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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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so gut, als die Kundschafter der Ousters durchgedrungen sind und die Yggdrasil vernichtet haben«, sagte Lamia.
    Kassad nickte.
    »Hey«, sagte Martin Silenus, »sitzen wir etwa auf einem Scheißziel ?«
    »Selbstverständlich«, sagte der Konsul. »Wenn die Ousters Hyperion angreifen, um das Öffnen der Zeitgräber zu verhindern, wie M. Lamias Geschichte andeutet, dann wären die Gräber und die gesamte Gegend hier das naheliegendste Ziel.«
    »Für Kernwaffen?«, fragte Silenus mit belegter Stimme.
    »Mit Sicherheit«, antwortete Kassad.
    »Ich dachte, etwas an den Anti-Entropiefeldern würde Schiffe von hier fernhalten«, sagte Pater Hoyt.
    »Bemannte Schiffe«, sagte der Konsul, der am Geländer stand und sich nicht zu den anderen umdrehte. »Die Anti-Entropiefelder werden sich nicht um Marschflugkörper, ferngelenkte Raketen oder Höllenpeitschenstrahlen kümmern. Um Mechinfanterie übrigens auch nicht. Die Ousters könnten
ein paar Angriffsgleiter oder automatische Panzer landen und aus der Ferne zusehen, wie sie das Tal zerstören.«
    »Aber das werden sie nicht«, sagte Brawne Lamia. »Sie wollen Hyperion beherrschen , nicht zerstören.«
    »Darauf würde ich mich nicht zu sehr verlassen«, sagte Kassad.
    Lamia lächelte ihn an. »Aber genau das tun wir doch, Oberst, oder nicht?«
    Über ihnen löste sich ein einzelner Funke aus dem unablässigen Flickwerk der Explosionen, wurde zu einer grellorangefarbenen Schlacke und zog eine Spur über den Himmel. Die Gruppe auf der Terrasse konnte die Flammen sehen und das gequälte Kreischen beim Eintritt in die Atmosphäre hören. Der Feuerball verschwand hinter den Bergen jenseits des Keep.
    Fast eine Minute später merkte der Konsul, dass er den Atem angehalten und mit den Händen krampfhaft das Geländer umklammert hatte. Er atmete keuchend aus. Die anderen schienen im selben Moment Luft zu holen. Es war keine Explosion zu hören und durch den Fels keine Druckwelle zu spüren gewesen.
    »Ein Blindgänger?«, fragte Pater Hoyt.
    »Wahrscheinlich ein beschädigter Aufklärer von FORCE, der versucht hat, die Orbitalgrenze oder den Raumhafen in Keats zu erreichen«, sagte Oberst Kassad.
    »Er hat es nicht geschafft, oder?«, fragte Lamia. Kassad antwortete nicht.
    Martin Silenus hob das Fernglas und suchte das dunkle Moor nach dem Tempelritter ab. »Nicht mehr zu sehen«, sagte Silenus. »Der gute Kapitän hat entweder diesen Hügel diesseits der Zeitgräber umrundet oder er hat wieder seinen Verschwindibus abgezogen.«
    »Jammerschade, dass wir seine Geschichte nicht zu hören
bekommen«, sagte Pater Hoyt. Er wandte sich dem Konsul zu. »Aber Ihre hören wir doch, oder?«
    Der Konsul wischte sich die Handflächen an den Hosenbeinen ab. Sein Herz raste. »Ja«, sagte er und stellte fest, dass er, noch während er es sagte, sich endgültig entschieden hatte. »Ich werde meine erzählen.«
    Der Wind wehte dröhnend an den Osthängen der Berge herab und heulte über die Zinnen des Chronos Keep. Die Explosionen über ihnen schienen etwas nachgelassen zu haben, aber aufgrund der zunehmenden Dunkelheit wirkte jede einzelne noch brutaler als die vorhergehende.
    »Gehen wir rein«, sagte Lamia, deren Worte fast im Tosen des Windes untergingen. »Es wird kalt.«
     
    Sie hatten die Lampe ausgemacht, das Zimmer wurde nur vom wetterleuchtenden Pulsieren der Farben am Himmel draußen erhellt. Schatten sprangen auf, verschwanden und erschienen wieder, während der Raum in Dutzende Farben getaucht wurde. Manchmal dauerte die Dunkelheit mehrere Sekunden bis zur nächsten Salve.
    Der Konsul griff in seine Reisetasche und holte ein seltsames Gerät heraus, größer als ein Komlog, merkwürdig verziert und mit einem Flüssigkristalldiskey an der Vorderseite – wie etwas aus einem historischen Holo.
    »Ein geheimer Fatlinesender?«, fragte Brawne Lamia trocken.
    Das Lächeln des Konsuls war humorlos. »Das ist ein uraltes Komlog. Es kam während der Hegira heraus.« Er holte eine Standardmikrodisk aus einer Tasche an seinem Gürtel und führte sie ein. »Wie Pater Hoyt muss auch ich die Geschichte von jemand anderem erzählen, bevor Sie meine verstehen können.«
    »Gütiger Himmel«, höhnte Martin Silenus, »bin ich der Einzige
in dieser elenden Bande, der eine schnörkellose Geschichte zu erzählen weiß? Wie lange muss ich noch …«
    Die Bewegung des Konsuls überraschte sogar ihn selbst. Er stand auf, wirbelte herum, packte den kleineren Mann am Hemd, schleuderte ihn gegen die

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