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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ihre Hütten. Kein Licht wurde angemacht. Ich stellte mir vor, wie sie in ihren Hütten saßen und ins Leere starrten.
    Ich blieb noch eine Weile draußen, bevor ich in meine Hütte ging. Nach einer Weile schritt ich zum Rand der grasbewachsenen Fläche und stand dort, wo der Abgrund begann. Ein Geflecht
von Ranken und Wurzeln klammerte sich ans Antlitz der Klippe, es schien aber nach wenigen Metern aufzuhören und dort über der Leere zu hängen. Keine Ranke konnte so lang sein, dass man an ihr hätte die zweitausend Meter bis zum Fluss hinunterklettern können.
    Doch die Bikura waren aus dieser Richtung gekommen.
    Nichts ergab einen Sinn. Ich schüttelte den Kopf und begab mich in meine Hütte.
    Da sitze ich, schreibe im Licht des Komlog-Diskey und versuche, mir Vorsichtsmaßnahmen auszudenken, damit ich den Sonnenaufgang erlebe.
    Mir fallen keine ein.
     
    TAG 103:
    Je mehr ich lerne, desto weniger verstehe ich.
    Ich habe den größten Teil meiner Ausrüstung in die Hütte gebracht, die sie hier im Dorf für mich freihalten.
    Ich habe Fotos gemacht, Video- und Audiochips aufgenommen und ein vollständiges Holoscanning des Dorfes und seiner Bewohner angefertigt. Es scheint ihnen einerlei zu sein. Ich projiziere ihre Ebenbilder, und sie schreiten einfach durch sie hindurch und zeigen kein Interesse. Ich spiele ihnen ihre eigenen Worte vor, und sie lächeln und gehen in ihre Hütten, sitzen stundenlang da, tun nichts und sagen nichts. Ich biete ihnen Waren zum Tausch an, die sie kommentarlos nehmen, überprüfen, ob sie eßbar sind, und dann liegenlassen. Auf dem Gras wimmelt es von Plastikperlen, Spiegeln, bunten Stofftüchern und billigen Kugelschreibern.
    Ich habe ein voll ausgerüstetes medizinisches Labor aufgebaut, aber vergebens: Die Fünf Dutzend und Zehn lassen nicht zu, dass ich sie untersuche, sie lassen sich keine Blutproben nehmen, obwohl ich ihnen mehrmals gezeigt habe, dass es völlig schmerzlos ist, sie lassen sich nicht mit dem Diagnoseapparat
scannen – kurz gesagt, sie sind in keiner Weise zu einer Zusammenarbeit bereit. Sie streiten nicht. Sie erklären nichts. Sie drehen sich einfach um und geben sich weiter ihrem Nichtstun hin.
    Nach einer Woche kann ich immer noch nicht Männer von Frauen unterscheiden. Ihre Gesichter erinnern mich an diese optischen Täuschungen, die sich verändern, während man sie ansieht; manchmal sieht Bettys Gesicht unzweifelhaft weiblich aus, zehn Sekunden später ist die Spur der Geschlechtszugehörigkeit dahin, und ich betrachte sie (ihn?) wieder als Beta. Ihre Stimmen unterliegen derselben Veränderung. Sanft, wohlmoduliert, geschlechtslos; sie erinnern mich an die armselig programmierten Heimcomps, die man auf abgelegenen Hinterwelten findet.
    Ich hoffe, dass ich einmal einen nackten Bikura sehen kann. Es fällt einem achtundsechzig Standardjahre alten Jesuiten nicht leicht, das zuzugeben. Und es wäre sicher auch für einen Voyeursveteranen keine leichte Aufgabe. Das Nacktheitstabu scheint absolut zu sein: Sie tragen die langen Roben, wenn sie wach sind und während ihres zweistündigen Mittagsschläfchens. Sie verlassen das Dorf, um zu urinieren und sich zu erleichtern, aber ich vermute, nicht einmal dazu ziehen sie die Gewänder aus. Sie scheinen nicht zu baden. Man sollte meinen, dass das zu Geruchsproblemen führt, aber diese Primitiven haben keinen Geruch an sich, abgesehen von einem leicht süßlichen Chalmaaroma. »Ihr müsst euch doch einmal ausziehen«, sagte ich eines Tages zu Alpha und warf die Feinfühligkeit zugunsten von Informationen über Bord. »Nein«, sagte Al und ging weg, um anderswo voll angezogen zu sitzen und nichts zu tun.
    Sie haben keine Namen. Anfangs erschien mir das unvorstellbar, aber jetzt weiß ich es sicher.
    »Wir sind alles, das war und sein wird«, sagte der kleinste
Bikura, den ich als Frau betrachte und Eppie nenne. »Wir sind die Fünf Dutzend und Zehn.«
    Ich habe die Aufzeichnungen des Komlog abgerufen und mir bestätigen lassen, was ich vermutet habe: Von mehr als sechzehntausend bekannten menschlichen Gesellschaften ist keine einzige gelistet, in der es gar keine individuellen Namen gibt. Selbst in den Schwarmgesellschaften auf Lusus reagieren Individuen auf ihre Klassenkategorie, gefolgt von einem kurzen Code.
    Ich sage ihnen meinen Namen, und sie sehen mich an. »Pater Paul Duré, Pater Paul Duré«, wiederholt der Komlogübersetzer, aber es wird nicht einmal ein Versuch simpler Wiederholung unternommen.
    Abgesehen

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