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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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bitte so etwas nicht«, bat Marguerite.
    Bis jetzt hatten sie es vermieden, die Ereignisse der vergangenen Nacht anzusprechen, und Marguerite wollte auch nicht darüber nachdenken. Sie war schon froh, daß die gräßliche Stimme nicht mehr zu hören war.
    »Nun, entweder sind wir zu dumm, diese Büchse zu finden, oder wir können sie nicht finden, weil sie jemand weggenommen hat«, sagte Damienne nachdenklich.
    »Ach, wer sollte sie denn genommen haben?«, fragte Henri unwirsch.
    Die Antwort war naheliegend. Alle drei dachten an die seltsam lachenden Dämonen. Marguerite fragte sich allerdings, was Dämonen mit einer Arkebuse anfangen sollten. Es mußte eine andere Erklärung geben.
    »Vielleicht gibt es doch noch andere Menschen auf diesem Eiland«, sagte sie.
    »Warum sind sie dann nicht zu uns gekommen?«, fragte Damienne .
    »Wir haben sie vielleicht erschreckt.«
    »Das ist möglich«, sagte Damienne. »Die Fischer haben erzählt, daß die Wilden sehr scheu sind.«
    »Wir sollten sie suchen«, meinte Marguerite.
    »Wenn es sie überhaupt gibt«, sagte Henri. »Ich habe gehört, wie Kapitän de Sauveterre sagte, die Insel sei unbewohnt.«
    »Auf jeden Fall kommen wir nicht weiter, wenn wir hier in der Gegend herumstehen«, sagte Damienne. »Arkebuse hin oder her, wir müssen aufbrechen.«
    Widerwillig stimmte Henri ihr zu. Sie hatten schon zu viel Zeit verloren. Sie brauchten Wasser, ein besseres Lager und frische Nahrung - das alles duldete keinen Aufschub. Sie kehrten zum Lagerplatz zurück und sammelten ihre wenigen Habseligkeiten ein. Für den Transport opferte Damienne einen ihrer Unterröcke. Sie riß ihn entzwei und knotete aus den Teilen zwei Beutel. In den einen packten sie den Zwieback und einen Teil der Munition, in den anderen die andere Hälfte der Munition und die Kugeln. Diesen Beutel nahm Henri an sich; Damienne schulterte den anderen.
    »Und was nehme ich?«, fragte Marguerite.
    »Du trägst den Branntwein und zwei Büchsen. Die dritte nimmt unser tapferer Arkebusier, nehme ich an.«
    »Ich kann auch alle drei Büchsen tragen«, sagte Henri.
    »Und wie wollt Ihr schießen, wenn Ihr beladen seid wie ein Packesel?«
    »Ein Arkebusier trennt sich nicht gern von seiner Waffe«, sagte Henri.
    »Streng genommen gehören die Waffen nicht Euch, sondern dem König von Frankreich, also stellt Euch nicht so an, Herr Leutnant«, erwiderte Damienne verärgert.
    »Damienne hat recht«, sagte Marguerite. »Außerdem wird es Zeit, daß du uns das Schießen beibringst.«
    »Das Schießen? Das ist Soldatenhandwerk!«
    »Und?«, fragte Damienne spitz.
    »Auf jeden Fall ist es Männersache! Frauen und Schußwaffen - Ihr habt ja gesehen, was passiert ist, Madame!«
    »Das wäre nicht passiert, wenn ich gewußt hätte, wie man mit so einem Ding umgeht!«
    »Es muß ja nicht jetzt sofort sein«, sagte Marguerite besänftigend. »Aber es wäre besser, wenn wir schießen lernten. Oder willst du jede Nacht Wache halten?«
    »Meinetwegen«, lenkte Henri ein, »trotzdem ist es Männersache.«
    »Und was ist mit Jeanne d’Arc? Die hat die Engländer wohl mit dem Kochlöffel bekämpft.«
    »Das war eine Ausnahme«, brummte Henri.
    »Wir müssen los«, unterbrach Marguerite den heraufziehenden Streit.
    Damienne seufzte und schluckte ihre Antwort herunter. Dann brachen sie endlich auf. Sie verließen die kleine Mulde, die ihnen in der vergangenen Nacht so wenig Schutz geboten hatte. Ihr Weg führte sie wie schon am Vortag hügelaufwärts. Der Hügel erschien ihnen jetzt weniger steil als zuvor, aber es war doch schon fast Mittag, als sie seine Kuppe erreichten.
    Da lag es nun zu ihren Füßen, das Eiland, das die Fischer »Insel der Dämonen« nannten. Es war größer, als sie geglaubt hatten. Hinter ihnen lag das Südkap der Insel, mit der sandigen Bucht und dem trockenen Heckenland, das nur etwa ein Zehntel der Insel ausmachte. Sie erstreckte sich so weit nach Norden, daß sie das andere Ende gar nicht erkennen konnten. Sie waren auf der sanft ansteigenden Südwestseite des Hügels aufgestiegen, aber nach Osten, zum endlosen Atlantik hin, brach die Anhöhe steil ab. Große Klippen waren dort der Küste vorgelagert und sorgten für eine weiße, tobende Brandung. Die Kette der Anhöhen zog sich an der Ostküste weit nach Norden und schien immer höher und steiler zu werden. Sie konnten bizarre Felsformen ausmachen, die die Hügel krönten und wie Ruinen zerstörter Burgen aussahen. Große Scharen von Seevögeln bevölkerten

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