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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Tage konnte sie antworten. Aber das änderte nichts an ihren Gefühlen - eine Tatsache, die Damienne von Woche zu Woche schwerer im Magen lag. Bald würden sie in die Neue Welt aufbrechen, bald würden sich Marguerite und Henri täglich sehen.
    Sie hatte fest vor zu verhindern, daß Marguerite und Henri auf demselben Schiff segelten. Der Hauptmann de Pousier machte ihr - warum auch immer - neuerdings schöne Augen; das ließ sich sicher ausnutzen.
    Sie würden zehn oder zwölf Wochen unterwegs sein, hatte de Roberval gesagt. Wochen, in denen die beiden sich nicht sehen durften. Vielleicht würde das auch die Affäre beenden, die ja noch gar nicht wirklich begonnen hatte. Wenn diese unselige Geschichte nicht spätestens bis zur Landung in Neufrankreich vorbei war, würde es das größte Unglück geben, das war so sicher wie das Amen in der Kirche, glaubte Damienne.
    Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Sie beschloß, eine dritte Person zu Rate zu ziehen. Diese Person mußte vertrauenswürdig und verschwiegen sein und sie durfte nur wenig, oder am besten gar keinen Kontakt zu de Roberval haben. Ihre Wahl fiel auf Abbé André.
    »Vater«, fragte sie ganz unvermittelt inmitten ihrer nächsten Beichte, besser gesagt, während der üblichen Plauderei über die Küche der Normandie, »gesetzt den Fall, Ihr würdet zwei junge Menschen kennen, von denen Ihr der Meinung seid, sie sollten nicht zusammenkommen, weil es ganz sicher das größte Unglück geben würde, mit Mord und Totschlag und so weiter. Was würdet Ihr unternehmen, damit die beiden eben nicht aneinander hängenbleiben?«
    Abbé André stutzte. »Ich kenne kein solches Paar«, entgegnete er nach ein paar Sekunden.
    »Ich sagte ja: gesetzt den Fall!«
    »Hm, kann es sein, daß ich die beiden jungen Menschen vielleicht doch kenne?«
    »Eben sagtet Ihr noch, Ihr kenntet sie nicht.«
    »Madame Lafleur, Ihr werdet spitzfindig. Spitzfindigkeit ist eine Sünde.«
    »Also schön. Es ist möglich, daß Ihr sie kennt.«
    »Also sind es Marguerite de Roberval und dieser junge Leutnant, dessen Namen ich nicht weiß. Ich habe ihn lange nicht in dieser Kirche gesehen ... Es klingt, als hättet Ihr in den vergangenen Beichten das eine oder andere ausgelassen, Madame«, sagte der Abbé.
    »Also gut«, sagte Damienne und setzte daraufhin dem Priester haarklein die ganze Geschichte von vorne bis hinten auseinander. »Bis jetzt konnte ich das Schlimmste verhindern«, schloß sie, »aber spätestens in der Neuen Welt werden sie sich öfter sehen, als es gut für sie ist.«
    »Ich verstehe Eure Sorgen Madame«, sagte der Abbé. »Wenn ich Euch recht verstehe, dann seid Ihr der Meinung, daß der junge Mann nichts taugt?«
    »Der mittellose Sohn eines Tuchhändlers? Ein kleiner Leutnant? Ihr wißt doch, wie die Soldaten sind: untreu, verdorben und immer auf das schnelle Vergnügen aus. Sie mögen tapfer sein, aber mit dem Wort Heirat kann man sie alle in die Flucht schlagen. Außerdem hat er wasserblaue Augen. Man kann niemandem trauen, der wasserblaue Augen hat!«
    »Und Ihr hattet gehofft, in der Zeit der Trennung würden die beiden einander vergessen?«
    »Genau. Aber je länger sie ihn nicht sieht, um so mehr scheint sie ihn zu lieben.«
    »Vielleicht habt Ihr es falsch angefangen, Madame.«
    »So? Habe ich das? Und wie hätte ich es anfangen sollen, Monsieur Abbe?«
    »Wenn er wirklich nichts wert ist, der junge Mann, wie Ihr sagt, wie soll Marguerite es merken, wenn sie ihn nie sieht? Wenn sie nie Gelegenheit hat, sich mit ihm zu unterhalten? Sie scheint ein vernünftiges Mädchen zu sein, Eure Marguerite. Sie wird bald einsehen, daß ein Mann ohne Bildung und Adel nicht der rechte für sie sein kann. Laßt sie ein wenig Konversation betreiben - unter Aufsicht natürlich -, und sie wird sich bald mit ihm langweilen, wenn er so einfältig ist, wie Ihr sagt. Und schon ist das Problem erledigt. Ein Schiff scheint mir für diese Zwecke sogar ideal zu sein: Es ist klein, voller Menschen, und es gibt keinen Ort, an dem sie allein sein könnten. Es kann nichts geschehen, was die Ehre der jungen Dame in Zweifel ziehen würde.«
    Damienne dachte einen Moment über die Worte des Abbe nach. Der Vorschlag klang besser, als sie zugeben wollte. Auf dem Schiff konnte sie die beiden immer und überall im Auge behalten. Und wenn sie die beiden nicht selbst beobachtete, dann war sicher immer ein Matrose oder Passagier in der Nähe, der sie daran hindern würde, einander zu nahe zu kommen. Und

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