Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
und glaube, im Wagen etwas Metallisches zu sehen. Etwas, das, na ja, glitzert.«
    »Glitzert?«
    »Glitzert. Ich habe Jessica nach rechts gestoßen und mich fallen gelassen und nach links gerollt. Dann hab ich den Schuß gehört.«
    »Und dann?«
    »Hab ich auf den zweiten Schuß gewartet.«
    »Sie haben gedacht, die schießen auf Sie, oder?«
    »Ich wußte, die schießen auf irgendwen. Also hab ich da gelegen und gehofft, das nächste, was ich höre, wäre, wie der Lincoln abrauscht. Aber ich habe gar nichts gehört. Dann hab ich nachJessica geschaut. Sie hockte auf Händen und Knien wie ein Sprinter im Startblock. Sie hat aber auch nach irgendwas gestarrt. Ich hab geschaut, wohin sie blickt, und sehe Jack, den toten Türhüter.«
    Knox nickte nachdenklich und wandte sich an Jessica Carver: »Sie waren auf Händen und Knien?«
    Sie sagte ja.
    »Gesicht zur Straße?« sagte er.
    »Gesicht zur Straße.«
    »Was haben Sie gesehen?«
    »Ich habe gesehen, daß das hintere Fenster vom Lincoln ungefähr drei Viertel unten war. Irgendwas kuckt aus dem Fenster raus – was Dunkles. Einmal ist Licht draufgefallen. Reflektiert. Dann hab ich einen roten Blitz gesehen und den Knall gehört. Ich hab zu Partain gekuckt, der versucht, Pfannkuchen zu spielen. Als ich wieder zum Lincoln sehe, fährt der schon weg – nicht schnell, nicht langsam, ganz normal.«
    Knox setzte sich wieder an den alten Küchentisch. »Es sind genau zweiundvierzig Meter von der Fahrerseite der Limousine bis zu Jack dem Türhüter. Es ist dunkel, aber jede Menge künstliches Licht. Der einzige Schuß hat Jack mitten in den Hinterkopf getroffen und einiges von seinem Gehirn weggeblasen. Sie waren in der Army, Mr. Partain. Wie würden Sie diese Art Schuß nennen?«
    »Expertenarbeit – falls der Schütze das getroffen hat, was er treffen wollte.«
    »Soweit wir das klären konnten«, sagte Knox, »war der arme Jack kurz vor dem Außentelefon, als es ihn erwischt hat. Sie haben Ms. Carver geschubst, sich dann fallen lassen und sind zu einem Punkt etwa zweieinhalb Meter von Jack entfernt gerollt. Ms. Carver kniet um die anderthalb bis zwei Meter von Ihnen weg, schaut auf eine Limousine, einen Fahrer, einen Schützen aufdem Rücksitz und einen netten langsamen Aufbruch. Was sagt Ihnen all das?«
    »Daß es Profiarbeit war.«
    »Noch mal zurück«, sagte Jessica Carver. »Der Lincoln stand da mit laufendem Motor, ne Dreiviertelstunde oder Stunde. Die hätten Jack jederzeit erschießen können. Aber sie haben gewartet, bis sie Publikum hatten.« Sie schaute Partain an. »Sie und mich.«
    Knox beugte sich ein paar Zentimeter mehr zu Partain hin. »Für mich ergibt das nur einen sehr schrägen Sinn, Partain. Ergibt es für Sie einen Sinn?«
    »Überhaupt keinen«, sagte Partain.

21. Kapitel
    Nach ihrer Forelle und seinem Lamm bei Morton’s lehnten Millicent Altford und Vernon Winfield ein Dessert dankend ab, bestellten aber Espresso und Cognac. Während des Essens waren nacheinander ein Produzent, ein Regisseur, ein Agent und drei Schauspielerinnen bei ihnen stehengeblieben, um sich an der Neubesetzung des Weißen Hauses zu weiden, einen wirklich herben Bush-Witz zu erzählen, herauszufinden, wie gut Altford den neugewählten Präsidenten kannte, und zu fragen, ob sie der Regierung angehören würde.
    Altford stellte allen den General vor, grinste über den Bush-Witz, behauptete, den neugewählten Präsidenten seit sieben oder acht Jahren zu kennen, und sagte, sie lege überhaupt keinen Wert darauf, nach Washington zu gehen. Bei den Vorstellungen hatte sich der General sechsmal halb erhoben, freundlich gelächelt und ansonsten den Mund gehalten.
    Altford nippte an ihrem Nachtisch-Cognac und sagte: »Zwei von den Jungs haben für Bush gestimmt, der Agent für Perot, die Frauen alle für den Sieger.«
    »Woher weißt du, wie sie abgestimmt haben?«
    Sie lächelte. »Ich weiß es eben.«
    Der General beendete seinen Cognac, musterte das Tischtuch einige Zeit, blickte dann auf und fragte: »Habe ich dir je erzählt, wie großstädtischer Politfilz es mir möglich gemacht hat, im Zweiten Weltkrieg an der Einberufung vorbeizukommen?«
    Sie lächelte und schüttelte knapp den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Daran würde ich mich erinnern.«
    Einige Sekunden vergingen, in denen der General über ihre linke Schulter in eine Vergangenheit zu spähen schien, die fast fünfzig Jahre zurücklag. »Seit ich vierzehn war«, sagte er, »ist bei mirimmer der Teufel los gewesen.

Weitere Kostenlose Bücher