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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Damienne, die sich immer noch standhaft weigerte, ein Gewehr abzufeuern, ging dieses Mal mit, bestand aber darauf, daß sie nur im Süden jagten.
    »Da erlegen wir bestenfalls ein Dämonenhuhn«, sagte Marguerite, »das reicht doch nur für drei oder vier Tage!«
    »Dann schieß eben zwei, dann reicht es für eine Woche! Ich will nicht erleben, daß du dich in deinem Zustand mit einem ausgewachsenen Elch anlegst.«
    Marguerite erlegte einen Truthahn. Das Fleisch reichte für vier Tage. Dann kam Damienne auf die Idee, es oben am Mückensee mit Eislochfischen zu versuchen - bei einsetzendem Tauwetter nicht ganz ungefährlich, aber sie brachte eine Forelle mit nach Hause, und damit hatten sie der Insel Nahrung für einen weiteren Tag abgerungen.
    Es wurde allmählich wärmer, aber es blieb ungemütlich. Tagsüber gab es meist Regen oder Schneeregen und nachts Frost, aber es meldeten sich auch die ersten Drosseln mit hellem Schlag zu Wort.
    »Es wird Frühling, selbst auf dieser verfluchten Insel«, stellte Damienne eines Abends zufrieden fest.
    »Viel länger ertrage ich dieses trübe Wetter auch nicht mehr, Damienne. Und diese Schwangerschaft auch nicht! Ich wollte, das Kind wäre schon da!«
    »Ich auch, mein Lämmchen, ich auch. Aber bald hast du es überstanden. Noch drei oder vier Wochen, dann dürfte es so weit sein.«
    Damienne lächelte - aber sie hatte Angst. Eine Schwangerschaft war eine heikle Sache und der gefährlichste Moment war und blieb die Geburt. Marguerites Mutter war im Kindbett gestorben, wie viele andere Frauen auch. Auch für die Kinder waren die ersten Stunden die gefährlichsten. Wie oft hatte sie schon erleben müssen, daß ein Kind tot zur Welt kam oder zu schwach war, um mehr als ein paar Tage zu überleben! Und das in Frankreich, wo es Arzte gab und - noch viel wichtiger - Hebammen. Hier auf der Insel gab es nur sie, Damienne Lafleur, Tochter eines Fischers aus der Normandie. Ihr war klar, welche Verantwortung auf ihren Schultern lastete. Sie war bei einigen Geburten dabei gewesen, aber sie war keine Hebamme. Sie kannte einige Grundregeln, aber sie hatte keine Ahnung, was sie machen würde, wenn irgend etwas schiefging - und es konnte so viel passieren! Damienne betete jeden Abend länger als sonst, vor allem zur Heiligen Anna, der Schutzheiligen der Schwangeren, und bat um Beistand für Mutter und Kind.
    Anfang April war auch der Saint-Laurent-Strom endlich eisfrei. Die Kolonisten von France-Roy waren am Ende ihrer Kräfte. Sie hatten viele ihrer Kameraden in der hart gefrorenen Erde begraben müssen, und es war allen, selbst de Roberval, klar, daß sie keinen weiteren Winter überstehen würden.
    Sie kratzten an Vorräten zusammen, was sie entbehren konnten, und schickten Paul d’Aussillion de Sauveterre mit der Anne nach Frankreich. Er sollte dem König Bericht erstatten, vor allem aber dringend um Hilfe bitten, denn ohne weitere Unterstützung aus Frankreich war die Kolonie verloren. De Sauveterre nahm den Weg über Saint-Jean, wo er seine Vorräte aufstockte. Auf die Idee, die Fischer um Hilfe für ihre Landsleute zu bitten, kam er nicht.
    Weit entfernt und doch gleichzeitig spürte Marguerite starke Wehen, aber es waren wieder nur Vorwehen. »Das kann sich noch zwei oder drei Wochen hinziehen, aber tröste dich, bald hast du es geschafft.«
    »Hoffentlich«, stöhnte Marguerite, »hoffentlich.«
    Die Wehen kamen und gingen, aber das Kind kam nicht. Zwei aufreibende Wochen zog sich das so hin, dann wurden die Wehen so stark, daß Marguerite meinte, jetzt müsse es aber wirklich so weit sein.
    »Noch nicht ganz, Lämmchen, aber wir sollten uns allmählich auf die Geburt vorbereiten.«
    Im Grunde genommen gab es nicht viel, was sie tun konnten. Sie hatten nicht einmal die Möglichkeit, eine größere Menge Wasser heiß zu machen.
    »Ich kann nur den Wasserkrug bereitlegen und ihn heiß machen, wenn es so weit ist - das muß genügen«, mutmaßte Damienne.
    Marguerite versuchte, ihren Tag weiterhin so normal wie möglich zu gestalten. Sie ging sogar mit Damienne in den Wald, um Feuerholz zu sammeln: Ein Weg, der immer weiter wurde, und da ihnen die Axt fehlte, mußten sie das nehmen, was sie am Boden fanden und was morsch war. Die nähere Umgebung ihrer Hütte hatten sie längst abgegrast.
    Als die beiden Frauen eines Tages mit Holz beladen auf dem Heimweg waren, zuckte Marguerite plötzlich zusammen.
    »Was ist? Wieder Wehen?«
    »Oh, Damienne, ich glaube, es geht los.«
    »Aber das ist

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