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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wirklich gerne. Aber ich muss zurück. Ich habe heute Abend noch eine Vorlesung.«
    »Kommen Sie diesen Sabbat in den Tempel?«, fragte der Rabbi
und streckte seine Wurstfinger zu einem letzten menschlichen Kontakt aus.
    Sol ließ dem jüngeren Mann die Jarmulke in die Hände fallen. »Eines Tages vielleicht, Mort. Eines Tages komme ich vielleicht.«
     
    Im Spätherbst sah Sol zum Fenster seines Arbeitszimmers hinaus und erblickte die dunkle Gestalt eines Mannes, der unter der kahlen Ulme vor dem Haus stand. Die Medien, dachte Sol niedergeschlagen. Ein Jahrzehnt lang hatte ihm vor dem Tag gegraut, an dem das Geheimnis bekannt werden würde, weil er wusste, es würde das Ende ihres einfachen Lebens in Crawford bedeuten. Er trat in die abendliche Kälte hinaus. »Melio!«, sagte er, als er das Gesicht des großen Mannes sah.
    Der Archäologe hatte die Hände in den Taschen seines langen blauen Mantels. Trotz der zehn Standardjahre, die seit ihrer letzten Begegnung verstrichen waren, war Arundez kaum gealtert – Sol schätzte, dass er immer noch Ende zwanzig war. Aber das tiefbraune Gesicht des Mannes war besorgt. »Sol«, sagte er und streckte fast schüchtern die Hand aus.
    Sol schüttelte die Hand herzlich. »Ich habe nicht gewusst, dass Sie wieder da sind. Kommen Sie mit ins Haus.«
    »Nein.« Der Archäologe wich einen halben Schritt zurück. »Ich stehe seit einer Stunde hier draußen, Sol. Ich habe nicht den Mut aufgebracht, zur Tür zu kommen.«
    Sol wollte etwas sagen, aber dann nickte er nur. Er steckte auch die Hände in die Taschen, weil es so kalt war. Die ersten Sterne kamen über den dunklen Giebeln des Hauses heraus. »Rachel ist nicht daheim«, sagte er schließlich. »Sie ist zur Bibliothek gegangen. Sie denkt, dass sie demnächst eine Geschichtsarbeit schreiben muss.«
    Melio holte keuchend Luft und nickte seinerseits. »Sol«, sagte er mit belegter Stimme, »Sie und Sarai sollten wissen, dass
wir alles Menschenmögliche getan haben. Das Team war fast drei Standardjahre auf Hyperion. Wir wären geblieben, wenn die Universität uns nicht die Mittel gestrichen hätte. Wir haben nichts gefunden …«
    »Wissen wir«, sagte Sol. »Wir haben die Fatlinebotschaften bekommen.«
    »Ich habe selbst Monate allein in der Sphinx verbracht«, sagte Melio. »Den Instrumenten nach ist sie lediglich ein Haufen toter Steine, aber manchmal habe ich gedacht, ich hätte … etwas gespürt …« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie im Stich gelassen, Sol.«
    »Nein«, sagte Sol und packte den jungen Mann an den Schultern des Wollmantels. »Aber ich habe eine Frage. Wir haben uns an unsere Senatoren gewandt … haben uns sogar mit unseren wissenschaftlichen Direktoren unterhalten … aber niemand konnte uns erklären, warum die Hegemonie nicht mehr Zeit und Geld auf die Untersuchung der Phänomene auf Hyperion verwendet hat. Ich finde, sie hätten diese Welt schon lange ins Netz aufnehmen müssen, und sei es nur des wissenschaftlichen Potenzials wegen. Wie können sie ein Rätsel wie die Gräber so vernachlässigen?«
    »Ich weiß, was Sie meinen, Sol. Auch die vorzeitige Kürzung unseres Etats war verdächtig. Es ist, als hätte die Hegemonie die Politik, Hyperion auf Armeslänge von sich zu halten.«
    »Glauben Sie …«, begann Sol, aber in diesem Augenblick kam Rachel in der herbstlichen Dämmerung näher. Sie hatte die Hände tief in ihrer roten Jacke, das Haar trug sie kurz – die jahrzehntelange Mode Heranwachsender überall –, die Wangen waren vor Kälte gerötet. Rachel befand sich an der Grenze zwischen Kindheit und Jugend; die langen Beine waren in Jeans gekleidet, Turnschuhe und die dicke Sportjacke hätten ihre Silhouette als die eines Jungen durchgehen lassen.

    Sie grinste sie an. »Hi, Dad.« Sie trat im düsteren Licht näher und nickte Melio schüchtern zu. »Entschuldigung, ich wollte eure Unterhaltung nicht unterbrechen.«
    Sol holte tief Luft. »Schon gut, Kleines. Rachel, das ist Dr. Arundez von der Reichs-Universität auf Freeholm. Dr. Arundez, meine Tochter Rachel.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Rachel, die jetzt aufrichtig strahlte. »Mann, Reichs. Ich habe ihre Kataloge gelesen. Dort würde ich eines Tages gerne studieren.«
    Melio nickte wie versteinert. Sol konnte sehen, wie steif seine Schultern und sein Oberkörper waren. »Würdest du …«, begann Melio. »Ich meine, was würdest du denn gerne dort studieren?«
    Sol dachte, der Schmerz in der Stimme des Mannes

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