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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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beten. »Kann der Core tatsächlich dahin sein? Vernichtet?«
    Der Konsul lauschte einen Moment lang dem Durcheinander der Stimmen, Rufe, Anfragen und Hilferufe, die nur über die Audiobänder der Fatline hereinkamen. »Vielleicht nicht vernichtet«, sagte er, »aber abgeschnitten, unerreichbar abgeschieden.«
    Theo trank sein Glas leer und stellte es vorsichtig ab. Seine grünen Augen sahen verschwommen und glasig drein. »Glaubst du ... es gibt andere Spinnennetze für sie? Andere Farcaster Systeme? Ersatz-Cores?«
    Der Konsul machte eine Handbewegung. »Wir wissen, sie haben ihre Höchste Intelligenz erschaffen. Vielleicht hat diese HI das ... die Abtrennung des Core zugelassen. Vielleicht hält sie ein paar der alten KIs parat – mit reduzierter Kapazität –, so wie sie ein paar Milliarden Menschen in Reserve halten wollten.«
    Plötzlich verstummte das Murmeln der Fatline wie mit dem Messer abgeschnitten.
    »Schiff?« fragte der Konsul, der einen Energieausfall irgendwo im Empfänger vermutete.
    »Sämtliche Fatlineübertragungen haben aufgehört, die meisten mitten in der Sendung«, sagte das Schiff.
    Der Konsul spürte sein Herz klopfen und dachte: Der Todesstrahl. Aber nein, wurde ihm sofort klar, der konnte nicht sämtliche Welten auf einmal treffen. Selbst wenn Hunderte der Waffen gleichzeitig detoniert wären, würde es zu einer Zeitkluft kommen, wenn FORCE-Schiffe und andere weit verstreute Sender ihre letzten Botschaften aufgaben. Aber was dann?
    »Die Nachrichten scheinen durch eine Störung im Übertragungsmedium abgeschnitten worden zu sein«, sagte das Schiff. »Was nach meinem derzeitigen Wissen völlig unmöglich ist.«
    Der Konsul stand auf. Eine Störung im Übertragungsmedium? Das Fatlinemedium war, soweit die Menschen das begriffen, die Planck-unendliche Hyperstring-Topographie der Raum/Zeit selbst: was die KIs geheimnisvoll als die ›Bindende Leere‹ bezeichnet hatten. Es konnte keine Störung in diesem Medium geben.
    Plötzlich sagte das Schiff: »Es kommt eine Fatlinebotschaft herein ... Ursprung der Nachricht: überall; Reichweite: unendlich; Spruchart: Echtzeit.«
    Der Konsul wollte gerade den Mund aufmachen und dem Schiff sagen, es solle aufhören, Unsinn zu verzapfen, als die Luft über der Holonische milchig wurde, etwas erschien, das weder Bild noch Datenkolonne war, und eine Stimme sagte:
    »ES WIRD KEIN WEITERER MISSBRAUCH DIESES KANALS GEDULDET. IHR STÖRT ANDERE, DIE IHN FÜR ERNSTE BELANGE EINSETZEN. ZUGANG WIRD WIEDER GENEHMIGT, WENN IHR BEGRIFFEN HABT, WORUM ES SICH HANDELT. LEBT WOHL.«
    Die drei Männer saßen in einem Schweigen da, welches lediglich vom beruhigenden Rauschen des Ventilators und den Myriaden leiser Geräusche eines reisenden Schiffs unterbrochen wurde. Schließlich sagte der Konsul: »Schiff, bitte gib einen Standard-Fatline-Zeitbestimmungsspruch auf. Mit dem Zusatz: ›Empfangende Stationen antworten^«
    Es folgte eine sekundenlange Pause – eine unmöglich lange Zeitspanne für den Computer vom KI-Kaliber, über den das Schiff verfügte. »Tut mir leid, das ist nicht möglich«, sagte es schließlich.
    »Warum nicht?« wollte der Konsul wissen.
    »Fatlinesendungen werden nicht mehr ... gestattet. Das Hyperstring-Medium ist nicht mehr für Modulation empfänglich.«
    »Es ist nichts auf der Fatline?« fragte Theo und betrachtete den leeren Raum über der Holonische, als hätte jemand ein Holo abgeschaltet, als gerade der interessante Teil anfing.
    Wieder machte das Schiff eine Pause. »In praktischer Hinsicht, M. Lane«, sagte es, »gibt es keine Fatline mehr.«
    »Herrgott noch mal«, murmelte der Konsul. Er stürzte seinen Drink mit einem einzigen großen Schluck hinunter und holte sich an der Bar einen neuen. »Das ist der alte chinesische Fluch«, murmelte er.
    Melio Arundez sah auf. »Bitte?«
    Der Konsul trank einen kräftigen Schluck. »Alter chinesischer Fluch«, sagte er. »Mögest du in interessanten Zeiten leben.«
    Als wollte es den Verlust der Fatline kompensieren, spielte das Schiff den Funkverkehr innerhalb des Systems und Richtstrahlmeldungen ab, während es ein Echtzeitpanorama der blauweißen Kugel von Hyperion zeigte, die sich drehte und langsam größer wurde, da sie mit zweihundert Ge im Bremsmanöver darauf zurasten.
     

45
     
    Ich entkomme der Datensphäre des Netzes, kurz bevor kein Entkommen mehr möglich ist.
    Unglaublich und etwas beunruhigend ist der Anblick der Megasphäre, die sich selbst verschlingt. Brawne Lamias

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