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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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das Gesicht ewig ans Schaufenster des Süßwarenladens drückt. Er liebt und würdigt schöne Musik, bringt aber selbst keine zustande. Seine Hoheit ist ein Bewunderer des Balletts und von allem Anmutigen, selbst ist er aber ein tumber Klotz, eine wandelnde Ansammlung von Ungeschicklichkeit und komischer Tollpatschigkeit. Als leidenschaftlicher Leser, treffsicherer Kritiker von Dichtung und selbst Autor verbindet König Billy ein Stottern beim Sprechen mit einer Schüchternheit, die es ihm unmöglich macht, seine Verse oder Prosa jemand anderem zu zeigen.
    König Billy, der nun sechzig wird und sein Leben lang Junggeselle war, bewohnt den verfallenen Palast und sein zweitausend Quadratmeilen großes Königreich, als wären sie nur ein weiterer Anzug zerknitterter königlicher Kleidung. Anekdoten erzählt man sich im Übermaß: Einer der berühmten Maler, die König Billy unterstützt, begegnet Seiner Majestät, die mit gesenktem Kopf und auf dem Rücken verschränkten Armen durch den Garten geht, mit einem Fuß auf dem Weg und einem im Schlamm und offenbar in tiefes Nachdenken versunken. Der Künstler begrüßt seinen Mäzen. Der Traurige König Billy blickt auf, blinzelt, sieht sich um, als würde er aus einem langen Schlaf erwachen. »Entschuldigung«, sagt Seine Hoheit zu dem staunenden Maler, »a-a-aber könnten S-s-sie mir bi-bi-bitte sagen, bin ich zum Palast oder vom Palast weg gegangen?«  – »Zum Palast, Eure Majestät«, antwortet der Künstler. – »Oh, gu-gu-gut«, seufzt der König, »dann ha-ha-hab ich schon zu Mittag ge-gegessen.«

     
    General Horace Glennon-Height hatte seine Rebellion begonnen, und die Outback-Welt Asquith lag direkt auf seinem Pfad der Eroberungen. Auf Asquith machte man sich keine Sorgen – die Hegemonie hatte eine FORCE:Weltraum-Flotte zum Schutz entsandt –, aber der königliche Regent des Reiches Monaco-im-Exil wirkte geschmolzener denn je, als er mich zu sich bat.
    »Martin«, sagte Seine Majestät, »Sie ha-ha-haben von der Schlacht von Fo-fo-fomalhaut gehört?«
    »Ja«, sagte ich. »Als ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen. Fomalhaut war ein typisches Ziel für Glennon-Height  – klein, nicht mehr als ein paar tausend Kolonisten, reich an Mineralien und mit einer Zeitschuld von mindestens  – wie viel? – zwanzig Standardmonaten vom Netz.«
    »Dreiundzwanzig«, sagte der Traurige König Billy. »Sie g-g-glauben also nicht, da-da-dass wir in Gefahr sind?«
    »Hm-hmm«, sagte ich. »Bei einem Echtzeittransit von nur drei Wochen und einer Zeitschuld von weniger als einem Jahr kann die Hegemonie schneller Truppen vom Netz hierherbringen, als der General im Spin-up von Fomalhaut hier sein kann.«
    »Vielleicht«, überlegte König Billy, lehnte sich auf einen Globus und schnellte erschrocken wieder hoch, als dieser sich unter seinem Gewicht zu drehen begann. »De-de-dennoch habe i-i-ich be-be-beschlossen, unsere eigene k-kleine Hegira anzufangen.«
    Ich blinzelte überrascht. Billy sprach seit fast zwei Jahren davon, den Standort des Königreichs zu verlegen, aber ich hätte nie gedacht, dass er es tatsächlich machen würde.
    »Die Sp-sp-sp … die Schiffe stehen auf Parvati bereit«, sagte er. »Asquith hat sich bereit erklärt, den Transport zum Netz zu st-st-st … zu übernehmen.«
    »Aber der Palast?«, sagte ich. »Die Bibliothek? Die Farmen, der Grundbesitz?«

    »Selbstverständlich gespendet«, sagte König Billy, »aber die Bi-Bi-Bibliothek wird mit uns reisen.«
    Ich setzte mich auf die Lehne des Rosshaardiwans und rieb mir die Wange. In den zehn Jahren, die ich im Königreich verbracht hatte, war ich vom gesponserten Künstler Billys zum Lehrer, zum Vertrauten, zum Freund geworden, aber ich tat niemals so, als würde ich sein wirres Rätsel verstehen. Nach meiner Ankunft hatte er mir unverzüglich eine Audienz gewährt. »W-w-wollen S-s-sie sich z-z-zu den a-a-anderen ta-tata-talentierten Menschen in unserer kleinen Kolonie gesellen?« , hatte er gefragt.
    »Ja, Eure Majestät.«
    »Und w-w-werden Sie noch m-m-mehr Bü-bü-bücher wie Die St-st-sterbende Erde schreiben?«
    »Wenn ich es vermeiden kann, nicht, Euer Majestät.«
    »Ich h-h-habe es gelesen, wissen Sie. Es war s-s-sehr interessant.«
    »Sie sind zu gütig, Sir.«
    »Du-du-dummes Zeug, M. Silenus. Es w-w-war interessant, weil eindeutig j-j-jemand gekürzt und alle sch-sch-schlechten Stellen dringelassen hat.«
    Ich hatte gegrinst und überrascht festgestellt, dass ich den

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