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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ihrer nächsten Frage zuvor. »Ich weiß nicht, ob er überlebt hat.«
    »Und der Priester? Pater Hoyt?«
    »Die Kruziform hat ihn als Pater Duré wiedererweckt.«
    »Ist es Pater Duré? Oder ein debiles Duplikat?«
    »Es ist Duré«, sagte ich. »Aber … geschädigt. Mutlos.«
    »Und er ist noch im Tal?«
    »Nein. Er ist in einem der Höhlengräber verschwunden. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist.«
    Gladstone sah auf ihr Komlog. Ich versuchte mir Verwirrung und Chaos vorzustellen, die im Rest dieses Gebäudes herrschen mussten – auf dieser Welt – im Netz. Die Präsidentin hatte sich offensichtlich vor ihrer Rede vor dem Senat für fünfzehn Minuten hierher zurückgezogen. Es konnte die letzte Abgeschiedenheit sein, die sie in den nächsten Wochen bekam. Vielleicht für immer.
    »Kapitän Masteen?«
    »Tot. Im Tal begraben.«
    Sie holte Luft. »Und Weintraub und das Kind?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich träume die Ereignisse nicht chronologisch … nicht in zeitlicher Folge. Ich glaube , es ist bereits passiert, aber ich bin verwirrt.« Ich sah auf. Gladstone wartete geduldig. »Das Baby war nur wenige Sekunden alt, als das Shrike erschienen ist«, sagte ich. »Sol hat sie dem Wesen dargeboten. Ich glaube, es hat sie mit in die Sphinx genommen. Die Gräber leuchteten sehr hell. Es kamen … andere Shrikes … heraus.«
    »Demnach haben sich die Gräber aufgetan?«
    »Ja.«
    Gladstone berührte ihr Komlog. »Leigh? Der diensthabende Offizier im Kommunikationszentrum soll sich mit Theo Lane und den nötigen FORCE-Leuten auf Hyperion in Verbindung setzen. Geben Sie das Schiff frei, das wir in Quarantäne haben.
Sagen Sie dem Generalgouverneur auch, dass ich in ein paar Minuten eine persönliche Botschaft für ihn habe.« Das Instrument zwitscherte; sie sah mich wieder an. »Noch etwas aus Ihren Träumen?«
    »Bilder. Worte. Ich verstehe nicht, was vor sich geht. Das war das Wichtigste.«
    Gladstone lächelte verhalten. »Ist Ihnen klar, dass Sie Ereignisse träumen, zu denen die andere Keats-Persönlichkeit keinen Zugang hat?«
    Ich sagte nichts, weil der Schock ihrer Worte mich verblüffte. Mein Kontakt zu den Pilgern war durch eine vom Core aufrechterhaltene Verbindung zum Persönlichkeitsimplantat in Brawnes Schrön-Schleife möglich gewesen und durch die primitive Datensphäre, die zwischen ihnen existierte. Aber die Persönlichkeit war freigesetzt worden; die Datensphäre durch Trennung und Distanz vernichtet. Nicht einmal ein Fatlineempfänger kann Botschaften empfangen, wenn es keinen Sender gibt.
    Gladstones Lächeln verschwand. »Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    »Nein.« Ich blickte auf. »Vielleicht waren es wirklich nur Träume. Richtige Träume.«
    Sie stand auf. »Vielleicht wissen wir es, wenn – falls – wir den Konsul finden. Oder wenn sein Schiff im Tal eintrifft. Ich habe noch zwei Minuten, bevor ich im Senat erscheinen muss. Sonst noch etwas?«
    »Eine Frage«, sagte ich. »Wer bin ich? Warum bin ich hier?«
    Wieder das verhaltene Lächeln. »Diese Frage stellen wir uns alle, M. Sev … M. Keats.«
    »Es ist mein Ernst. Ich glaube, Sie wissen es besser als ich.«
    »Der Core hat Sie als meine Verbindung zu den Pilgern geschickt. Und um zu beobachten. Immerhin sind Sie Dichter und Künstler.«

    Ich schnaubte und stand auf. Wir gingen langsam zum privaten Farcasterportal, das sie zum Senat bringen würde. »Was nützt Beobachtung, wenn es sich um das Ende der Welt handelt?«
    »Finden Sie es heraus«, sagte Gladstone. »Sehen Sie das Ende der Welt.« Sie reichte mir eine Mikrocard für mein Komlog. Ich führte sie ein und betrachtete den Diskey; es war ein Universalbefugnischip, der mir Zugang zu sämtlichen öffentlichen, privaten und militärischen Farcastern ermöglichte. Es war die Freikarte zum Ende der Welt.
    Ich sagte: »Und wenn ich getötet werde?«
    »Dann werden wir die Antworten auf Ihre Fragen nie zu hören bekommen«, sagte Präsidentin Gladstone. Sie berührte knapp meine Hand, drehte mir den Rücken zu und ging durch das Portal.
    Ein paar Minuten lang stand ich allein in ihren Gemächern und genoss Stille und Licht und die Kunstwerke. An einer Wand hing wirklich ein van Gogh, der mehr wert war, als die meisten Planeten bezahlen könnten. Es war ein Gemälde vom Zimmer des Künstlers in Arles. Wahnsinn ist keine Erscheinung von heute.
    Nach einer Weile ging ich, ließ mich von meinem Komlog durch den Irrgarten des Regierungsgebäudes leiten, bis ich einen

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