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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Paul mir gesagt hat«, sagte der Monsignore, »war der Konsul seinen Überzeugungen treu, seiner Großmutter Siri treu.« Der ältere Mann lächelte. »Außerdem nehmen hundert Milliarden andere Spieler an diesem Spiel teil. Gott hat nicht Herodes oder Pontius Pilatus oder Cäsar Augustus zu Seinem Instrument erkoren. Er wählte den unbekannten Sohn eines unbekannten Zimmermanns im unbedeutendsten Winkel des römischen Weltreichs.«

    »Na gut«, sagte ich, stand auf und schritt vor dem leuchtenden Mosaik unter dem Altar auf und ab. »Was machen wir jetzt? Pater Duré, Sie müssen mich zu Gladstone begleiten. Sie weiß von Ihrer Pilgerfahrt. Vielleicht kann Ihre Geschichte dazu beitragen, das Blutbad, das sich ankündigt, wenigstens teilweise zu verhindern.«
    Duré stand ebenfalls auf, verschränkte die Arme und sah zu der Kuppel, als hielte die Dunkelheit dort oben Erleuchtung für ihn bereit. »Ich habe daran gedacht«, sagte er, »aber ich glaube nicht, dass das meine erste Pflicht ist. Ich muss nach God’s Grove, um mit deren Äquivalent des Papstes zu sprechen  – der Wahren Stimme des Weltbaums.«
    Ich blieb stehen. »God’s Grove? Was hat das mit allem zu tun?«
    »Ich habe das Gefühl, als wären die Tempelritter der Schlüssel zu einem fehlenden Teil dieses schmerzvollen Puzzles. Jetzt sagen Sie, dass Het Masteen tot ist. Vielleicht kann uns die Wahre Stimme erklären, was sie für diese Pilgerfahrt geplant hatten … Masteens Geschichte sozusagen. Immerhin war er der einzige der sieben Pilger, der nicht erzählt hat, weshalb er nach Hyperion gekommen ist.«
    Ich ging wieder auf und ab, jetzt schneller, und versuchte, meinen Zorn unter Kontrolle zu halten. »Mein Gott, Duré. Wir haben keine Zeit für solche müßige Neugier. Es sind nur noch« – ich konsultierte mein Implantat – »anderthalb Stunden, bis der Invasionsschwarm der Ousters ins System von God’s Grove eindringt. Dort muss die Hölle los sein.«
    »Möglich«, sagte der Jesuit, »aber ich werde dennoch als Erstes dorthin gehen. Dann werde ich mit Gladstone reden. Könnte sein, dass sie meine Rückkehr nach Hyperion genehmigt.«
    Ich bezweifelte, dass die Präsidentin einen so wertvollen Informanten dorthin zurückkehren lassen würde, wo ihm Schaden zustoßen konnte. »Gehen wir«, sagte ich, drehte mich um und suchte nach dem Ausgang.

    »Einen Augenblick«, sagte Duré. »Sie haben vor einer Weile gesagt, dass Sie manchmal imstande sind, von den Pilgern zu … zu träumen  … während Sie wach sind. Eine Art Trance, ist es nicht so?«
    »So ähnlich.«
    »Nun, M. Severn, dann träumen Sie bitte jetzt von ihnen.«
    Ich sah ihn erstaunt an. »Hier? Jetzt?«
    Duré deutete auf seinen Stuhl. »Bitte. Ich möchte das Schicksal meiner Freunde erfahren. Außerdem könnten die Informationen bei unseren Gesprächen mit der Wahren Stimme und M. Gladstone höchst wertvoll sein.«
    Ich schüttelte den Kopf, nahm aber auf dem angebotenen Stuhl Platz. »Vielleicht geht es nicht«, sagte ich.
    »Dann haben wir nichts verloren«, sagte er.
    Ich nickte, schloss die Augen und lehnte mich auf dem unbequemen Stuhl zurück. Ich war mir nur zu deutlich bewusst, dass mich die anderen ansahen, nahm den schwachen Geruch von Weihrauch und Regen wahr und den hallenden Raum um uns herum. Ich war sicher, dass es nicht klappen würde; die Landschaft meiner Träume lag nicht so nahe, dass ich sie einfach hätte beschwören können, indem ich die Augen zumachte.
    Der Eindruck, beobachtet zu werden, ließ nach, die Gerüche wurden schwächer – und das Gefühl weiten Raums dehnte sich tausendfach aus, als ich nach Hyperion zurückkehrte.
    35
    Chaos.
    Dreihundert Raumschiffe weichen um Hyperion unter schwerem Beschuss zurück und fliehen vor dem Schwarm wie Männer, die gegen Bienen kämpfen. Wahnsinn bei den militärischen Farcasterportalen, die Verkehrskontrolle überlastet,
Schiffe stauen sich wie EMVs in der Sperrschleuse von TC 2 in luftiger Höhe und sind dadurch den umherziehenden Schiffen der Ousters hilflos ausgeliefert.
    Wahnsinn an den Fluchtpunkten: FORCE-Raumschiffe reihen sich wie Schafe in einem engen Pferch auf, wenn sie vom Fangportal bei Madhya zum ’Caster navigieren, der hinausführt. Schiffe im Spindown im Hebron-System, einige setzen über nach Heaven’s Gate, God’s Grove, Mare Infinitus, Asquith. Nur noch Stunden verbleiben, bis die Schwärme in Systeme des Netzes eindringen.
    Chaos, weil Hunderte Millionen Flüchtlinge, die durch

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