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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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rufen.«
    »Und die Größe?«, fragte der Konsul.
    Brawne Lamia erwiderte den gelassenen Blick des Diplomaten. »Die Hegemonie kann noch keine transportablen Fatlinesender bauen. Aber es gibt Gerüchte, wonach die Ousters es können.«
    Der Konsul lächelte. Irgendwo hörte man ein Kratzen, gefolgt von metallischem Klirren.
    »Bleiben Sie hier«, sagte Kassad. Er nahm den Todesstrahler aus der Weste, schaltete die Lichtschranken mit seinem taktischen Komlog aus und ging die Treppe hinunter.
    »Ich schätze, wir unterstehen jetzt dem Kriegsrecht«, sagte Silenus, als der Oberst gegangen war. »Aszendent Mars.«
    »Seien Sie still!«, sagte Lamia.
    »Glauben Sie, es ist das Shrike?«, fragte Hoyt.
    Der Konsul gestikulierte. »Das Shrike muss nicht unten herumschleichen. Es kann einfach hier … erscheinen.«
    Hoyt schüttelte den Kopf. »Ich habe gemeint, ob das Shrike die Ursache für die … Abwesenheit aller hier ist. Für das Gemetzel im Keep.«
    »Die verlassenen Dörfer könnten eine Folge des Evakuierungsbefehls sein«, sagte der Konsul. »Niemand möchte zurückbleiben und auf die Ousters warten. Die SSTs sind regelrecht Amok gelaufen. Viele Verwüstungen könnten auf ihr Konto gehen.«
    »Ohne Leichen?«, fragte Martin Silenus. »Wunschdenken. Unsere abwesenden Gastgeber unten baumeln längst am Stahlbaum des Shrike. Wo, in Bälde, auch wir hängen werden.«
    »Seien Sie still!«, sagte Lamia müde.

    »Und wenn nicht«, sagte der Dichter grinsend, »erschießen Sie mich dann, Madame?«
    »Ja.«
    Das Schweigen dauerte an, bis Oberst Kassad zurückkehrte. Er aktivierte die Lichtschranken wieder und wandte sich der Gruppe zu, die auf Kisten und Schwebschaumkuben saß. »Es war nichts. Ein paar Aasvögel – ich glaube, die Eingeborenen nennen sie Vorboten – sind durch die kaputte Glastür des Esszimmers reingekommen und haben das Festmahl fortgesetzt.«
    Silenus kicherte. »Vorboten. Wie passend.«
    Kassad seufzte, setzte sich auf eine Decke und stocherte in seinem kalten Essen. Eine einzige Laterne vom Windwagen erhellte den Raum, Schatten erklommen die Wände gegenüber vom Balkon. »Unser letzter Abend«, sagte Kassad. »Bleibt noch eine Geschichte zu erzählen.« Er sah den Konsul an.
    Der Konsul hatte mit seinem Papierschnipsel mit der Nummer 7 darauf gespielt. Er leckte sich die Lippen. »Zu welchem Zweck? Das Ziel unserer Pilgerfahrt ist bereits zunichte gemacht worden.«
    Die anderen sahen auf.
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Pater Hoyt.
    Der Konsul knüllte den Zettel zusammen und warf ihn in eine Ecke. »Damit das Shrike einen Wunsch erfüllt, muss die Pilgergruppe aus einer Primzahl bestehen. Wir waren sieben. Nach Het Masteens … ah … Verschwinden sind wir nur noch sechs. Jetzt gehen wir in den Tod und können nicht mehr hoffen, dass uns ein Wunsch gewährt wird.«
    »Aberglauben«, sagte Lamia.
    Der Konsul seufzte und rieb sich die Stirn. »Ja. Aber unsere letzte Hoffnung.«
    Pater Hoyt deutete auf das schlafende Baby. »Kann denn Rachel nicht unsere siebte sein?«

    Sol Weintraub rieb sich über den Bart. »Nein. Ein Pilger muss aus freiem Willen zu den Gräbern kommen.«
    »Aber das hat sie einmal getan«, sagte Hoyt. »Vielleicht qualifiziert sie das.«
    »Nein«, sagte der Konsul.
    Martin Silenus hatte sich Notizen auf einem Block gemacht; nun stand er auf und schritt durch den Raum. »Himmelherrgott, Leute, seht uns doch an! Wir sind nicht sechs Pilger, wir sind eine ganze Bande. Hoyt hier mit seiner Kruziform, in der der Geist von Paul Duré enthalten ist. Unser ›halbintelligenter‹ Erg dort in der Kiste. Oberst Kassad mit seinen Erinnerungen an Moneta. M. Brawne hier, die, so wir ihr glauben, nicht nur ein ungeborenes Kind in sich trägt, sondern auch einen toten romantischen Dichter. Unser Gelehrter mit dem Kind, das einst seine erwachsene Tochter war. Ich mit meiner Muse. Der Konsul mit seinem wie auch immer gearteten Gepäck, das er auf diese wahnsinnige Reise mitgebracht hat. Mein Gott, Leute, wir hätten eine Gruppenpauschale für diesen Ausflug bekommen sollen …«
    »Setzen Sie sich!«, sagte Lamia in gefährlich leisem Tonfall.
    »Nein, er hat recht«, sagte Hoyt. »Sogar die Anwesenheit von Pater Duré als Kruziform muss den Primzahl-Aberglauben irgendwie beeinflussen. Ich würde sagen, wir brechen morgen früh auf und hoffen …«
    »Seht!«, schrie Brawne Lamia und deutete zur Balkontür, wo die Abenddämmerung von pulsierendem Licht verdrängt worden war.
    Die

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