Die Hyperion-Gesänge
Ecke, wo wir schlafen und das Abendessen zu uns nehmen können.«
»Reisen wir gleich weiter?«, fragte Brawne Lamia.
»Zu den Gräbern?«, fragte Silenus und zeigte zum ersten Mal seit Beginn der Fahrt echte Überraschung. »Sie würden im Dunkeln zum Shrike gehen?«
Lamia zuckte mit den Achseln. »Was macht das schon?«
Der Konsul stand in der Nähe einer bleigefassten Glastür zu einem Balkon und schloss die Augen. Sein Körper schwankte und balancierte immer noch im Schwung der Seilbahn. Nächte und Tage der Fahrt über die Gipfel waren in seinem Verstand verschwommen, miteinander verschmolzen und gingen in der Erschöpfung von beinahe drei Tagen ohne Schlaf und seiner nervösen Anspannung unter. Er machte die Augen wieder auf, ehe er im Stehen eindöste. »Wir sind müde«, sagte er. »Wir bleiben heute nacht hier und gehen morgen runter.«
Pater Hoyt war auf den schmalen Sims des Balkons hinausgegangen. Er lehnte sich auf das Geländer aus verwittertem Stein. »Können wir die Gräber von hier aus sehen?«
»Nein«, sagte Silenus. »Sie liegen hinter der Hügelkette dort. Aber sehen Sie diese weißen Dinger im Norden und etwas westlich – diese Dinger, die wie abgebrochene Zähne im Sand glitzern?«
»Ja.«
»Das ist die Stadt der Dichter. König Billys ursprünglicher Standort für Keats und alles Wahre und Schöne. Die Eingeborenen sagen, dass heute Gespenster ohne Kopf dort spuken.«
»Sind Sie auch eines davon?«, fragte Lamia.
Martin Silenus drehte sich um, wollte etwas sagen, betrachtete einen Moment lang die Pistole in ihrer Hand und wandte sich ab.
Schritte hallten in einer uneinsehbaren Krümmung der Treppe, kurz darauf betrat Oberst Kassad wieder das Zimmer. »Über dem Speisesaal befinden sich zwei kleine Vorratskammern« , sagte er. »Sie haben Zugang zum Balkon draußen, können aber nur über diese Treppe hier erreicht werden. Leicht zu verteidigen. Die Zimmer sind … sauber.«
Silenus lachte. »Bedeutet das, nichts kann zu uns vordringen, und falls doch, haben wir keine Fluchtmöglichkeit?«
»Wohin sollten wir fliehen?«, fragte Weintraub.
»Wahrlich, wohin?«, sagte der Konsul. Er war wirklich sehr müde. Er packte seine Ausrüstung, nahm einen Griff des schweren Möbiuskubus und wartete darauf, dass Pater Hoyt den anderen nahm. »Machen wir, was Kassad sagt. Suchen wir ein Quartier für die Nacht. Verlassen wir diesen Saal. Er stinkt nach Tod.«
Das Abendessen bestand aus dem Rest ihrer Trockenrationen, etwas Wein aus Silenus’ letzter Flasche und einem trockenen Kuchen, den Sol Weintraub mitgebracht hatte, um ihren letzten gemeinsamen Abend zu feiern. Rachel war zu klein, den
Kuchen zu essen, aber sie trank ihre Milch und schlief dann auf der Matte neben ihrem Vater auf dem Bauch ein.
Lenar Hoyt holte eine kleine Balalaika aus dem Gepäck und schlug ein paar Akkorde an.
»Ich wusste nicht, dass Sie spielen«, sagte Brawne Lamia.
»Schlecht.«
Der Konsul rieb sich die Augen. »Ich wünschte, ich hätte ein Klavier.«
»Sie hatten doch eins«, sagte Martin Silenus.
Der Konsul sah den Dichter an.
»Bringen Sie es her«, sagte Silenus. »Ein Scotch wäre mir gerade recht.«
»Wovon sprechen Sie?«, brauste Pater Hoyt auf. »Drücken Sie sich verständlich aus!«
»Seinem Schiff «, sagte Silenus. »Wissen Sie nicht mehr, wie unsere geschätzte, verschiedene Stimme des Busches Masteen unserem Konsul erläuterte, dass seine Geheimwaffe das hübsche Ein-Mann-Raumschiff wäre, das auf dem Raumhafen von Keats steht? Rufen Sie es, Euer Konsulschaft. Bringen Sie es her!«
Kassad kam von der Treppe, wo er Lichtschranken errichtet hatte. »Die Datensphäre des Planeten ist tot. Die Komsats sind unten. Die FORCE-Schiffe im Orbit sind auf Nahfrequenz. Wie soll er es denn rufen?«
»Mit einem Fatlinesender«, sagte Lamia.
Der Konsul richtete den Blick auf sie.
»Fatlinesender sind so groß wie Häuser«, sagte Kassad.
Brawne Lamia zuckte mit den Achseln. »Was Masteen gesagt hat, ist logisch. Wenn ich der Konsul wäre – wenn ich zu den paar tausend Individuen im gesamten verdammten Netz gehören würde, die ein Ein-Mann-Schiff besitzen –, würde ich auf jeden Fall darauf achten, dass ich es gegebenenfalls mit Fernbedienung fliegen könnte. Der Planet ist so primitiv, dass
man sich nicht auf sein Komnetz verlassen sollte. Die Ionosphäre ist zu schwach für Kurzwellen. Bei Scharmützeln müssen die Komsats als Erstes dran glauben. Ich würde es über Fatline
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