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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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der Ehe beieinanderzuliegen wie Mann und Frau. Sie wies sein Drängen ungern, aber entschieden zurück. Henri sah ein, daß sie recht hatte - nicht sofort, aber er sah es ein. Zumindest behauptete er das.
    Die Reise der Flotte verlief ansonsten weitgehend ereignislos. Die einzige Abwechslung im täglichen Einerlei waren die sonntäglichen Messen, die Abbe Charles abhielt, Messen, denen de Roberval nach wie vor fernblieb.
    Fast vier Wochen waren sie nun schon auf offener See und sie waren bislang weder in einen Sturm noch in eine Flaute geraten. Ein stetiger Frühlingswind sorgte für gute, ruhige Fahrt. Wenn es Schwierigkeiten gab, so waren sie von Menschen gemacht. De Roberval führte ein strenges Regiment an Bord der Anne. Einmal ließ er einen Matrosen auspeitschen, weil der ihn nicht wie vorgeschrieben gegrüßt hatte. Er sah darin eine Mißachtung seiner Autorität. Ein anderes Mal wurde einer der Sträflinge für eine ganze Woche im winzigen Bugraum eingesperrt, weil er seinem Nachbarn einen halben Kanten Brot weggenommen hatte.
    Marguerite durfte nicht mehr an Deck, wenn Damienne nicht dabei war, und sie durfte schon gar nicht unter Deck, wo die Matrosen, Soldaten und Sträflinge hausten. So hatte sie nur wenig Kontakt zu den Passagieren des Unterdecks. Wenn sie ihnen einmal auf Deck begegnete, war sie stets freundlich und höflich.
    »Die armen Leute haben ihr altes Leben hinter sich gelassen. Sie sind die ersten Bürger des neuen Frankreich. Wir sollten sie mit Respekt behandeln«, sagte sie, als der Kaufmann Rambures sie einmal beim Abendessen nach ihrer Meinung zu den Sträflingen fragte.
    »Es ist wichtiger, daß sie Respekt vor uns haben«, sagte ihr Onkel. »Sei also nicht zu freundlich zu ihnen! Sie könnten es als ein Zeichen der Schwäche auslegen. Sie müssen uns nicht lieben - es ist sogar gut, wenn sie uns fürchten.«
    Diese Meinung wurde von allen anderen am Tisch geteilt - außer von Marguerite und von Damienne. Sogar der Abbe Charles nickte beifällig. Da Marguerite trotzdem freundlich zu jedermann war, war sie im Unterdeck bald recht beliebt.
    Manchmal wurden ein paar Sträflinge zu einfachen Arbeiten an Deck herangezogen. Eines Tages beobachtete Marguerite einen älteren Mann, der ihr schon mehrfach aufgrund seines ruhigen, aber verbitterten Wesens aufgefallen war und der mit einigen Matrosen das Deck schrubbte. Er stellte sich dabei nicht sehr geschickt an, und Marguerite blieb stehen, um die Szene zu beobachten. Dabei hörte sie, wie einer der Matrosen sagte: »Mich soll der Teufel holen, wenn Ihr Hände zum Arbeiten habt, Monsieur.«
    »Nun, ich gebe zu, daß ich früher selten Decks geschrubbt habe, doch natürlich habe auch ich gearbeitet, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Dann möchte ich mal wissen, welche Art Arbeit das wohl gewesen ist.«
    »Ich handelte mit Büchern, Monsieur.«
    »Ein Buchhändler? So könnt Ihr am Ende gar lesen und schreiben?«
    »Gewiß, Monsieur.«
    »Und was habt Ihr verbrochen, Monsieur Buchhändler, daß Ihr in ein Zuchthaus und jetzt auf dieses Schiff geraten seid?«
    »Mein Name ist Nantes, Monsieur, Raphael Nantes, wenn ich mich vorstellen darf, und ich habe mich des Verbrechens der Leichtgläubigkeit schuldig gemacht.« »Es ist mir neu, daß man dafür in den Kerker geworfen wird, Monsieur Nantes.«
    »Ich habe zusammen mit einem Kompagnon ein Geschäft in Paris geführt. Leider hat sich dieser nach einiger Zeit mit den kostbarsten Büchern und mit der Kasse aus dem Staub gemacht. Da ich unsere gemeinsamen Schulden nicht alleine bezahlen konnte, wurde ich verhaftet und eingesperrt, Monsieur.«
    »Mein Gott, so kann auch ein ehrlicher Mann ins Gefängnis wandern!«
    »So ist es, Monsieur. Ich denke jedoch, daß mir dieser letzte Schritt bei anderer Abstammung erspart geblieben wäre.«
    »Was hat denn die Abstammung damit zu tun?«
    »Seht Ihr, Monsieur, einfache Menschen aus dem Volk, die Schulden machen, die wirft man in den Kerker - die Adeligen mit Schulden, die macht man zu Vizekönigen in der neuen Welt.«
    Erschrocken starrte ihn der Matrose an. Auch den anderen, die dem Gespräch gelauscht hatten, verschlug es die Sprache. Zum Unglück für den Buchhändler hatte auch Hauptmann de Pousier das Gespräch mit angehört und umgehend erstattete er de Robeval Meldung.
    Dieser verkündete noch am selben Tag sein Urteil: Es lautete auf Hochverrat und die Strafe dafür sollte Tod durch Erhängen sein.
    Nach dem Abendessen suchte Marguerite

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