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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Spuckeblasen im Schlaf. »Wir sind auf dem stolzen Schiff Benares , in der gleichnamigen Stadt der Alten Erde erbaut, nach der es auch getauft wurde.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon einmal von einer Stadt der Alten Erde dieses Namens gehört habe«, sagte der Konsul.
    Brawne Lamia sah vom Rest ihres Frühstücks auf. »Benares, auch als Varanasi oder Gandhipur bekannt. Hindu-Freistaat. Teil des Zweiten Asiatischen Wirtschaftspakts nach dem Dritten Chinesisch-Japanischen Krieg. Beim begrenzten Schlagabtausch der indo-russischen Moslemrepubliken zerstört.«

    »Ja«, sagte Weintraub. »Die Benares wurde einige Zeit vor dem Großen Fehler erbaut. Mitte zweiundzwanzigstes Jahrhundert, würde ich schätzen. A. Bettik hat mir gesagt, dass es ursprünglich eine Levitationsbarke gewesen ist …«
    »Sind die EM-Generatoren noch da unten?«, unterbrach ihn Oberst Kassad.
    »Ich glaube, ja«, sagte Weintraub. »Neben dem Hauptsalon auf dem untersten Deck. Der Boden des Salons besteht aus durchsichtigem lunarem Kristall. Sehr hübsch, wenn wir in zweitausend Metern Höhe kreuzen würden – aber so recht nutzlos.«
    »Benares«, überlegte Martin Silenus. Er strich mit einer Hand zärtlich über die von der Zeit gedunkelte Reling. »Dort wurde ich einmal ausgeraubt.«
    Brawne Lamia stellte die Kaffeetasse weg. »Alter Mann, wollen Sie uns weismachen, Sie wären so alt, dass Sie sich noch an die Alte Erde erinnern können? Hören Sie, wir sind keine Narren.«
    »Mein liebes Kind«, strahlte Martin Silenus, »ich versuche gar nicht, Ihnen etwas weiszumachen. Ich dachte mir nur, es könnte unterhaltsam – und nützlich und erleuchtend – sein, wenn wir irgendwann einmal Listen mit allen Orten austauschen, an denen wir entweder geraubt haben oder beraubt worden sind. Da Sie den unfairen Vorteil haben, als Tochter eines Senators geboren zu sein, gehe ich davon aus, dass Ihre Liste viel distinguierter sein wird – und viel länger.«
    Lamia öffnete den Mund zu einer Antwort, runzelte die Stirn – und sagte nichts.
    »Ich frage mich, wie dieses Schiff nach Hyperion gelangt ist«, murmelte Pater Hoyt. »Warum sollte jemand eine Levitationsbarke auf eine Welt bringen, wo die EM-Ausrüstung nicht funktioniert?«
    »Sie würde schon funktionieren«, sagte Oberst Kassad.
»Hyperion hat ein elektromagnetisches Feld. Man kann sich nur nicht darauf verlassen, dass es etwas in der Luft hält, weil es sehr schwach ist.«
    Pater Hoyt zog eine Braue hoch; er vermochte offenbar nicht, den Unterschied zu sehen.
    »He«, rief der Dichter von seinem Platz an der Reling, »die ganze Bande ist da!«
    »Und?«, sagte Brawne Lamia. Ihre Lippen wurden jedes Mal zu einer kaum zu erkennenden Linie, wenn sie mit Silenus sprach.
    »Wir sind alle hier«, sagte der Dichter. »Machen wir mit dem Geschichtenerzählen weiter.«
    Het Masteen sagte: »Ich dachte, wir wären uns einig gewesen, dass wir unsere jeweiligen Geschichten nach dem Dinner erzählen würden.«
    Martin Silenus zuckte mit den Achseln. »Frühstück, Dinner  – wen kümmert das schon? Wir sind zusammen. Wir brauchen keine sechs oder sieben Tage bis zu den Zeitgräbern, oder?«
    Der Konsul überlegte. Zwei Tage, um so weit zu gelangen, wie der Fluss sie befördern konnte. Zwei weitere Tage oder weniger, wenn der Wind günstig stand, auf dem Grasmeer. Und sicher nicht mehr als einen Tag, um die Berge zu überqueren. »Nein«, sagte er. »Nicht ganz sechs Tage.«
    »Nun denn«, sagte Silenus, »fahren wir mit den Geschichten fort. Außerdem gibt es keine Garantie, dass das Shrike nicht erscheint, bevor wir an seine Tür klopfen. Wenn diese Gutenachtgeschichten in irgendeiner Form dazu beitragen sollen, unser Überleben zu gewährleisten, dann meine ich, sollten wir alle hören, bevor die Erzähler einer nach dem anderen von diesem beweglichen Fleischwolf zerstückelt und gehäckselt werden, den wir unbedingt besuchen möchten.«
    »Sie sind ekelerregend«, sagte Brawne Lamia.

    »Oh, Liebling«, erwiderte Silenus lächelnd, »dieselben Worte hast du gestern Nacht nach deinem zweiten Orgasmus geflüstert.«
    Lamia wandte sich ab. Pater Hoyt räusperte sich und sagte: »Wer ist an der Reihe? Seine Geschichte zu erzählen, meine ich?«
    Das Schweigen zog sich ziemlich in die Länge.
    »Ich«, sagte Fedmahn Kassad schließlich. Er griff in die Tasche seines weißen Gewands und zog einen Papierschnipsel heraus, auf den eine große 2 gekritzelt war.
    »Macht es Ihnen etwas

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