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Die indische Erbschaft

Die indische Erbschaft

Titel: Die indische Erbschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sein!“
    „Eben darum! Denn ich möchte es auch in Zukunft bleiben.“
    „Mein Gott“, sagte sie kläglich und den Tränen nah, „was soll ich denn tun?“
    Für einen Augenblick sah es so aus, als würde er sie in die Arme nehmen und streicheln, aber er bremste die Bewegung ab und ließ die Hände sinken: „Gar nichts, Lottekind“, sagte er fast zärtlich.
    „Aber ich will doch arbeiten!“ rief sie, „ich habe ja auch meine Stellung bei Bouterweque wieder auf genommen!“
    „Was du nicht sagst!“ rief er mehr ironisch als überrascht, „Arbeit schändet auch Millionärstöchter nicht... Oh, die Jungens vom ,Nacht-Expreß’ werden dir dankbar sein, daß du sie mit solch rührenden Lesebuchgeschichten versorgst. Nun sag bloß noch, was zahlt dir dein Mosjöh Buttersemmel dafür, daß sein Saftladen durch dich doppelte und dreifache Umsätze machen wird?“
    „Mein Gott“, stammelte sie so verwirrt, daß er sich für seinen Spott ein wenig schämte, „daran habe ich nicht gedacht...“
    „Das ist dein einziger Fehler, Lottekind, — du denkst dir immer zu wenig dabei.“
    „Um es kurz zu machen“, sagte sie, ohne das Gesicht zu heben, „du willst, daß wir uns trennen...“
    Er suchte einen Augenblick nach einer Spitzfindigkeit, die den Begriff des Wollens mildern sollte, aber er unterdrückte diese Anwandlung und schwieg.
    Sie wartete sekundenlang, und ihre Lippen begannen zu zucken: „Nur noch eine Frage, Helmuth — liebst du mich noch?“
    „Wenn ich jetzt nein sage, dann täte ich uns beiden wahrscheinlich einen Gefallen, aber du wüßtest genauso gut wie ich, daß es gelogen ist. Natürlich liebe ich dich. Aber das steht zwischen uns nicht mehr zur Diskussion. Geh! Geh schnell!“
    Charlotte drehte sich langsam um und ging zur Tür. „Du bist ein Riesenidiot!“ sagte sie laut und deutlich, bevor sie die schwere und hohe Tür hinter sich zuschmetterte. Helmuth Krönlein zerbröselte die Zeichenkohle zwischen seinen Fingern.
    „Ich fürchte fast, daß du recht hast, mein Liebling“, murmelte er bekümmert.
    Es schlug von der Michaelskirche zwölf, als Charlotte wieder heimkam.

9.

    Pünktlich um dreiviertel acht stand der Chauffeur von Oskar Vollrath, Heinrich Wuttig, mit dem Wagen vor dem Haus. Martha atmete erleichtert auf, als das Hupensignal ertönte.
    Die Villa, vor dem der Wagen nach einer knapp viertelstündigen Fahrt hielt, lag auf der halben Höhe eines kräftig ansteigenden Hügels, der zu den besten und teuersten Baugründen der Stadt gehörte. Inmitten von Obstbäumen, die auf den ehemaligen Weinbergsterrassen üppig gediehen, lagen auf dem Südwesthang mit dem Blick auf den Strom und die bewaldeten Höhenzüge ein Dutzend Villen, die nach wohlerworbenen Vermögen aussahen. Wuttig hupte ein verabredetes Signal, — kurz, kurz — Licht flammte auf, die spiegelnde Tür öffnete sich, und Oskar Vollrath, Wilhelms Chef, stand dick und wuchtig auf dem obersten Treppenabsatz zum Empfang der Gäste bereit. Hinter ihm erschien ein junges Mädchen in weißem Schürzchen und Häubchen. Heinrich Wuttig rannte um den Wagen herum und öffnete den Schlag, die Mütze stramm in der Hand, als lüde er den Bundespräsidenten aus.
    „Meine Damen, mein lieber Herr Ströndle, lieber junger Freund!“ Oskar Vollrath beugte sich über Marthas Hand, sah Charlotte mit einem Blick an, als müsse er ein bewunderndes „Donnerwetter!“ unterdrücken, schüttelte Wilhelm Ströndles Rechte mit kräftigem Druck und schlug Werner herzlich auf die Schulter: „Seien Sie mir willkommen! — Los, Anne, ein bißchen fix! Die Mäntel von den Damen! — Darf ich bitten, meine Frau erwartet Sie.“
    Das Mädchen verschwand mit den Mänteln in einem Garderobenraum der weitläufigen Diele, um die sich eine breite, schöne Treppe herumschwang. Rechts befand sich ein offener Kamin mit ein paar tiefen Ledersesseln und einer blitzenden Fußstange aus Messing, geradeaus unter dem vergitterten Treppenpodest, der zu den Räumen des oberen Stockwerks führte, schimmerte Licht durch die grüne Bespannung einer Glastür, die Oskar Vollrath weit in einen großen Wohnraum öffnete. Sie standen vor einem Zimmer, dessen Boden mit rosenholzfarbenem Velours ausgelegt war. In der Mitte stand ein mächtiger schwarzer Tisch mit acht hochlehnigen Stühlen, rechts an der Wand eine riesige Couch aus schwerem, rötlichem Seidendamast, davor ein eleganter niedriger Glastisch von kostbaren Sesseln umgeben. Man übersah fast die kleine

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