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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Haarmann
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-funktionen:
finn.
kaula
‹Nacken›,
leuka
‹Kiefer›,
hammas
‹Zahn›,
ranne
(Handgelenk),
karva
‹Körperhaar›,
napa
‹Bauchnabel›,
reisi
(Schenkel),
koipi
‹oberer Teil des Beins (von Tieren)),
perna
‹Milz›; finn. hiki ‹Schweiß›,
hilse
‹Schuppe (Stück trockene Haut)),
virtsa
‹Urin›.
Die Ausbildung der Regionalkulturen in Europa
    Die Ausgliederung des Indoeuropäischen in Regionalkulturen und Sprachzweige war ein langwieriger, kontinuierlich von Osten nach Westen verlaufender Prozess. Die Regionalkulturen entwickelten sich in der Folgezeit nicht in Isolation, sondern standen in regen Wechselbeziehungen untereinander (Abb. 13). Spätere Verschiebungen brachten slawische Bevölkerungsgruppen nach Ost- und Südosteuropa, Kelten nach Westen und auf die britischen Inseln, Germanen ins nördliche Skandinavien. Auf dem Balkanbildeten sich der thrakische und illyrische Komplex aus sowie die mazedonische Regionalkultur in enger Assoziation mit der griechischen. In Süditalien entwickelte sich ein Ableger der illyrischen Sprachkultur, die messapische.
    Griechisch und Mazedonisch. Die mit der zweiten (3500–3200 v. Chr.) und dritten Kurgan-Migration (ca. 3100–2800 v. Chr.) nach Südosteuropa gelangten Indoeuropäer entwickelten dort erst im Kontakt mit der vor-indoeuropäischen Bevölkerung (von den Griechen «Pelasger» genannt) ihr kulturelles Erbe weiter zum Griechentum. Ältere Vorstellungen, wonach «die Griechen» von Norden her in ihre Heimat eingewandert wären, sind inzwischen aufgegeben worden. Die formative (helladische) Periode des Griechentums reicht bis ins ausgehende 3. Jahrtausend v. Chr. zurück.
    Aus den Kontakten der helladischen Periode erklärt sich, dass die älteste Schicht des bis in die Moderne tradierten griechischen Wortschatzes aus vor-indoeuropäischen Substratwörtern besteht. Dies sind Bezeichnungen für die Fauna und Flora der Ägäis, Fachtermini in Bereichen wie Pflanzenanbau (u.a. Weinbau), Bauwesen (u.a. Hauskonstruktion), Handwerk (u.a. Weberei) sowie Begriffe aus der religiös-kultischen Sphäre. Viele dieser Ausdrücke sind von den klassischen Bildungssprachen als antikes Erbe in die modernen europäischen Sprachen gelangt: z.B. griech.
aroma
‹Duftstoff›,
elaia
‹Olive› (über lat.
oliva
zu dt.
Olive), oinos
‹Wein› (über lat.
vinum
zu dt.
Wein), hyakinthos
‹Hyazinthe›). Indikatoren für vor-griechische Wortbildungsmuster sind Suffixe mit -
nth-
(z.B.
sminthos
‹Maus›) oder -ss- (z.B.
kuparissos
‹Zypresse›)
    Das Griechische ist die älteste indoeuropäische Schriftsprache überhaupt, die früheste überlieferte Sprachform ist das (ostgriechische) Mykenisch, das mit der Silbenschrift Linear B geschrieben wurde. Die älteste mykenische Inschrift (17. Jh. v. Chr.) stammt aus dem Heiligtum von Olympia. Die Schrifttradition des Griechischen ist über mehr als 3500 Jahre hinweg nicht unterbrochen worden. Insgesamt gab es sieben schriftsprachliche Varianten in drei verschiedenen Schriftsystemen.
    Seit Jahrhunderten gibt es den Unterschied zwischen der Hochsprache (Katharevussa) und der Volkssprache (Dimotiki), einer Weiterentwicklung der in hellenistischer Zeit entstandenen Allgemeinsprache Koiné. Die seit Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. verwendete klassische attische Schriftsprache dagegen war eine künstlich wiederbelebte, nicht mehr gesprochene Variante des Altgriechischen. Seit den 1970er Jahren ist die Katharevussa endgültig und offiziell von der Dimotiki verdrängt worden.
    13 Die frühe Ausgliederung von Sprachzweigen des Indoeuropäischen in Europa (nach Herrmann 1986: 13, ergänzt)
Das in der Karte verzeichnete Venetisch ist nicht identisch mit der venetischen Regionalkultur im Nordosten Italiens (s.u. «Slawen» und «Veneter»).
    Die
Schrifttradition des Griechischen
17.–12. Jh. v. Chr.: Mykenisch-Griechisch in Linear B (adaptiert vom altkretischen Schriftsystem Linear A)
11.–3. Jh. v. Chr.: Kyprisches Griechisch in kyprisch-syllabischer Schrift
8.–4. Jh. v. Chr.: Altgriechisch in regionalen Varianten (in Alphabetschrift)
2. Hälfte des 4. Jh. v. Chr. – 4. Jh. n. Chr.: Koiné, die gemein-griechische Schriftsprache der hellenistischen Periode
5. Jh. n. Chr. – 1453: Mittelgriechisch/Byzantinisch
Mitte des 1. Jh. v. Chr. bis Neuzeit: Klassische attische Schriftsprache/Katharevussa
seit dem 17. Jh.: Griechische Volkssprache (Dimotiki)
    Die phonetischen Besonderheiten, die das

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