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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Sonnenaufgang.«
    »Der Bote!«
    »Gut, weck mich, wenn der Bote kommt.«
    »Der Bote von Henri! Was wird der Onkel sagen?«
    »Der Onkel?«
    Mit einem Mal war auch Damienne hellwach. Sie setzte sich auf.
    »Es wäre nicht gut, wenn dein Onkel den Boten zu Gesicht bekäme.«
    »Eben! Du mußt mir helfen!«, flehte Marguerite verzweifelt.
    »Ich? Dir helfen? Bei deinen Liebesgeschichten?«
    »Der Onkel bringt ihn um, wenn er es erfährt!«
    Damienne seufzte: »In Gottes Namen - was soll ich also tun?«
    Am nächsten Morgen hielt sich Damienne ungewöhnlich kurz beim Frühstück auf. Sie erklärte dem Koch, daß sie dringend frische Luft brauche und ein wenig spazieren gehen wolle. Marcel blickte aus dem Fenster. Draußen ging heftiger Schneeregen nieder.
    »Frische Luft? Bei dem Wetter bist du drinnen doch wohl besser aufgehoben.«
    »Ach, ich bin doch nicht aus Zucker!«, entgegnete Damienne.
    »Das hat ja auch niemand behauptet, trotzdem: In deinem Alter kannst du dir bei diesem Wetter den Tod holen!«
    »Ich bin Anfang vierzig!«, empörte sich Damienne, »was heißt denn da Alter?«
    »Ich meine es ja nur gut!«, murmelte Marcel.
    »Danke, mein Freund, ich weiß deine Fürsorge für eine alte Frau zu schätzen. Ich gehe trotzdem spazieren!«
    »Tu, was du nicht lassen kannst. Ich werde jetzt das Frühstück für den Herrn vorbereiten. Für den Fall, daß er sich die Zeit nimmt. Vielleicht geht er auch wieder ohne Frühstück aus dem Haus, wie früher.« Marcel seufzte. Er würde nie begreifen, wie man den Tag ohne ein gutes Frühstück beginnen konnte.
    Damienne starrte den Koch an: Er hatte etwas gesagt, was weder sie noch Marguerite bedacht hatten. Es war möglich, daß de Roberval das Haus verließ, um zum Kontor zu gehen. Wenn es das Unglück wollte, dann zu der Zeit, zu der der Bote erwartet wurde. Der kam meistens zwischen neun und zehn. De Roberval durfte den Boten auf keinen Fall zu Gesicht bekommen! Aber wann würde er aufstehen? Er hatte keine regelmäßige Zeit. Ging er früh zu Bett, stand er früh auf. Hatte er am Abend lange gearbeitet, konnte es später werden.
    Gestern war er früh schlafen gegangen. Also stand er vermutlich auch früh auf. Andererseits: Vielleicht wollte er nach seiner anstrengenden Reise ausschlafen? Es machte sicher müde, Schiffe zu plündern.
    Damienne unterdrückte einen undamenhaften Fluch. Es war zum Verrücktwerden! Es half alles nichts, sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, warf ihren Winterschal um und verließ das Haus. Der Schneeregen wurde von einem nasskalten Wind getrieben. Sie fror auf der Stelle. Aber es mußte sein. Sie trat vor das Tor und spähte die Straße hinauf und hinab. Kein Mensch weit und breit.
    »Sehr vernünftig«, murmelte sie. »Keinen Hund schickt man bei dem Wetter auf die Straße! Nur mich!«
    Für gewöhnlich kam der Bote die Straße aus Richtung der Kirche heraufgeritten. Damienne beschloß, ihm ein Stück entgegenzugehen. An der ersten Abzweigung machte sie halt. Sie wußte nicht genau, welchen Weg der Bote nahm. Normalerweise würde er sicher direkt aus Richtung Kirche kommen, denn das war der kürzeste Weg. Aber was, wenn er einen Umweg machte? Am Ende hatte er irgendwo ein Liebchen in der Stadt, bei dem er jetzt gerade im warmen, trockenen Bett lag, während Damienne allmählich zum Eiszapfen erstarrte!
    Sie seufzte, dann suchte sie sich unter einem Mauervorsprung ein halbwegs trockenes Fleckchen und wartete. Wenn sie schlechte Laune hatte, konnte sie ein Gesicht machen, das sogar die Milch sauer werden ließ, wie Marcel stets behauptete. Dann ließ man sie besser in Ruhe. Falls einer der wenigen Passanten, die an diesem nasskalten Tag durch die Straßen hasteten, sich über sie wunderte, dann behielt er es für sich.
    Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Damienne den Hufschlag eines Pferdes hörte - und es war wirklich Korporal Hermès. Sie hastete auf die Straße und stellte sich ihm in den Weg.
    »Ihr laßt Euch Zeit heute, Herr Korporal.«
    »Ich hatte gehofft, dieses Sauwetter würde irgendwann nachlassen, Madame Lafleur, aber meine Gebete wurden nicht erhört.«
    »Sehr bedauerlich«, sagte Damienne, »wirklich sehr bedauerlich.«
    »Und ihr? Spazieren an so einem Tag, Madame?«
    »Genau, Herr Korporal, ich bin an der frischen Luft, weil heute so ein schöner Tag ist. Natürlich nicht, Esel! Ich bin hier, um
    Euch abzufangen. Ihr müßt mir den Brief für Mademoiselle geben.«
    »Euch? Ich habe strikte Anweisung, die Schreiben

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