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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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das Standgericht und läßt ihn erschießen.«
    »Er darf es nie erfahren!«
    »Natürlich nicht, mein Lämmchen, er wird es auch nie erfahren. Nicht von mir und nicht von dir. Schon, weil ja gar nichts passiert ist, nicht wahr?«
    »Wenn ich nur wüßte, was mit ihm ist, warum er sich nicht meldet! Kein Brief, kein Wort - ihm muß etwas zugestoßen sein!«
    »Ach was, er kann schon auf sich aufpassen. Paß auf, wenn du mir versprichst, mit dem Weinen aufzuhören, jetzt zu schlafen und morgen ordentlich zu essen, dann will ich zum Quartier der Soldaten gehen und Nachforschungen anstellen - diskret natürlich.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Am nächsten Morgen stand Damienne zeitig auf, spazierte in der Dämmerung zum Hafen und kaufte etwas Fisch, wieder nur Hering, dann weiter hinauf zum Markt, wo sie Schinken und ein Dutzend Eier erstand. Dann machte sie einen kleinen Umweg am Quartier der Arkebusiere vorbei. Sie machte einem ziemlich verschlafenen Hauptmann de Pousier ihre Aufwartung, schenkte ihm die Eier und den Schinken für ein ordentliches Frühstück und erkundigte sich ganz beiläufig nach dem Verbleib des Leutnants.
    »Nun, Madame«, gähnte de Pousier, »wie Ihr vorgeschlagen hattet, habe ich ihn nach Honfleur geschickt. Jetzt ist hier endlich Ruhe.«
    Gewaschen und rasiert hat sich der Hauptmann heute wohl noch nicht, dachte Damienne, dann blickte sie dem Hauptmann tief in die Augen und sagte sehr bestimmt: »Ihr seid zu bescheiden, Hauptmann, das war ganz allein Eure und zudem eine wirklich glänzende Idee.«
    »Ach, tatsächlich, meine Idee?«, murmelte der Hauptmann verblüfft. »Nun, wenn Ihr das sagt, Madame ...«
    Auf dem Heimweg betete Damienne zum Himmel, daß der Hauptmann sich nie verplappern möge. Allerdings ist er ja eher ein schweigsamer und bedächtiger Mensch oder vielmehr ein maulfauler Langweiler, den niemand freiwillig nach irgend etwas fragt, dachte sie. Doch wie sollte sie Marguerite die Nachricht überbringen? Sie schüttelte den Kopf. Was sie nicht alles auf sich nahm, um ihr Lämmchen zu schützen! Sie hätte natürlich gar nicht zum Hauptmann gehen müssen, schließlich wußte niemand besser als sie, warum Henri so plötzlich verschwunden war. Andererseits hatte sie gelernt, daß man bei einer guten Lüge möglichst nah an der Wahrheit bleiben mußte. Jetzt konnte sie ganz wahrheitsgemäß berichten, daß sie bei den Soldaten gewesen war und den Hauptmann beiläufig nach dem Leutnant gefragt hatte. Damienne seufzte. Wenn Abbé André das alles zu hören bekäme - wieder eine Beichte, die sich lohnen würde!
    Während sie sich noch in Gedanken zurechtlegte, wie sie Marguerite die Neuigkeiten unterbreiten würde, wurde ihr kleiner Plan von einem Reiter durchkreuzt.
    Marguerite saß in der Nähstube, den Stickrahmen in der Hand. Allerdings stickte sie nicht, sondern starrte gedankenverloren ins Leere. So saß sie eigentlich schon, seit Damienne das Haus verlassen hatte.
    Plötzlich hörte sie den Hufschlag eines Pferdes auf der Straße. Ihr Herz schlug schneller. Schon oft hatte sie dieses Geräusch vernommen, immer gehofft und, wenn der Hufschlag allmählich in den engen Gassen verhallt war, die Enttäuschung nur um so schlimmer empfunden. Doch dieses Mal zügelte der Reiter sein Pferd vor dem Haus. Marguerite hörte, wie er absprang. Dann klopfte es an die Pforte.
    Eigentlich wäre es die Aufgabe des alten Joseph gewesen zu öffnen, aber so viel Zeit hatte Marguerite nicht. Sie stürmte zum Tor und mußte sich sehr beherrschen, um es nicht jubelnd aufzureißen. Vor dem Tor stand - nicht Henri, aber ein Korporal der Arkebusiere. Er zog seinen gefiederten Hut, verbeugte sich und sagte: »Ich habe hier ein Schreiben für eine Mademoiselle de La Roque de Roberval, von Leutnant Fourraine.«
    Mit zitternden Händen riß Marguerite dem Soldaten das Papier aus der Hand.
    »Ich nehme an, Mademoiselle, daß Ihr das seid«, sagte der Soldat halb verblüfft und halb belustigt. Marguerite hörte es nicht, denn sie überflog bereits die Zeilen.
    »Verehrte Mademoiselle de La Roque, unser Hauptmann, der Holzkopf, hat mich abkommandiert nach Honfleur. Ich soll mit ein paar Männern das Lagerhaus dort bewachen. Da es fast leer ist, haben wir wenigstens ein trockenes Quartier. Unterwegs hat es geregnet. Für Euch, die Ihr meine Sonne seid, würde ich bis ans Ende der Welt gehen. Ein elender Marsch war das! Ich finde hier auf Papier nicht die Worte, um zu sagen, was ich für Euch empfinde,

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