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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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die Enttäuschung darüber war ihr deutlich anzumerken.
    Dann wandte sie sich an den Boten: »Wollt Ihr nicht eintreten, Messieurs? Joseph kümmert sich um die Pferde.«
    Der alte Diener hatte mit Marguerite in der Küche gesessen und war gemächlich hinter ihr hergeschlurft, nachdem es am Tor gepocht hatte. Jetzt war auch er endlich angekommen und übernahm die Zügel.
    Marguerite führte den Boten und seinen Begleiter in die Halle, wo eine neugierige Damienne auf sie wartete.
    »Nun, wenn Euer Onkel nicht zugegen ist, dann ist es wohl am besten, ich überbringe Euch die Botschaft seiner Majestät.« Der Bote öffnete eine Pergamentrolle und verlas: »Wir, François I. von Frankreich - ist es Euch recht, Mademoiselle, wenn ich die Titel Seiner Majestät überspringe? Es ginge dann schneller. Gut. Also: Wir, François I. von Frankreich und so weiter und so fort, möchten unsere ausdrückliche Mißbilligung aussprechen gegen die Unternehmungen des Jean-François de La Roque Sieur de Roberval, insbesondere gegen das Ausrauben der Schiffe, die unter Flagge und Schutz unseres Cousins Heinrich VIII. von England segeln. Es betrübt uns zu hören, daß die Schiffe unseres Cousins auf den Meeren durch Akte der Piraterie seitens französischer Seeleute nicht sicher sind. Auch bedauern wir aufs Äußerte die finanziellen Einbußen, die unser Cousin durch die Taten des Sieur de Roberval hinnehmen, und die Schmach, die die englische Seemacht durch ihre diversen Niederlagen im Kampf mit dem Schiff des Vorgenannten erleiden mußte. Wir verurteilen seine Taten auf das Schärfste und fordern die sofortige Einstellung aller Seeräuberei durch ihn und den Seigneur de Lartigue. Gezeichnet: François I. von Frankreich und so weiter und so fort.«
    Der Bote rollte das Pergament wieder ein und winkte seinen schweigsamen Begleiter mit dem verdeckten Korb heran. Marguerite und Damienne sahen einander an. Beide waren blaß geworden. Was stand ihnen nun wohl bevor?
    Der Bote räusperte sich: »Als Zeichen seiner Mißbilligung hat mich Seine Majestät gebeten, Euch ... das heißt ... eigentlich Eurem abwesenden Onkel, diesen Präsentkorb zu überreichen.«
    Der Schweigsame schlug die Decke zurück. Zum Vorschein kam ein großer Korb, randvoll gefüllt mit Weinflaschen, Brot, Schinken, Würsten, Käse und anderen Köstlichkeiten. Marguerite und Damienne waren fassungslos.
    Damienne faßte sich als Erste: »Mein Gott, ist das ein Schinken aus Parma?«
    »Möglich, Madame. Seine Majestät haben offenbar keine Kosten und Mühen gescheut, ihrem gerechten Zorn Ausdruck zu verleihen«, sagte der Bote mit einem verschmitzten Lächeln.
    So erfuhr der Abendbrottisch im Hause de Roberval durch die Mißbilligung des Königs eine unerwartete, aber durchaus willkommene Bereicherung.
    »Wenn dein Onkel noch etwas von dieser köstlichen Pastete will, muß er sich beeilen«, schmunzelte Damienne, als sie sich nach und nach durch die Köstlichkeiten kostete.
    »Er ist jetzt schon bald drei Monate auf See. Ob er wohlauf ist?«
    »Die Engländer beschweren sich über ihn - also muß es ihm gut gehen.«
    »Trotzdem mache ich mir Sorgen, Damienne.«
    »Um deinen Onkel mußt du dich nicht sorgen, Lämmchen. Der kann sehr gut auf sich selbst aufpassen.«
    Aber auch Damienne machte sich Sorgen, wenn auch weniger um den Onkel als um ihren Schützling. Entgegen ihrer Hoffnung dauerte der Briefwechsel zwischen Marguerite und Henri immer noch an und - noch schlimmer! - sie war über den Inhalt der Briefe nicht im Bilde. Marguerite hatte das selbstlose Angebot der Hausdame, die gefährlichen Briefe für sie sicher zu verwahren, rundweg abgelehnt und Damienne Neugier unterstellt. Lächerlich! Sie war doch nicht neugierig, nicht im Geringsten, aber sie mußte doch zum Besten ihres Lämmchens wissen, was in diesen Briefen stand!
    Trotz all ihrer Bemühungen war es ihr auch nicht gelungen herauszufinden, wo Marguerite die Briefe versteckte. Wo sollte das nur hinführen, wenn das Küken schlauer war als die Henne? Damienne mußte versuchen, aus kleinen Zeichen herauszudeuten, was die Briefe enthalten mochten. Da Marguerite einen zufriedenen, an Freitagen sogar glücklichen Eindruck machte, insgesamt aber ruhig und ausgeglichen wirkte, nahm Damienne an, daß Henris Briefe nicht besonders aufregend sein konnten. Und ihr Lämmchen selbst würde niemals über die Grenzen des Anstandes hinausgehen.
    Damienne wußte nicht, wie falsch sie mit dieser Annahme lag. Nach den ersten

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