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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kommandant. Ich bin sicher, Ihre Vorgesetzten hier ebenfalls. Aber ich frage mich doch, ob Sie in diesem Fall nicht mir zu Gefallen eine Ausnahme machen und sich zum Thema äußern könnten.«

    Lee setzte sich aufrecht hin. Einen Moment lang drückten seine Augen die Verzweiflung eines kleinen gefangenen Tieres aus. »Nun denn, Präsidentin, wenn ich einen Kommentar abgeben muss, dann muss ich sagen, meine Instinkte … und es sind nur Instinkte; ich verstehe überhaupt nichts von interstellarer Taktik … würden mir raten, auf diese Verstärkung zu verzichten.« Lee holte tief Luft. »Dies ist eine rein militärische Einschätzung, Präsidentin. Ich weiß nichts von den politischen Hintergründen der Verteidigung des Hyperion-Systems.«
    Gladstone beugte sich vor. »Dann auf rein militärischer Basis, Kommandant, warum sind Sie gegen die Verstärkung?«
    Von meinem Platz, einen halben Tisch entfernt, konnte ich die Wucht der Blicke der FORCE-Befehlshaber spüren wie eine der Hundert-Millionen-Joule-Laserentladungen, mit denen in den uralten inertialgedämpften Fusionsreaktoren Deuterium-Tritium-Sphären gezündet wurden. Ich war erstaunt, dass Lee nicht vor unseren Augen implodierte, entflammte und verschmorte.
    »Nach militärischer Logik«, sagte Lee mit hoffnungslosen Augen, aber fester Stimme, »sind es die beiden größten Sünden, die man überhaupt begehen kann, wenn man die eigenen Streitkräfte teilt oder – wie Sie es ausdrücken, Präsidentin  – alle Eier in einen einzigen Korb legt. Und in diesem Fall haben wir den Korb nicht einmal selbst gemacht.«
    Gladstone nickte, lehnte sich zurück und bildete mit den Fingern einen Giebel an der Unterlippe.
    »Kommandant«, sagte General Morpurgo, und ich musste feststellen, dass ein Wort tatsächlich ausgespuckt werden konnte, »da wir jetzt in den Genuss Ihrer … äh … Meinung gekommen sind, dürfte ich fragen, ob Sie jemals an einer Raumschlacht teilgenommen haben?«
    »Nein, Sir.«

    »Sind Sie je für eine Raumschlacht ausgebildet worden, Kommandant?«
    »Abgesehen vom Minimum, das MAO verlangt, was auf einige Geschichtsstunden hinausläuft, nein, Sir.«
    »Haben Sie überhaupt jemals an irgendwelchen strategischen Planungen teilgenommen, die über normales Maß hinausgingen? Wie viele Marineoberflächenschiffe haben Sie auf Maui-Covenant befehligt, Kommandant?«
    »Eins, Sir.«
    »Eins«, schnaufte Morpurgo. »Ein großes Schiff, Kommandant?«
    »Nein, Sir.«
    »Wurde Ihnen das Kommando über dieses Schiff anvertraut, Kommandant? Haben Sie es sich verdient? Oder ist es Ihnen durch eine Fügung des Krieges zugefallen?«
    »Unser Kapitän wurde getötet, Sir. Ich habe als ranghöchster Offizier den Befehl übernehmen müssen. Es war der letzte Einsatz des Feldzugs gegen Maui-Covenant und …«
    »Das genügt, Kommandant .« Morpurgo kehrte dem Kriegshelden den Rücken zu und wandte sich an die Präsidentin. »Möchten Sie uns noch einmal befragen, Ma’am?«
    Gladstone schüttelte den Kopf.
    Senator Kolchev räusperte sich. »Vielleicht sollten wir uns jetzt zu einer geheimen Sitzung im Regierungshaus zurückziehen.«
    »Nicht nötig«, sagte Meina Gladstone. »Ich habe mich entschieden. Admiral Singh, Sie haben die Erlaubnis, so viele Flotteneinheiten ins Hyperion-System zu verlegen, wie Sie und die Oberbefehlshaber für erforderlich halten.«
    »Ja, Präsidentin.«
    »Admiral Nashita, ich erwarte eine erfolgreiche Beendigung der Kampfhandlungen innerhalb einer Standardwoche von dem Zeitpunkt an, da Ihnen ausreichend Verstärkung zur Verfügung
steht.« Gladstone sah sich am Tisch um. »Meine Damen und Herren, ich kann nicht genug betonen, wie wichtig es ist, dass wir Hyperion halten und die Bedrohung durch die Ousters ein für alle Mal beseitigen.« Sie stand auf und ging zum Anfang der Rampe, die in die Dunkelheit führte. »Ich wünsche Ihnen einen guten Abend.«
     
    Es war fast 04:00 Uhr Netz und Tau Ceti Center, als Hunt an meine Tür klopfte. Ich kämpfte seit drei Stunden, seit wir zurückge’castet waren, gegen den Schlaf. Ich war gerade zur Überzeugung gekommen, dass Gladstone mich vergessen hatte, als das Klopfen ertönte.
    »Im Garten«, sagte Leigh Hunt, »und stecken Sie um Gottes willen das Hemd in die Hose.«
    Meine Stiefel knirschten leise auf dem feinen Kiesweg, als ich die dunklen Pfade entlangschritt. Die Laternen und Leuchtkugeln spendeten kaum Licht. Wegen der endlosen Städte von TC 2 waren die Sterne über dem Innenhof

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