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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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selbst ein Ungeheuer bin? Ein Handlanger des Shrike? Ich könnte es Ihnen nicht verübeln.«
    »Das glauben wir nicht«, sagte Brawne Lamia. »Das Shrike braucht keine Handlanger. Außerdem kennen wir Sie aus Pater Hoyts Geschichte und Ihren Tagebüchern.« Sie sah die anderen an. »Uns ist es … schwer gefallen, unsere Geschichten zu erzählen, warum wir nach Hyperion gekommen sind. Es wäre ganz und gar unmöglich, sie zu wiederholen.«
    »Ich habe Notizen auf meinem Komlog gemacht«, sagte der Konsul. »Sie sind sehr knapp gehalten, sollten aber unsere Geschichten verständlich machen und die Geschichte der Hegemonie im vergangenen Jahrzehnt. Warum das Netz Krieg mit den Ousters führt. Das alles. Sie können sich gerne einklinken, wenn Sie möchten. Es dürfte nicht länger als eine Stunde dauern.«
    »Sehr gern«, sagte Pater Duré und folgte dem Konsul in die Sphinx zurück.
    Brawne Lamia, Sol und Silenus gingen zum Kopfende des Tals. Vom Sattel zwischen den niederen Felswänden konnten sie die Dünen und das Ödland sehen, die sich bis zum Fuß des Bridle Range erstreckten, die keine zehn Klicks im Südwesten lag. Die zerschmetterten Kuppeln, Türme und zerbrochenen Galerien der Stadt der Dichter waren nur zwei oder drei Klicks rechts davon zu erkennen, an einem langgezogenen Hang, den die Wüste stumm für sich eroberte.
    »Ich gehe zum Keep zurück und suche Proviant für uns«, sagte Lamia.
    »Ich sehe es nicht gern, wenn sich die Gruppe aufteilt«, sagte Sol. »Wir könnten alle zurückgehen.«
    Martin Silenus verschränkte die Arme. »Jemand sollte hier bleiben, falls der Oberst zurückkehrt.«

    »Bevor überhaupt jemand geht«, sagte Sol, »sollten wir meiner Meinung nach das restliche Tal durchsuchen. Der Konsul ist heute Morgen nicht weiter als bis zum Monolithen gekommen.«
    »Einverstanden«, sagte Lamia. »Fangen wir an, ehe es zu spät wird. Ich möchte vor Einbruch der Dunkelheit Proviant im Keep holen und wieder zurückkehren.«
    Sie waren wieder zur Sphinx hinuntergegangen, als Duré und der Konsul herauskamen. Der Priester hielt das Ersatzkomlog des Konsuls in der Hand. Lamia erklärte den Plan für die Suche, und die beiden Männer willigten ein, sie zu begleiten.
    Sie gingen erneut durch die Hallen der Sphinx, die Lichtstrahlen ihrer Handfackeln und Bleistiftlampen erhellten schwitzende Wände aus Stein und bizarre Winkel. Als sie ins nachmittägliche Sonnenlicht hinauskamen, legten sie die dreihundert Meter zum Jadegrab zurück. Lamia stellte fest, dass sie zitterte, als sie den Raum betraten, wo das Shrike in der Nacht zuvor erschienen war. Hoyts Blut hatte einen rostroten Fleck auf dem grünen Keramikboden hinterlassen. Von der transparenten Öffnung ins Labyrinth hinunter war nichts zu sehen. Und keine Spur vom Shrike.
    Der Obelisk besaß keine Räume, lediglich einen zentralen Schacht, in dem eine für Menschen zu steile Rampe spiralförmig zwischen ebenholzfarbenen Wänden in die Höhe verlief. Selbst Flüstern erzeugte hier Echos, daher reduzierte die Gruppe die Unterhaltungen auf ein Minimum. Es gab keine Fenster, keinen Ausblick am oberen Ende der Rampe, fünfzig Meter über dem Steinboden, ihre Lichtkegel strahlten lediglich in Finsternis, wo sich das Dach über ihnen wölbte. Seile und Ketten – Überbleibsel von zwei Jahrhunderten Tourismus  – ermöglichten ihnen, ohne Angst vor einem Sturz, der in der Tiefe tödlich enden würde, wieder hinabzugehen. Als sie kurz am Eingang verweilten, rief Martin Silenus zum letzten
Mal Kassads Namen, und die Echos folgten ihnen ins Sonnenlicht hinaus.
    Eine halbe Stunde oder mehr verbrachten sie damit, die Schäden um den Kristallmonolithen herum zu begutachten. Pfützen von in Glas verwandelten Sands brachen das Nachmittagslicht wie Prismen und reflektierten Hitze in die Gesichter der Pilger. Das zerschmetterte Antlitz des Monolithen, das jetzt von Narben und Löchern und baumelnden Fäden geschmolzenen Kristalls verunziert war, sah wie das Opfer eines hirnlosen Anfalls von Vandalismus aus, aber sie wussten alle, dass Kassad um sein Leben gekämpft haben musste. Es gab keine Tür, keinen Zugang zum kammförmigen Labyrinth im Innern. Instrumente verrieten ihnen, dass das Innere so leer und unzusammenhängend wie immer war. Sie entfernten sich widerwillig und erklommen die steilen Pfade zum Ansatz der nördlichen Felswand, wo die Höhlengräber jeweils weniger als einhundert Meter voneinander entfernt lagen.
    »Frühe Archäologen

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