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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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knickten die Vorderbeine weg. Er rappelte sich noch einmal auf. Henri feuerte die zweite Büchse ab. Einen dritten Schuß brauchte es nicht - der Elchbulle war tot.
    Nackt umstanden sie das Tier und bestaunten die mächtigen Geweihschaufeln. Obwohl er gerade aus dem Wasser gekommen war, empfand Marguerite den Geruch des Bullen plötzlich als unglaublich widerlich, und sie mußte sich übergeben.
    »Was ist mit dir, Liebste?«, fragte Henri besorgt.
    »Nur die Aufregung. Es geht schon wieder«, murmelte Marguerite. Tatsächlich war der Anflug von Übelkeit schon wieder vergangen. Sie half Henri, das Tier zu häuten und zu zerteilen. Dann schleppten sie nach Hause, was sie tragen konnten. Sie zogen erneut los und beim zweiten Mal schloß sich Damienne ihnen an, nur so konnten sie die enorme Masse Fleisch fortbringen.
    »Dieses Mal wird unsere Räucherhütte richtig voll«, sagte Damienne nach dem Abendessen.
    »Ja«, sagte Marguerite, die kaum etwas gegessen hatte.
    Damienne hatte es bemerkt, aber nichts gesagt, weil Henri dabeisaß. Sie wartete, bis er wie jeden Abend seine Büchse genommen hatte und auf den Signalberg verschwunden war.
    »Hast du wieder dieses seltsame Gefühl?«, fragte Damienne Marguerite, die auf einem Holzstumpf saß und in die Flammen starrte. Sie schreckte aus Gedanken hoch.
    »Es ist nicht so ein Gefühl, es ist immer da und doch nicht - ich kann es nicht erklären.«
    »Henri hat erwähnt, daß dir am See schlecht geworden ist.«
    »Ja, das war komisch. Mir wurde auf einmal übel und dann war es wieder gut. Vielleicht habe ich etwas Falsches gegessen.«
    »Vielleicht«, sagte Damienne. Dann setzte sie sich Marguerite gegenüber und nahm ihre Hand: »Sag mal, Marguerite, wie lang ist es eigentlich her, daß du, du weißt schon ...«
    Marguerite wußte es aber nicht.
    »... seit du das hattest, worüber wir normalerweise nicht sprechen?«
    Marguerite runzelte die Stirn. Damienne sprach in Rätseln.
    »Du meinst, seit ich das letzte Mal gebadet habe?«
    »Nein, ein Bad ist etwas, worüber wir durchaus sprechen dürfen, Marguerite«, antwortete Damienne ungeduldig. »Ich meine, wie lang ist es her, daß dir das widerfahren ist, was nur uns Frauen einmal im Monat widerfährt.«
    Jetzt verstand Marguerite. Sie rechnete nach: Auf der Insel noch gar nicht, zuletzt auf der Seereise, und das war . Sie wurde blaß: »Neun Wochen«, flüsterte sie. »Es ist fast neun Wochen her.«
    »Dann, mein Liebe«, stellte Damienne fest, »bist du höchstwahrscheinlich schwanger.«
Monate
     
    »Wie ist denn das passiert?«, rutschte es Marguerite heraus.
    »Na, das dürftest du wohl besser wissen als ich«, grinste Damienne, doch sofort wurde sie wieder ernst. »Es gibt eben Sünden, die schon auf Erden Folgen haben. Und ihr zwei habt ja keine Gelegenheit ausgelassen.«
    »Wir lieben einander, das ist keine Sünde«, verteidigte sich Marguerite.
    »Mein Gott, niemand hat was dagegen, daß ihr einander lieb habt, aber mußtet ihr ständig ...«
    »Sei so gut und erspar mir die Predigt!«, unterbrach sie Marguerite.
    Damienne seufzte: »Verzeih, mein Engel, aber ich mache mir Sorgen. Weißt du denn nicht, wie gefährlich das ist? Hier in der Wildnis, ohne Arzt, ohne Hebamme, ohne geistlichen Beistand. Es sterben schon daheim in Frankreich genug Frauen im Kindbett. Denk nur an deine arme Mutter! Aber hier?«
    Marguerite starrte ins Feuer. Ohne Zweifel, es gab bessere Zeiten und Orte, um ein Kind auszutragen.
    »Und jetzt?«, fragte sie leise.
    »Bekommst du ein Kind und wirst nicht mehr gefragt, ob du willst oder nicht. Diese Frage ist dir früher gestellt worden. Und da hast du Ja gesagt, denke ich. Sonst wäre es nicht dazu gekommen.«
    »Meine Güte, ich bekomme ein Kind«, murmelte Marguerite, und allmählich begriff sie den Sinn dieser Worte.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Damienne, doch ehrliche Freude schien in ihr nicht so recht aufkommen zu wollen.
    An diesem Abend beteten die beiden Frauen lange für ein glückliches Ende dieser Geschichte, bevor sie sich zur Ruhe begaben. Sie verbrachten die Nächte immer noch in der alten Laubhütte, denn sie war weniger stickig als ihr neues Heim, dessen Mauern immer noch nicht ganz getrocknet waren. Henri kam erst den Signalhügel herab, als es schon finster war. Er legte sich neben Marguerite und streckte sich aus. Marguerite wartete, bis sie das Gefühl hatte, daß er entspannt war, dann legte sie ihren Kopf auf seine Brust.
    »Liebster«, sagte sie.
    Henri

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