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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Kabine, Mademoiselle.«
    »Meine Kabine?«
    »Die Eure und die von Madame Lafleur.«
    »Aber sie ist winzig!«
    »Sehr gemütlich«, meinte Damienne spöttisch.
    »Es tut mir leid, Mademoiselle, aber der Platz auf einem Schiff ist begrenzt«, sagte der Matrose.
    »Sind denn die Kabinen der anderen Mitreisenden auch so klein?«
    »Die meisten Passagiere haben gar keine Kabine, Mademoiselle.«
    Die Kabine lag auf der Steuerbordseite des Schiffes und war wirklich nicht sehr groß. Aber immerhin war Platz für zwei Schlafkojen und das Gepäck.
    »Mehr Kisten hätten wir wirklich nicht packen dürfen«, sagte Damienne. »Aber immerhin haben wir ein Fenster.«
    »Haben denn nicht alle Kajüten ein Fenster?«
    »Die Kajüten schon, aber unten, unter Deck, wo die Matrosen, Soldaten und die Sträflinge schlafen, da gibt es sicher keines.«
    »Wie entsetzlich!«
    »Nun, es wird keine Vergnügungsreise. Wir segeln über das Weltmeer. Gewisse Annehmlichkeiten müssen da zurückstehen. Also sei dankbar, daß wir überhaupt eine Kajüte haben!«
    »Und Henri?«
    »Den wirst du schon noch zu Gesicht bekommen. Allerdings glaube ich nicht, daß er eine eigene Kajüte haben wird. Er wird bei seinen Männern unter Deck schlafen.«
    Damienne behielt recht: Der Leutnant hatte eine Hängematte unten bei seinen Kameraden. Es ging dort sehr beengt zu. Die Hängematten waren im Unterdeck paarweise übereinander und Seite an Seite gespannt. Neunzig Mann teilten sich den niedrigen Raum, der nicht mehr als sechzehn Meter in der Länge und zehn in der Breite maß. Wer Glück hatte, bekam einen Platz neben den Halterungen für die Kanonen, denn da hatte er nur einen Nachbarn, der ihm nachts den Ellbogen in die Rippen stoßen konnte. Normalerweise war die Anne mit insgesamt sechs Geschützen bestückt, allesamt im Achterkastell. Für ein Handelsschiff - und als solches war sie gebaut worden - war dies eine übliche Zahl. Jetzt waren die Plätze für die Kanonen leer.
    Im Vorderkastell waren die mitreisenden Frauen einquartiert. Es waren die Ehefrauen von Sträflingen, die ihren Männern freiwillig in die Neue Welt folgten, siebzehn an der Zahl. Man hatte sie absichtlich von ihren Ehemännern getrennt untergebracht; de Roberval hielt das für sicherer. Frauen an Bord eines Schiffes sorgten immer für Unruhe. Viele Matrosen glaubten sogar, sie brächten Unglück. Andere mochten nach Wochen auf See beim Anblick einer Frau auf dumme Gedanken kommen. Nein, es war besser, die Frauen von der Besatzung - und auch von ihren Männern - zu trennen, da waren de Roberval und Kapitän de Xaintonge einer Meinung. Zumal gerade unter den Sträflingen der eine oder andere zweifelhafte Charakter vermutet werden mußte. Es waren zwar nur wenige Mörder und Räuber darunter - darauf hatte de Roberval geachtet -, aber nichtsdestotrotz waren es Zuchthäusler: Menschen, die ein Verbrechen begangen hatten.
    Im Moment waren sie unter Deck, bewacht von Soldaten, und immer noch in Ketten. Erst auf hoher See, wenn an Flucht nicht mehr zu denken war, würde man sie von ihren Eisen befreien.
    Neben den Sträflingen gab es auch einige Passagiere an Bord der Anne, die die gefährliche Reise freiwillig unternahmen. Da war Robert Rambures, ein fetter Kaufmann aus Calais, der auf neue Handelsmöglichkeiten und große Reichtümer hoffte. Doktor Jerome d’Athies war ein Arzt aus Rennes, der sich gegen ein stattliches Honorar zu diesem Abenteuer bereit erklärt hatte. Und dann war da noch Abbe Charles, ein hagerer Kapuziner, der für das Seelenheil der Passagiere sorgen sollte. Es gab auch einige junge Adelige, die sich mit auf die Fahrt wagten, doch die waren auf der Valentine und der Leche-Fraye untergebracht, allesamt Glücksritter, ihre Familien ebenso vornehm wie arm -, und de Roberval wollte aus naheliegenden Gründen vermeiden, daß diese jungen, romantischen Burschen auf demselben Schiff fuhren wie seine Nichte.
    Rambures, d’Athies und Abbe Charles sowie Hauptmann de Pousier genossen das Privileg einer eigenen Kabine. Die große Kabine achtern gehörte der Tradition gemäß eigentlich dem Kapitän des Schiffes, aber de Xaintonge hatte sie für de Roberval, den zukünftigen Vizekönig von Neufrankreich, geräumt und mit der kleineren Kabine seines Ersten Offiziers vorliebgenommen. Dieser wiederum hatte den Steuermann aus seiner Kajüte verdrängt, der seine Hängematte nun im unteren Deck aufspannen mußte. Jener wiederum hatte keine Zeit, sich darüber zu beklagen, denn die

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