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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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zufällig, dass an diesem Tag ein EMV, das einem Luftqualitätskontrollmanager des Protektorats gehörte, tief über uns hinwegflog und die Frau des Managers, die allein zum Kaufhaus der Firma unterwegs war, dem EMV befahl zu landen, mich von ihrem Androidendiener holen und die Überreste meiner Gesänge retten ließ und mich persönlich zum Firmenkrankenhaus fuhr. Normalerweise erhielten Mitglieder des Arbeitskommandos medizinische Behandlung, wenn überhaupt, in der Bioklinik, aber das Krankenhaus wollte sich der Frau eines Managers nicht widersetzen, daher wurde ich – noch bewusstlos – dort aufgenommen und unter Aufsicht eines menschlichen Arztes und der Frau des Managers zur Genesung in einen Heiltank gesteckt.
    Nun gut, um aus einer langen banalen Geschichte eine kurze banale Geschichte zu machen, will ich zum Wesentlichen kommen. Helenda – das war die Frau des Managers – las mein Manuskript, während ich in der Aufbaunährlösung schwamm. Es gefiel ihr. An dem Tag, als ich im Firmenkrankenhaus dekantiert wurde, farcastete Helenda nach Renaissance, wo sie die Gesänge ihrer Schwester Felia zeigte, die eine Freundin hatte, deren Liebhaber eine Lektorin bei Transline Publishing kannte. Und als ich am nächsten Tag aufwachte, waren meine gebrochenen Rippen zusammengewachsen, meine gebrochenen Wangenknochen verheilt, die Blutergüsse verschwunden,
und ich hatte fünf neue Zähne bekommen, einen neuen linken Augenwinkel – und einen Vertrag mit Transline.
    Mein Buch wurde fünf Wochen später veröffentlicht. Eine Woche danach ließ sich Helenda von ihrem Manager scheiden und heiratete mich. Es war ihre siebte Ehe und meine erste. Wir verbrachten unsere Flitterwochen auf dem Concourse, und als wir einen Monat später zurückkamen, waren von meinem Buch über eine Milliarde Exemplare verkauft – der erste Gedichtband seit vier Jahrhunderten, der den Sprung in die Bestsellerlisten geschafft hatte –, und ich war mehrfacher Millionär.
     
    Tyrena Wingreen-Feif war meine erste Lektorin bei Transline. Es war ihre Idee gewesen, das Buch Die sterbende Erde zu nennen  – eine Suche in den Aufzeichnungen ergab, dass fünfhundert Jahre vorher einmal ein Roman mit diesem Titel veröffentlicht worden war, aber das Copyright war erloschen und das Buch vergriffen. Es war ihre Idee gewesen, nur den Teil der Gesänge zu veröffentlichen, der sich mit den nostalgischen letzten Tagen der Alten Erde befasste. Und es war ihre Idee gewesen, die Teile herauszulassen, die ihrer Meinung nach die Leser langweilen würden: philosophische Passagen, Beschreibungen meiner Mutter, die Teile, die früheren Dichtern Ehrerbietung zollten, die Stellen, wo ich mit experimenteller Lyrik kokettiert hatte, die persönlicheren Passagen – also alles außer den Beschreibungen der idyllischen letzten Tage, die ohne die schwergewichtigeren Passagen sentimental und geistlos waren. Vier Monate nach der Veröffentlichung waren von Die sterbende Erde zweieinhalb Milliarden Hardfaxkopien verkauft worden, eine gekürzte, digitalisierte Fassung war über die Datensphäre des Seh-Dings verfügbar und eine Option für die Holies war verkauft worden. Tyrena wies darauf hin, dass der Zeitpunkt perfekt gewesen war – dass der anfängliche
traumatische Schock angesichts des Untergangs der Alten Erde ein Jahrhundert des Verdrängens zur Folge gehabt hatte, als hätte die Erde nie existiert, gefolgt von einer Periode neu erwachten Interesses, dessen Gipfelpunkt die nostalgischen Kulte um die Alte Erde waren, die man heutzutage auf jeder Welt im Netz finden konnte. Ein Buch – ja, ein Gedichtband –, das sich mit den letzten Tagen beschäftigte, hatte genau den richtigen Zeitpunkt getroffen!
    Für mich waren die ersten Tage meines Lebens als Berühmtheit in der Hegemonie weitaus verwirrender als mein vorangegangener Übergang vom verzogenen Sohn der Alten Erde zum versklavten Schlaganfallopfer auf Heaven’s Gate. In den ersten Monaten signierte ich Bücher und Faxe auf über hundert Welten; ich trat in der Sendung Heute im All-Netz! mit Marmon Hamlit auf; ich lernte Präsident Senister Perót und Drury Fein, den Sprecher des All-Wesens, ebenso kennen wie an die zwanzig Senatoren; ich sprach vor der Interplanetarischen Gesellschaft der PEN-Frauen und dem Schriftstellerverband von Lusus; man verlieh mir Ehrendoktortitel der Universitäten von New Earth und Cambridge Zwei; ich wurde eingeladen, interviewt, abgebildet, besprochen (lobend),

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