Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
fortbewegten als der echte Fluß, da Zehntausende vor dem Krieg flohen. Das Blitzen von Artillerie und Energiewaffen erstreckte sich bis zum Horizont und beleuchtete die tiefhängenden Wolken. Alle paar Minuten stieg eine Flugmaschine – Militärgleiter oder Landungsboot – aus dem Rauch beim Raumhafen oder von den bewaldeten Hügeln im Norden und Süden auf, dann durchbohrten Lanzen gebündelten Lichts von oben und unten die Luft, und das Vehikel stürzte mit einem Schweif aus schwarzem Rauch und orangefarbenen Flammen ab.
Luftkissenfahrzeuge wuselten wie Wasserläufer über den Fluß, wichen brennenden Wracks von Booten, Barken und anderen Luftkissenfahrzeugen aus. Kassad bemerkte, daß die einzige Brücke der Straße eingestürzt war und selbst Beton und Steinpfeiler brannten. Gefechtslaser und Höllenpeitschenstrahlen glühten durch den Rauch; Antipersonengeschosse waren als weiße Pünktchen zu sehen, die sich schneller als das Auge folgen konnte bewegten und Spuren wabernder, überhitzter Luft in ihrem Kielwasser zurückließen. Vor seinen und Monetas Augen schoß nach einer Explosion beim Raumhafen eine pilzförmige Flamme in die Höhe.
Nicht nuklear, dachte er.
Nein.
Der Hautanzug über seinem Gesicht fungierte wie ein stark verbessertes Visier von FORCE. Kassad nutzte seine Fähigkeiten, um auf einen fünf Kilometer nordwestlich auf der anderen Seite des Flusses gelegenen Hügel zu zoomen. Marines von FORCE stürmten dem Gipfel entgegen, einige ließen sich bereits fallen und benützten ihre geformten Grabladungen zum Ausheben von Schützengräben. Ihre Anzüge waren aktiviert, die Tarnpolymere perfekt, die Wärmespuren minimal, aber Kassad konnte sie mühelos sehen. Er konnte Gesichter erkennen, wenn er wollte.
Taktische und Richtstrahlkanäle flüsterten in seinen Ohren. Er kannte das aufgeregte Plappern und die unvermeidlichen Flüche, die seit unzähligen Menschengenerationen das Kennzeichen von Gefechten waren. Tausende Soldaten waren vom Raumhafen und ihren Sammelstellen ausgeschwärmt und verschanzten sich auf einem Kreis, dessen Umfang zwanzig Klicks von der Stadt entfernt lag und dessen Speichen sorgfältig geplante Feuerzonen und Vektoren totaler Vernichtung bildeten.
– Sie erwarten eine Invasion, kommunizierte Kassad, der die Anstrengung als etwas empfand, das mehr als Subvokalisieren war, aber weniger als Telepathie.
Moneta deutete mit einem Quecksilberarm zum Himmel.
Dieser war verhangen, die Wolken mindestens zweitausend Meter hoch, und es war ein Schock, als erst ein unförmiges Schiff durch die Wolkendecke stieß, schließlich ein Dutzend mehr, und innerhalb von Sekunden Hunderte. Die meisten versteckten sich hinter Tarnpolymeren und hintergrundcodierten Sperrfeldern, aber Kassad hatte wieder keine Mühe, sie zu erkennen. Unter den Polymeren waren die metallisch-grauen Hüllen mit den kalligraphischen Symbolen der Ousters markiert. Bei einigen der größeren Schiffe handelte es sich eindeutig um Landungsboote, deren blaue Plasmaschweife deutlich sichtbar waren, aber die restlichen sanken langsam unter der wabernden Luft von Schwebefeldern hernieder, und Kassad bemerkte die klobigen Umrisse von Invasionscontainern der Ousters, von denen manche zweifellos Nachschub und Artillerie beförderten, viele aber ebenso zweifellos auch leer und als Ablenkung für die Bodenverteidigung gedacht waren.
Einen Augenblick später wurde die Wolkendecke wieder durchbrochen, und mehrere tausend Pünktchen stürzten im freien Fall wie Hagelkörner herunter: Ousterinfanteristen, die an Containern und Landungsbooten vorbeifielen und bis zum letzten Augenblick warteten, ehe sie Schwebefelder und Fallschirme aktivierten.
Wer immer der Befehlshaber von FORCE sein mochte, er besaß Disziplin – über sich selbst und seine Männer. Bodenbatterien und die Tausende Marines, die um die Stadt herum verteilt waren, schenkten den einfachen Zielen der Landungsboote und Container keine Beachtung, sondern warteten, bis sich die Bremsvorrichtungen der Springer aktivierten – einige kaum höher als die Baumkronen. In diesem Augenblick aber wurde die Luft von Tausenden von Leuchtspuren und Rauchfahnen erfüllt, Laser flackerten durch den Rauch und Geschosse explodierten.
Auf den ersten Blick war der angerichtete Schaden verheerend, mehr als ausreichend, jeden Angriff ins Stocken zu bringen, aber eine rasche Sondierung verriet Kassad, daß mindestens vierzig Prozent der Ousters gelandet waren – eine hinreichende
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