Sinn bewegt.
     
    Ich geh seit einer Stunde im Gebet für dieses Kind
    Und hör den Seewind auf dem Turme schreien
    Und unter Brückenbogen und von neuem
    In Ulmen überm Fluß, der überschwemmt;
    Was ich in aufgeregten Träumen seh:
    Zukünftige Jahre ziehn herbei,
    Umtanzende Trommelraserei,
    Aus mörderischem Unschuldsschoß der See.
     
    Zitiert nach: William Butler Yeats, Werke I – Ausgewählte Gedichte, Neuwied/Berlin 1970, Luchterhand Verlag. S. 151. Übersetzung (des vorliegenden Gedichts) von Richard Exner.
     
    Sol wurde jetzt klar, er wollte nur eines, dieselbe Möglichkeit, sich wegen jener künftigen Jahre zu grämen, die alle Eltern fürchten und verabscheuen. Nicht zuzulassen, daß ihre Kindheit und Jugendjahre und linkisches Heranwachsen von der Krankheit gestohlen und vernichtet werden.
    Sol hatte sein Leben lang trotzig unwiederbringliche Dinge wiederbringen wollen. Er erinnerte sich an den Tag, als er Sarai gefunden hatte, wie sie Rachels Babysachen zusammenlegte und in einer Kiste auf dem Dachboden verstaute, und er erinnerte sich an ihre Tränen und sein eigenes Gefühl der Trauer um das Kind, das sie immer noch hatten, das aber einzig durch den simplen Pfeil der Zeit für sie verloren war. Sol wußte jetzt, daß wenig zurückgebracht werden konnte, es sei denn in der Erinnerung – Sarai war tot und konnte nicht zurückkehren, Rachels Freunde und die Welt aus Kindertagen waren für immer dahin, selbst die Gesellschaft, die er erst vor wenigen

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