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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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des Oberst ist keiner von uns ein führender Mitbürger. Wir sind allesamt von Kräften jenseits unserer Kontrolle herumgeschubst worden.«
    Sol Weintraub wandte sich an den Konsul. »Sie haben eines übersehen, mein Freund: Wenn Meina Gladstone und Elemente des TechnoCores Sie für den Kontakt mit den Ousters ausgewählt haben, haben sie genau gewusst, was Sie tun würden. Vielleicht konnten sie nicht wissen, dass die Ousters die Möglichkeit hatten, die Gräber zu öffnen – obwohl man das bei den KIs des Core nie genau wissen kann –, aber sie wussten sicherlich, dass Sie sich gegen beide Seiten stellen würden,
gegen beide Lager, die Ihrer Familie Leid zugefügt haben. Alles ist Teil eines bizarren Plans. Sie waren ebenso wenig ein Instrument Ihres freien Willens wie …« Er hielt das Baby hoch. »… dieses Kind hier.«
    Der Konsul sah verwirrt drein. Er wollte etwas sagen, schüttelte aber stattdessen den Kopf.
    »Das mag richtig sein«, sagte Oberst Fedmahn Kassad, »aber sosehr sie auch versuchen, uns alle wie Schachfiguren zu behandeln, so sehr müssen wir versuchen, eigenständig zu handeln.« Er sah zur Wand, wo Lichter der fernen Raumschlacht den Verputz blutrot färbten. »Durch diesen Krieg werden Tausende sterben. Vielleicht Millionen. Und wenn die Ousters oder das Shrike Zugang zum Farcastersystem des Netzes bekommen, stehen Milliarden Leben auf Hunderten von Welten auf dem Spiel.«
    Der Konsul verfolgte, wie Kassad den Todesstrahler hob.
    »So ginge es für uns alle schneller«, sagte Kassad. »Das Shrike kennt kein Erbarmen.«
    Niemand sagte etwas. Der Konsul schien etwas in weiter Ferne zu betrachten.
    Kassad drückte die Sicherung und steckte den Strahler wieder in den Gürtel. »Wir sind so weit gekommen«, sagte er, »wir werden auch den Rest des Weges gemeinsam gehen.«
    Brawne Lamia steckte die alte Pistole ihres Vaters ein, stand auf, durchquerte den kleinen Raum, kniete sich neben den Konsul und schlang die Arme um ihn. Der Konsul hob verblüfft einen Arm. Licht tanzte an der Wand hinter ihnen.
    Einen Moment später kam auch Sol Weintraub näher und umarmte sie beide mit einem Arm. Das Baby räkelte sich behaglich in der plötzlichen Körperwärme. Der Konsul nahm den Talkumgeruch wahr.
    »Ich habe mich geirrt«, sagte der Konsul. »Ich werde dem Shrike doch eine Bitte vortragen. Ich werde für sie bitten.« Er
berührte zärtlich Rachels Kopf, wo der winzige Schädel in den Hals überging.
    Martin Silenus gab einen Laut von sich, der als Lachen anfing und als Schluchzen endete. »Unsere letzten Wünsche«, sagte er. »Erfüllt die Muse Wünsche? Ich habe keinen Wunsch. Ich will nur, dass das Gedicht vollendet wird.«
    Pater Hoyt wandte sich an den Dichter. »Ist das so wichtig?«
    »O ja, ja, ja, ja«, stöhnte Silenus. Er ließ die leere Scotchflasche fallen, griff in die Tasche, holte eine Handvoll Ausdrucke hervor und hielt sie hoch, als wollte er sie der Gruppe als Opfer darbringen. »Möchten Sie es lesen? Möchten Sie, dass ich es Ihnen vorlese? Es strömt wieder. Lesen Sie die alten Verse! Lesen Sie die Gesänge, die ich vor drei Jahrhunderten geschrieben und nie veröffentlicht habe. Es ist alles da. Wir sind alle da. Mein Name, Ihrer, diese Reise. Begreifen Sie denn nicht … ich schaffe kein Gedicht – ich schaffe die Zukunft !« Er ließ die Blätter fallen, hob die leere Flasche hoch, runzelte die Stirn und hielt sie wie einen Abendmahlskelch. »Ich schaffe die Zukunft«, wiederholte er, ohne aufzusehen, »aber die Vergangenheit muss verändert werden. Ein Augenblick. Eine Entscheidung.« Martin Silenus hob den Kopf. Seine Augen waren rot. »Dieses Ding, das uns morgen töten wird – meine Muse, unser Schöpfer, unser Vernichter –, ist rückwärts durch die Zeit gereist. Nun, soll es. Diesmal soll es mich nehmen und Billy verschonen. Soll es mich nehmen und das Gedicht da enden lassen, für alle Zeiten unvollendet.« Er hob die Flasche höher, machte die Augen zu und schleuderte sie gegen die Wand gegen über. Glasscherben reflektierten das orangefarbene Leuchten der stummen Explosionen.
    Oberst Kassad kam näher und legte dem Dichter die langen Finger auf die Schulter.
    Für einen Augenblick schien es allein durch die menschliche Nähe wärmer in dem Zimmer zu werden. Pater Lenar Hoyt
ging von der Wand weg, wo er gelehnt hatte, hob die rechte Hand, sodass sich Daumen und kleiner Finger berührten und drei Finger abgespreizt waren, eine Geste, die irgendwie ihn

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