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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Felswand draußen abprallte, fast horizontal zu ihrem Versteck flog, zweimal in der engen Zuflucht ihrer Höhle abprallte und sie an der Schläfe traf.
     
    Lamia erwachte mit dem Stöhnen einer alten Frau. Sie hatte Kopfschmerzen. Draußen war es dunkle Nacht, aber das Leuchtfeuer ferner Scharmützel erhellte das Innere ihrer Zuflucht durch Risse oben. Sie hob die Finger zur Schläfe und ertastete getrocknetes Blut an Wange und Hals.
    Sie zog sich aus der Höhle, kämpfte sich über das Durcheinander heruntergestürzter Felsen draußen, setzte sich einen Moment mit gesenktem Kopf hin und kämpfte gegen Brechreiz.
    Ihre Rucksäcke waren unversehrt, und nur eine Wasserflasche war zu Bruch gegangen. Sie fand die Pistole, die sie in der schmalen Zuflucht fallengelassen hatte, wo keine zertrümmerten Felsbrocken lagen. Das Felsplateau, wo sie stand, war durch die Wucht des kurzen Erdrutschs vernarbt und verwüstet worden.
    Lamia konsultierte ihr Komlog. Keine Stunde war verstrichen. Nichts war heruntergestiegen, um sie fortzutragen oder ihr die Kehle aufzuschlitzen, während sie bewußtlos gewesen war. Sie sah zum letzten Mal zu den jetzt unsichtbaren Balkonen und Zinnen hinauf, zog ihre Last hervor und hastete den tückischen Felspfad hinunter.
     
    Martin Silenus befand sich nicht am Rand der toten Stadt, als sie dorthin kam. Irgendwie hatte sie auch nicht damit gerechnet, hoffte aber, er hätte das Warten einfach nur satt gehabt und wäre die paar Kilometer zum Tal allein gelaufen.
    Die Versuchung, die Rucksäcke abzunehmen, die Flaschen auf den Boden zu legen und eine Weile auszuruhen war sehr groß. Lamia widerstand ihr. Sie ging mit der kleinen Automatik in der Hand durch die Straßen der toten Stadt. Die Lichterexplosionen am Himmel reichten aus, ihren Weg zu erhellen.
    Der Dichter antwortete nicht auf ihre hallenden Rufe, aber Hunderte kleiner Vögel, die Lamia nicht identifizieren konnte, stoben mit in der Dunkelheit weißen Flügeln explosionsartig in die Höhe. Sie ging durch die untersten Etagen des alten Königspalastes, feuerte sogar einmal die Pistole ab, aber sie fand keine Spur von Silenus. Sie schritt durch Innenhöfe zwischen dicht mit Ranken überwucherten Mauern, rief seinen Namen und suchte nach Spuren, daß er hier gewesen war. Einmal sah sie einen Springbrunnen, der sie an die Geschichte des Dichters über die Nacht erinnerte, als der Traurige König Billy verschwunden und vom Shrike fortgeschleppt worden war, aber es gab noch weitere Springbrunnen, und sie konnte nicht sicher sein, ob es dieser gewesen war.
    Lamia ging durch den großen Speisesaal unter der gesprungenen Kuppel, aber der Raum war von dunklen Schatten erfüllt. Ein Geräusch ertönte, worauf sie mit erhobener Pistole herumwirbelte, aber es war nur ein Blatt oder ein uraltes Stück Papier, das über die Fliesen geweht wurde.
    Sie seufzte und verließ die Stadt schnellen Schrittes, obwohl sie nach Tagen ohne Schlaf übermüdet war. Sie bekam keine Antwort auf Komloganfragen, spürte aber den déjà vu-Sog der Zeitgezeiten und war nicht überrascht. Der Abendwind hatte alle Spuren verwischt, die Martin auf dem Rückweg ins Tal hinterlassen haben mochte.
    Die Gräber leuchteten wieder, das merkte Lamia, noch ehe sie den Sattel am Zugang zum Tal erklommen hatte. Kein helles Leuchten – kein Vergleich mit den Explosionen am Himmel –, aber jedes oberirdische Grab schien fahles Licht zu verströmen, als würden sie tagsüber gespeicherte Energie freigeben.
    Lamia stand am Eingang zum Tal, rief und kündigte Sol und den anderen an, daß sie zurückkehrte. Sie hätte Hilfe auf den letzten hundert Metern nicht abgelehnt. Lamias Rücken war unter den Gurten wundgescheuert, die Bluse blutgetränkt, wo die Gurte ins Fleisch geschnitten hatten.
    Sie erhielt keine Antwort auf ihre Rufe.
    Während sie langsam die Stufen zur Sphinx hinaufstieg, spürte sie ihre Erschöpfung; sie ließ die Last auf die breite Steinveranda fallen und kramte nach ihrer Taschenlampe. Das Innere war dunkel. Schlafgewänder und Schlafsäcke lagen in dem Raum verstreut, wo sie genächtigt hatten. Lamia rief, wartete, bis das Echo verklungen war und ließ den Lichtstrahl noch einmal durch die Kammer wandern. Alles war unverändert. Nein, Moment mal, etwas war anders. Sie machte die Augen zu und versuchte, sich den Raum vorzustellen, wie er am Morgen gewesen war.
    Der Möbiuskubus fehlte. Die seltsame energieversiegelte Kiste, die Het Masteen auf dem Windwagen

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