Die Insel der Dämonen
untergräbt. Jetzt sagt Ihr, wir sollen auf demselben Schiff segeln? Ich wollte ihn auf die Valentine schicken.«
»Aber Herr Hauptmann, wie wollt Ihr denn Zeit für andere Dinge finden, wenn Ihr der einzige Offizier an Bord der Anne seid?«
»Andere Dinge?«
»Nun, vielleicht liegt Euch daran, neben Eurem Dienst auch ... sagen wir ... Konversation mit Mitreisenden zu pflegen.«
»Mitreisenden?«, echote der Hauptmann.
»Zum Beispiel mit mir«, sagte Damienne endlich. Der Hauptmann war einfach zu begriffsstutzig, um ihre zarten Andeutungen zu verstehen.
»Mit Euch?« »Wie sollen wir Zeit für unsere angenehmen Gespräche finden, Herr Hauptmann, wenn Ihr rund um die Uhr im Dienst seid?«
»Ach so!« Endlich war dem Hauptmann ein Licht aufgegangen. Er war zwar verwirrt, aber Madame Lafleurs Argumente hatten ihn doch irgendwie überzeugt. Er setzte den Leutnant auf die Passagierliste der Anne.
»Hast du etwas erreicht?«, fragte Marguerite, als Damienne wieder zu Hause war.
»Was die Aufträge betrifft, leider nicht, aber vielleicht eine andere Kleinigkeit.«
»Oh, es ist einfach ungerecht, daß Henri all diese Aufträge ausführen muß und sein Hauptmann auf seinem fetten Hintern sitzt und nichts tut!«
»Erstens redet man so nicht über das Hinterteil anderer Leute, zweitens ist das des Herrn Hauptmann gar nicht so fett, und drittens ist es das Vorrecht der Hauptleute, auf ihrem Allerwertesten zu sitzen und ihre Untergebenen die Arbeit machen zu lassen.«
Marguerite seufzte: »Meinetwegen. Aber ungerecht ist es doch!«
»Möchtest du nicht wissen, was die andere Kleinigkeit ist?«
»Oh ja, natürlich!«
»Nun, es ist vielleicht gar nicht so wichtig«, lächelte Damienne .
»Nun sag schon!«
»Es geht um die Frage, wer auf welchem Schiff fährt, aber da es dich ja nicht sonderlich zu interessieren scheint, kann ich dir das auch später erzählen«, sagte Damienne und gähnte ausgiebig.
»Oh, bitte, nun sag schon!«
»Ich sollte mich vielleicht ein bißchen hinlegen, ich bin so müde.«
»Damienne!«
Damienne lächelte, nein, grinste vielmehr. Es war ein altes Spiel zwischen den beiden. Damienne hatte Marguerite damit früher zur Weißglut getrieben. Wie lange sie das schon nicht mehr gemacht hatte, dachte sie plötzlich. Aus dem kleinen Mädchen war eine junge Frau geworden. Zur Weißglut bringen konnte sie sie trotzdem noch.
»Es sieht so aus, als würde ein gewisser Leutnant Fourraine ... Sag mal, hat es gerade geklopft?« Mit gespielter Unschuld drehte sich Damienne zur Tür.
»Nein, hat es nicht!«, rief Marguerite.
»Mir war so .«
»Damienne Lafleur!«
»Ist ja gut! Dein Henri wird mit bei uns an Bord der Anne sein.«
Marguerite verschlug es vor Freude die Sprache. Dann fiel sie Damienne um den Hals. Selten hatte Damienne sie glücklicher erlebt.
Es waren immer noch einige Wochen bis zur geplanten Abreise - Wochen, in denen Henri nicht da war. Marguerite war froh darüber, daß es Ablenkung gab. Es wurde nämlich allmählich ernst mit der Abreise, und ihr Onkel forderte sie auf, auch ihre persönlichen Reisevorbereitungen zu treffen.
»Es werden sicher mehrere Jahre vergehen, bis wir nach Frankreich zurückkehren«, sagte er. »Nimm alles mit, was du brauchst. Aber auch nur, was du wirklich brauchst, denn der Platz an Bord unserer Schiffe ist knapp bemessen.«
Also begann Marguerite, ihre Habseligkeiten zu ordnen. Das war schwieriger als gedacht. Zunächst sortierte sie aus, worauf sie leichten Herzens verzichten konnte: Geschirr, Vasen, aber auch Kleidung, die sie nicht mehr trug.
»Sehr schön«, lobte Damienne, »wenn du nicht mehr mitnehmen willst, wirst du alles unterbekommen, denke ich.«
»Aber das sind die Dinge, die ich nicht mitnehmen will!«
»Oh«, sagte Damienne nur und verschwand mit einem Grinsen.
Einige Tage später brachte ein Wagen einige Seekisten zum Stadthaus der de Robervals. Sieben schwere, eisenbeschlagene Holzkisten, gezimmert für lange Reisen auf See.
»Mit sieben Kisten komme ich aus«, sagte Marguerite erleichtert.
»Ich fürchte, Mademoiselle, nur drei sind für Euch bestimmt«, sagte Marcel, der die Matrosen beim Verteilen der Kisten beaufsichtigte.
»Und was ist mit den anderen?«
»Die sind für Madame Lafleur« - in Gegenwart von Fremden gab sich Marcel immer förmlich - »und für mich.«
»Nur drei? Das wird nie im Leben genügen!«
Es gab so viel mitzunehmen: vom Federbett bis zum Kamm, vom Waschzuber bis zum Handtuch, von der Seife bis
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