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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Schaltjahre der Zeitschuld getrennt war, konnte sich keine Kolonie oder unabhängige Welt Hoffnungen machen, dass sie der Macht der Hegemonie etwas entgegenzusetzen hatte. Zwischenfälle wie die politische Rebellion auf Maui-Covenant mit ihrem einmaligen Guerillakrieg oder der religiöse Wahnsinn auf Qom-Riyadh wurden rasch und unnachgiebig niedergeschlagen, und jedwede Exzesse bei den Feldzügen betonten nur, wie wichtig es war, zum strengen Kodex des Neuen Bushido zurückzukehren. Doch bei allen Berechnungen und Vorbereitungen von FORCE hatte niemand hinreichend die unvermeidliche Konfrontation mit den Ousters geplant.
    Die Ousters waren die einzige externe Bedrohung der Hegemonie in den vier Jahrhunderten, seit die Vorfahren dieser Barbarenhorden das Sol-System mit ihrer kruden Flotte leckgeschlagener O’Neill-Städte, kreisender Asteroiden und Kometenfarmprototypen verlassen hatten. Auch als die Ousters den Hawking-Antrieb übernahmen, blieb es offizielle Politik der Hegemonie, sie nicht zu beachten, solange ihr Schwarm in der Dunkelheit zwischen den Sternen blieb und sich ihre Beutezüge in Sonnensystemen darauf beschränkten, kleine Mengen Wasserstoff von Gasriesen und Wassereis von unbewohnten Monden zu stehlen.
    Die kleineren Scharmützel im Outback, etwa Bent’s World
und GHC 2990, wurden als für die Hegemonie uninteressante Abweichungen betrachtet. Selbst die erbitterte Schlacht um Lee Drei war als Problem des Kolonialdienstes angesehen worden, und als die Einsatzflotte von FORCE sechs lokale Jahre nach dem Überfall eingetroffen war, fünf Jahre nach dem Rückzug der Ousters, wurden sämtliche Grausamkeiten zugunsten der Überzeugung vergessen, dass sich kein Überfall der Barbaren wiederholen würde, wenn die Hegemonie beschloss, die Krallen zu zeigen.
    In den Jahrzehnten nach Lee Drei fanden Scharmützel zwischen Truppen von FORCE und den Ousters in hundert Grenzgebieten statt, aber abgesehen von den Einsätzen der Marines an schwerelosen Orten im Vakuum kam es nicht zu Infanteriekonfrontationen. Geschichten im Weltennetz betonten: Die Ousters würden nie eine Bedrohung für erdähnliche Welten sein, weil sie sich drei Jahrhunderte lang der Schwerelosigkeit angepasst hatten; die Ousters hatten sich zu etwas mehr – oder weniger – als Menschen entwickelt; die Ousters verfügten nicht über die Farcastertechnologie, würden sie nie bekommen und würden daher auch nie eine Bedrohung für FORCE sein. Dann kam Bressia.
    Bressia war eine der schlauen, unabhängigen Welten, die damit zufrieden war, dass sie bequemen Zugang zum Netz hatte und gleichzeitig acht Monate davon entfernt war, die durch den Export von Diamanten, Burrwurzel und ihrem unvergleichlichen Kaffee reich geworden war, sich listig weigerte, zu einer Kolonialwelt zu werden, aber dennoch vom Protektorat der Hegemonie und dem Gemeinsamen Markt abhängig war, damit sie ihre hochgesteckten wirtschaftlichen Ziele verwirklichen konnte. Wie die meisten derartigen Welten war auch Bressia stolz auf seine Selbstschutztruppe: zwölf Brandschiffe, ein überholter Gefechtsträger, der vor einem halben Jahrhundert von FORCE ausrangiert worden war, etwa vierzig
kleine, schnelle orbitale Aufklärungsflieger, eine Armee aus neunzigtausend Freiwilligen, eine beachtliche Marine, die die Meere befuhr, und ein Arsenal von Kernwaffen, das aus rein symbolischen Gründen aufgebaut worden war.
    Das Hawking-Kielwasser der Ousters war von den Monitorstationen der Hegemonie bemerkt, aber als eine von vielen Schwarmbewegungen fehlinterpretiert worden, die nicht näher als ein halbes Lichtjahr an Bressia herankommen würde. Doch nach einer einzigen Kurskorrektur – die erst entdeckt wurde, als der Schwarm sich bereits im Radius der Oort-Wolke befand – fielen die Ousters über Bressia her wie eine biblische Plage. Ein Minimum von sieben Standardmonaten trennte Bressia von jeder möglichen Rettungsaktion oder Reaktion der Hegemonie.
    Bressias Raumflotte wurde in den ersten zwanzig Stunden der Kampfhandlungen eliminiert. Danach entsandte der Schwarm der Ousters dreitausend Schiffe in den sublunaren Raum von Bressia und begann mit der systematischen Ausschaltung sämtlicher planetaren Verteidigungsmechanismen.
    Die Welt war während der ersten Woge der Hegira von nüchternen Mitteleuropäern besiedelt worden, ihre beiden Kontinente trugen die prosaischen Namen Nordbressia und Südbressia. Nordbressia bestand aus Wüsten, Tundra und sechs größeren Städten, in

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