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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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den weiten Himmel. Sie nisteten zu Abertausenden in den Felsen.
    Die Hügel waren steil und ihre Kuppen kahl, aber sie schützten den größten Teil der Insel vor dem Seewind. Im Schutz der Hügel hatte sich nach Westen hin ein großer und dichter Wald gebildet. Er schien die ganze nördliche Hälfte der Insel zu bedecken.
    Die drei spähten nach Zeichen menschlichen Lebens. Für einen Moment dachten sie, es würde an einigen Stellen Rauch über dem Wald aufsteigen, aber dann erkannten sie, daß es sich nur um Nebelschwaden handelte. Es war entmutigend.
    Marguerite setzte sich erschöpft und bekümmert ins Gras. Diese Insel war ein Alptraum ohne Hoffnung.
    »Sieh nur, Marguerite, dort muß es einen Bach geben!«, rief Henri plötzlich.
    Marguerite stand auf und suchte den Waldrand ab. Tatsächlich, da glitzerte es silbern durchs Blattwerk! Das konnte, nein, das mußte ein Bach sein! Sie wäre am liebsten sofort losgelaufen, aber Damienne bestand darauf, eine Pause zu machen: »Wer weiß, was uns da unten erwartet. Wir müssen etwas essen, um bei Kräften zu bleiben.«
    Also rasteten sie eine Weile und aßen etwas von dem Zwieback, der immer noch leidlich trocken war, doch Damienne hielt den Krug mit Branntwein verschlossen: »Es bleibt dabei, der ist nur für Notfälle - und für den Tag unserer Rettung.«
    Rettung - was für ein schönes Wort! Sie waren so sehr damit beschäftigt, ihr Überleben zu sichern, daß sie den Gedanken, es könne jemand kommen und sie aus dieser Hölle erlösen, vorübergehend fast vergessen hatten. Aber natürlich: Ein Schiff am Horizont wäre besser als jeder Bach, den sie auf diesem elenden Eiland finden konnten!
    Unwillkürlich suchten sie das Meer nach einem Segel ab. Doch der ganze weite Atlantik lag unberührt und verlassen vor ihnen und nur große, dunkle Wolkenfelder zogen darüber hinweg.
    »Was ist das, dort im Süden? Ist das Land? Meine Augen sind nicht mehr so gut. Ist das Land?«, fragte Damienne auf einmal.
    »Das könnte die Baccalaos sein oder es sind Wolken«, sagte Henri.
    »Kannst du uns ein Boot bauen und uns dort hinbringen, Henri? In das Dorf der Fischer?«
    »Wie soll ich uns denn ohne Werkzeug ein Boot bauen?«
    »Wir haben ein Messer«, wandte Damienne ein.
    »Damit kann man weder Bäume fällen noch Planken zusägen.«
    »Aber ein Floß werdet ihr doch wohl hinbekommen, Herr Leutnant?«
    »Und damit über den Atlantik? Gegen die Strömung? Da kann ich uns genauso gut umbringen!« Henri hatte sich vor Damienne aufgebaut und sah sie zornig an.
    »Daß Ihr das könnt, glaube ich sogar«, blitzte Damienne, die keinen Zentimeter zurückwich.
    »Hört endlich auf! Alle beide!«, rief Marguerite dazwischen. Tränen standen ihr in den Augen. Die beiden Menschen, die ihr die liebsten auf der Welt waren, trennte eine Kluft, die tiefer war als der Atlantik.
    »War nicht so gemeint«, murmelte Damienne.
    Henri drehte sich um und ging ein paar Schritte den Hügel hinab. Marguerite konnte sehen, daß er mit sich kämpfte.
    Er fühlt sich für alles verantwortlich, dachte sie, dabei ist es doch genauso meine Schuld wie seine.
    Henri kam zurück. »Nun, das mit dem Floß, das könnten wir versuchen, später«, sagte er, »aber erst mal brauchen wir Trinkwasser und einen geschützten Platz für die Nacht, am besten in der Nähe des Bachs.«
    Also brachen sie auf und stiegen den Hügel hinab. Es war ein mühsamer Weg. Es gab keinen Pfad oder Wildwechsel, dem sie hätten folgen können. Der Boden war uneben und voller Löcher und sie mußten auf jeden ihrer Schritte achten, denn ein Sturz in dieser Wildnis konnte fatale Folgen haben.
    Die Sonne hatte sich gegen die schnell wandernden Wolken durchgesetzt und auf der windabgewandten Seite der Hügel wurde es langsam wärmer. Das Gelände wurde ebener, es gab weniger Dornbüsche und das Gras wurde saftiger. Mücken tanzten über den Wiesen - ein schönes, ein friedliches Bild. Endlich erreichten sie den Waldrand. Sie hörten den Bach, noch bevor sie ihn sahen. Marguerite ließ ihre Lasten einfach ins Gras fallen und lief los. Die andern beiden folgten ihr im Laufschritt.
    Der Bach war weder besonders breit noch sehr tief und floß schnell dahin. Große, von der Strömung rund geschliffene Felsen säumten das Ufer und bildeten knapp oberhalb der Stelle, der die drei sich näherten, einen kleinen Wasserfall, nicht viel höher als einen Meter. Die drei hatten jedoch keine Augen für die Schönheit des Fleckens. Sie knieten sich ans Ufer

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