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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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und schöpften mit den Händen Wasser, als hätten sie seit Wochen nichts mehr zu trinken bekommen. Henri steckte sogar den Kopf ganz hinein und schüttelte sich danach wie ein nasser Hund. Marguerite und Damienne schrien hell auf - und dann lachten sie, alle drei, sie lachten laut und fröhlich, so als lagerten sie auf einem Sommerausflug an einem der kleinen Bäche ihrer Heimat.
    Später ruhten sie sich aus. Immer wieder tranken sie von dem frischen, köstlichen Wasser. Dann entdeckte Henri einen Fisch.
    »Den gibt es zum Abendessen«, verkündete er übermütig.
    »Eine gute Idee, Herr Leutnant!«, lobte Damienne. »Aber wie wollt Ihr ihn fangen? Oder wollt Ihr ihn erschießen?«
    »Ich fange ihn mit bloßen Händen.«
    »Das will ich sehen!«
    Henri zog seine Schuhe aus und stieg ins kalte Wasser. Er versuchte, den Fisch in die Enge zu treiben. Als er fast keine Ausweichmöglichkeit mehr hatte, schossen Henris Hände blitzschnell ins Wasser und - griffen ins Leere. Die Forelle war längst auf der anderen Seite des Bachs. Damienne lachte und Henri begann seine Manöver von vorn, trieb die Forelle ans seichte Ufer, wo sie kaum Fluchtmöglichkeiten hatte, und packte - wieder ins Leere.
    »Komm, wir helfen ihm, oder hast du keinen Hunger?«, rief Marguerite.
    Voller Tatendrang krempelte Damienne sofort Rock und Ärmel hoch und machte sich mit Marguerite und Henri auf die Jagd. Doch die Forelle ließ sich auch von drei Beinpaaren im Wasser nicht aus der Ruhe bringen. Sie schwamm nicht davon, sondern zog weiter ihre Kreise in unmittelbarer Nähe ihrer Jäger. Das Glück war vorerst auf ihrer Seite, immer wieder entzog sie sich mit zwei oder drei Flossenschlägen dem Zugriff. Einmal hatte Marguerite sie schon in der Hand - aber die Gejagte drehte sich und glitt der Jägerin wieder aus den Fingern. Allmählich wich die gute Laune dem Hunger.
    »So geht es nicht«, stellte Damienne schließlich fest.
    »Habt Ihr eine bessere Idee, Madame?«
    »Bei uns in der Normandie haben die Fischerbuben, die noch zu klein waren, um mit hinaus aufs Meer zu fahren, am Ufer Fische mit einer Lanze gejagt.«
    »Aber wir haben keine Lanze, Madame.«
    »Ein spitzer Stock tut es auch, Monsieur. Seid nicht so einfallslos!«
    Henri lief rot an, aber er nickte. Er fand einen jungen Baum mit schlanken Asten dicht am Ufer und schnitt drei junge, gerade Triebe ab, jeder etwas über einen Meter lang, und spitzte sie sorgfältig an.
    »Macht es nicht so spannend, Herr Leutnant, ich habe Hunger«, drängte Damienne.
    Die Forelle kreuzte unterdessen gemächlich weiter durch ihr Revier. Aufreizend langsam schwamm sie auf Henri zu, wie um seine Füße aus der Nähe zu betrachten. Dann sauste etwas dicht neben ihr ins Wasser. Blitzschnell wich sie aus, doch von einer anderen Seite schoß etwas tödlich Spitzes in den Bach auf sie zu, wieder und wieder. Vier-, fünfmal konnte sie ausweichen, doch schließlich war es Henris Lanze, die sie erwischte und durchbohrte - und das war ihr Ende.
    Während Marguerite und Henri Holz sammelten, entzündete Damienne auf der Wiese am Waldrand ein Feuer. Für eine Weile vergaßen sie, daß sie noch einen Unterschlupf für die Nacht brauchten. Die Aussicht auf eine warme Mahlzeit verdrängte den Gedanken daran vollkommen.
    Damienne nahm den Fisch fachgerecht aus und bald stieg ihnen ein verlockender Duft in die Nase. Die Forelle briet auf der Lanze, die sie erlegt hatte, und sie sahen schweigend zu, bis Damienne verkündete, der Fisch sei gar. Die drei machten sich gierig über ihre Portion her. Es schmeckte furchtbar! Die überdreht gute Laune, die sie nach ihrem Jagderfolg beherrscht hatte, war verflogen. Ungesalzen und ungewürzt war dies alles andere als ein Festmahl - und satt wurde auch keiner der drei.
    »Wir sollten gleich noch eine erlegen«, murmelte Henri.
    »Das sollten wir«, sagte Damienne, »doch wir müssen uns allmählich auch Gedanken machen, wo wir die Nacht verbringen.«
    Sie waren sich schnell einig, daß sie in der Nähe des Baches bleiben wollten. Der Vortag und der Morgen hatten ihnen gezeigt, wie dringend sie Wasser zum Überleben brauchten. Tiefer in den Wald hinein, der über ihnen in den Himmel ragte, wollten sie nicht vordringen. Sie kannten die fremdartigen Nadel- und Laubbäume nicht, und sie wußten nicht, welche Tiere dort leben mochten. Sie folgten dem Bach stromaufwärts in östlicher Richtung und hielten sich dabei an seinem Südufer. Auf ihrer Seite standen nur vereinzelt Bäume, so

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