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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gewöhnlich das Zimmer oder ließ alle anderen gehen, bevor sie sich auflöste – oder ein Anzeichen dafür, dass die beherrschende Intelligenz des Core von der Eröffnung erschüttert war.
    Gladstone nickte Kolchev und Gibbons zu. »Ich will Sie nicht aufhalten, meine Herren«, sagte sie. »Aber seien Sie versichert, dass ich rückhaltlose Unterstützung erwarte, wenn die Kriegserklärung in fünf Stunden ausgesprochen wird.«
    »Die haben Sie«, sagte Gibbons. Die beiden Männer entfernten sich.
    Attachés kamen herein, feuerten Fragen ab und justierten Komlogs für Instruktionen. Gladstone hielt einen Finger hoch. »Wo ist Severn?«, fragte sie. Angesichts der ausdruckslosen Mienen fügte sie hinzu: »Der Dichter … Künstler, meine ich: Der mein Porträt anfertigen soll?«
    Mehrere Attachés warfen einander Blicke zu, als wäre die Regierungschefin übergeschnappt.
    »Er schläft noch«, sagte Leigh Hunt. »Er hat Schlaftabletten genommen, und niemand hat daran gedacht, ihn wegen der Versammlung zu wecken.«
    »Ich möchte, dass er in zwanzig Minuten hier ist«, sagte Gladstone. »Informieren Sie ihn über die jüngsten Entwicklungen. Wo ist Commander Lee?«

    Niki Cardon, die junge Frau, die für den Kontakt zum Militär verantwortlich war, ergriff das Wort. »Lee wurde gestern Abend von Morpurgo und dem Stabschef von FORCE:Marine wieder der Grenzpatrouille zugeteilt. Er wird zwanzig Jahre unserer Zeit von einer Seewelt zur nächsten springen. Momentan ist er gerade … zum FORCE:Meerkomzen auf Bressia gesprungen, wo er auf eine Transportmöglichkeit ins All wartet.«
    »Schaffen Sie ihn wieder hierher«, sagte Gladstone. »Ich wünsche, dass er zum Konteradmiral oder irgendeinem erforderlichen Dienstgrad befördert und dann hierherversetzt wird, zu mir , nicht dem Regierungszentrum oder der Verwaltung unterstellt. Falls erforderlich, kann er unser nuklearer Handlungsreisender sein.« Gladstone sah einen Moment lang die kahle Wand an. Sie dachte an die Welten, auf denen sie letzte Nacht spazieren gegangen war: Barnards Welt, Lampenschein zwischen Laub, uralte Universitätsgebäude aus Backsteinen; God’s Grove mit den Fesselballons und schwebenden Zeppelinen, die die Dämmerung begrüßten; Heaven’s Gate mit seiner Promenade … Das alles waren Ziele der ersten Angriffswoge. Sie schüttelte den Kopf. »Leigh, ich möchte, dass Sie und Tarra und Brindenath die Rohfassungen beider Ansprachen – für das Volk und die Kriegserklärung – binnen fünfundvierzig Minuten fertig haben. Kurz. Leicht verständlich. Sehen Sie unter Churchill und Strudensky im Archiv nach. Realistisch und trotzig, optimistisch, aber voll grimmiger Entschlossenheit. Niki, ich brauche Echtzeitübertragungen aller Maßnahmen, die die Stabschefs anordnen. Ich möchte meine eigenen strategischen Kartendisplays – durch mein Implantat übermittelt, vertraulich. Barbre, Sie werden im Senat meine Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln sein. Gehen Sie rein, reden Sie, ziehen Sie Fäden, bestechen Sie, beschwören Sie und machen Sie ihnen sonstwie klar, dass es sicherer wäre, jetzt
auszuziehen und die Ousters zu bekämpfen als mir bei den kommenden drei oder vier Abstimmungen in die Quere zu kommen. Hat jemand Fragen?« Gladstone wartete drei Sekunden, dann klatschte sie in die Hände. »Na gut, dann ans Werk, Leute!«
    In der kurzen Pause bevor die nächste Woge Senatoren, Minister und Attachés eintraf, wandte sich Gladstone der kahlen Decke über ihr zu, hob den Finger und schüttelte die Hand.
    Sie drehte sich wieder zurück, als gerade die nächste Schar Würdenträger hereingescheucht wurde.
    25
    Sol, der Konsul, Pater Duré und der bewusstlose Het Masteen befanden sich im ersten Höhlengrab, als sie die Schüsse hörten. Der Konsul ging allein hinaus – langsam, vorsichtig – und hielt Ausschau nach dem Sturm der Zeitgezeiten, der sie tiefer in das Tal hineingetrieben hatte.
    »Alles in Ordnung«, rief er zurück. Der fahle Schein von Sols Laterne beleuchtete den hinteren Teil der Höhle und offenbarte drei blasse Gesichter und das verhüllte Bündel, das der Tempelritter war. »Die Gezeiten haben nachgelassen«, rief der Konsul.
    Sol stand auf. Das Gesicht seiner Tochter war ein blasses Oval unter seinem eigenen. »Sicher, dass die Schüsse aus Brawnes Waffe stammten?«
    Der Konsul deutete hinaus in die Dunkelheit. »Sonst hat keiner eine Projektilwaffe bei sich gehabt. Ich gehe nachsehen.«
    »Halt!«, sagte Sol.

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