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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Bushido tot war. Achtzigtausend bestens ausgerüstete und ausgebildete FORCE:Bodentruppen kamen aus ihren Sammelstellen und suchten den Kampf an unbewohnten Schauplätzen. Die Ousterstreitkräfte wichen hinter eine Linie verbrannter Erde zurück und hinterließen Fallen und tote Zivilisten. FORCE benützte Farcaster, um dem Feind den Rückzug abzuschneiden und zum Kampf zu zwingen. Die Ousters reagierten mit Nuklear- und Plasmasperrfeuer und nagelten die Bodentruppen unter Kraftfeldern fest, während die Ousterinfanterie zu vorbereiteten Verteidigungsstellen um Städte und Sammelstellen der Landungsboote herum zurückwich.
    Es gab keine raschen Siege im All, um das Gleichgewicht auf Südbressia zu verschieben. Trotz Ausfällen und gelegentlichen erbitterten Gefechten behielten die Ousters die uneingeschränkte Herrschaft innerhalb von drei AE. FORCE:Weltraum-Einheiten fielen zurück und konzentrierten sich darauf, die Flotte in Farcasterreichweite zu halten und das primäre Sprungschiff zu beschützen.
    Was als Bodenoffensive von zwei Tagen angesetzt war, zog sich dreißig Tage dahin, dann sechzig. Die Kriegsführung war ins zwanzigste oder einundzwanzigste Jahrhundert zurückgeworfen worden: lange, erbitterte Kämpfe in den Ruinen verfallener Städte und über den Leichen von Zivilisten. Die ursprünglichen achtzigtausend Soldaten von FORCE wurden aufgerieben, von hunderttausend weiteren verstärkt und wieder dezimiert, während der Ruf nach weiteren zweihunderttausend hinausging. Nur die grimmige Entschlossenheit von Meina Gladstone und einem Dutzend nachdrücklicher
Senatoren hielt den Krieg am Leben und schickte Tausende von Soldaten in den Tod, während die Milliarden Stimmen des All-Wesens und des KI-Ratskonzils nach einer Beendigung riefen.
    Kassad hatte die veränderte Taktik fast auf der Stelle begriffen. Seine von Straßenschlachten geschärften Instinkte übernahmen die Oberhand, bevor der Großteil seiner Division in der Schlacht vom Steinhaufen ausgelöscht wurde. Während andere FORCE-Kommandanten so gut wie aufhörten zu funktionieren und durch die Verletzung des Neuen Bushido zur Tatenlosigkeit verdammt wurden, opferte Kassad – der den Befehl über sein Regiment und nach der atomaren Bombardierung der Kommandogruppe Delta vorübergehend den Befehl über die Division hatte – Männer, um Zeit zu gewinnen, und forderte den Einsatz von Fusionswaffen, um einen Brückenkopf für seinen Gegenangriff zu schlagen. Als sich die Ousters siebenundneunzig Tage nach der »Rettung« von Bressia zurückzogen, hatte sich Kassad den zweischneidigen Spitznamen »Schlächter von Südbressia« erworben. Ja, man munkelte, dass sogar seine eigenen Soldaten Angst vor ihm hatten.
    Und Kassad träumte von ihr. Träume, die mehr – und weniger  – als Träume waren.
    In der letzten Nacht der Schlacht vom Steinhaufen, in der Kassad und seine Jäger-Killer-Trupps Ultraschall und T5-Gas eingesetzt hatten, um die letzten Kommandos der Ousters aus dem Labyrinth dunkler Tunnel zu vertreiben, schlief der Oberst inmitten von Flammen und Schreien ein und spürte die Berührung ihrer langen Finger auf den Wangen und den sanften Druck ihrer Brüste an seiner Brust.
    Als sie am Morgen nach dem Schlag aus dem Weltall, den Kassad befohlen hatte, in Neu-Wien eindrangen, wobei die Soldaten auf den glasglatten, zwanzig Meter breiten Brandspuren
in die verwüstete Stadt marschierten, hatte Kassad, ohne mit der Wimper zu zucken, die beiden Reihen Menschenköpfe betrachtet, die auf den Gehwegen aufgestellt worden waren, als sollten sie die Befreiungstruppen von FORCE mit ihren vorwurfsvollen Blicken begrüßen. Kassad war in sein Kommando-EMV zurückgekehrt, hatte die Schotten dichtgemacht, sich in der warmen, nach Gummi, überhitztem Plastik und aufgeladenen Ionen riechenden Dunkelheit zusammengerollt und ihr Flüstern über das Murmeln der C3-Kanäle und die Implantatcodierungen hinweg gehört.
    In der Nacht vor dem Rückzug der Ousters verließ Kassad die Stabsbesprechung an Bord der HS Brazil, farcastete in sein HQ in den »Unauslöschlichen« nördlich des Hynetals und fuhr mit dem Befehlshaberwagen zum Berggipfel, um das letzte Bombardement zu beobachten. Der nächste der taktischen Kernwaffenwerfer war fünfundvierzig Kilometer entfernt. Die Plasmabomben erblühten wie orangefarbene und blutrote Blumen, die in einem perfekten Gittermuster gepflanzt worden waren. Kassad zählte über zweihundert tanzende Säulen grünen Lichts, als

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