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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Hütten hatten die Fischer gebaut, primitive Verschläge aus rohen Holzstämmen und ohne Fenster.
    »Die meisten von uns schlafen ohnehin lieber auf den Booten«, sagte der Fischer, als er die entgeisterten Blicke von Marguerite und Damienne sah.
    »Wie lange lebt Ihr schon hier, Monsieur?«, fragte Marguerite.
    »Schon lange, Mademoiselle, schon mein Vater und mein Großvater und sogar der Vater meines Großvaters haben diese Gewässer befahren. Hier gibt es mehr Fisch, als wir je werden fangen können.«
    »Ihr räuchert ihn und dann verkauft Ihr ihn in der Heimat, nicht wahr?«, fragte Damienne, die in ihrer Jugend mit einem Fischhändler verheiratet gewesen, also gewissermaßen vom Fach war.
    »Ja, Madame.«
    »Aber wenn Euer Urgroßvater schon hier gefischt hat, dann war er ja hier, bevor Monsieur Cabot diese Insel entdeckt hat«, staunte Marguerite.
    »Gewiß, Mademoiselle«, lächelte der Fischer, »wir waren sogar schon hier, als Monsieur Kolumbus noch ein kleiner Junge war. So erzählte es zumindest mein Großvater.«
    »Nun schneidet mal nicht so auf, junger Mann! Spendiert uns lieber etwas von diesem herrlichen geräucherten Fisch, den ich schon den ganzen Tag lang rieche«, forderte Damienne.
    »Gewiß, Madame«, sagte der Fischer.
    Er verschwand in einer der zahllosen Räucherkammern und kam mit einem riesigen Stockfisch zurück. Ein Baumstumpf diente ihnen als Bank. Damienne verschlang ihre Portion, kaum daß sie sich niedergelassen hatte.
    »Junger Mann, Euer Fisch ist ausgezeichnet, das muß ich zugeben.«
    »Danke, Madame.«
    »Sagt«, fragte Marguerite, »Ihr habt eine Palisade um Euer Dorf errichtet. Sind die Wilden denn so gefährlich?«
    »Nein, Mademoiselle, sie sind eigentlich recht friedlich und gehen uns aus dem Weg. Seltsam sind sie und ihre Bräuche sind fremdartig. Wir nennen sie Rothäute, weil sie ihre nackte Haut mit dieser Farbe bemalen. Ich glaube, sie haben fast noch mehr Angst vor uns als wir vor ihnen. Aber es gibt Bären in diesen Wäldern und die müssen wir von unseren Räucherkammern fernhalten.«
    »Weißt du, Damienne«, sagte Marguerite, als sie später an Bord der Anne zurückkehrten, »ich frage mich, warum wir nicht hierbleiben. Der Hafen ist geschützt, sagen die Seeleute, und offenbar haben die Fischer hier ein gutes Auskommen. Wäre dies nicht ein geeigneter Platz für eine kleine Stadt? Wenn der geräucherte Fisch bei uns daheim so begehrt ist, dann müßte sich doch mit dem Handel gutes Geld verdienen lassen.«
    Damienne sah sie erstaunt an. »Bei allen Heiligen, wie recht du hast! Ich kann mir kaum einen besseren Ort für Handel und Fischerei denken. Allerdings gibt es hier wohl nichts außer Fischen und Bären, und ich glaube, deinem Onkel steht der Sinn nach Höherem. Nach Gold und Silber und großem Reichtum. Reich könnte man hier sicher auch werden, aber nur durch lange, harte Arbeit. Dein Onkel ist wohl mehr darauf aus, sich sein Vermögen standesgemäß mit ruhmreichen Eroberungen zu verdienen. Aber recht hast du schon, aus diesem Nest ließe sich was machen.«
    Zurück an Bord, stellte Marguerite enttäuscht fest, daß Henri inzwischen an Land gegangen war, um mit einigen seiner Männer in den nahen Wäldern zu jagen. Schüsse hallten von den hohen Hügeln wieder. Marguerite dachte an das, was der Fischer gesagt hatte: Es gab Bären in diesen Wäldern. Sie machte sich Sorgen.
    Am frühen Nachmittag kehrten die verschiedenen Trupps nach und nach wohlbehalten von ihren Aufträgen zurück. Die Jäger hatten zwei Rehe erlegt. Die Boote pendelten hin und her und es herrschte reger Betrieb im Hafen. Wasserfässer und Kisten mit geräuchertem Fisch wurden eingeladen. Im Gegenzug gab man den Fischern Geld, aber auch Eier von den Hühnern, die mit auf die Reise gegangen waren. Man überließ ihnen sogar einige Arkebusen zur Verteidigung, auch wenn das Hauptmann de Pousier gar nicht schmeckte.
    De Roberval und Kapitän de Xaintonge hatten alle Hände voll zu tun, um die nötige Ordnung aufrechtzuerhalten. Einige der Fischer hatten ihre Boote dicht an die Schiffe herangesteuert, um direkt mit den Besatzungen Geschäfte zu machen.
    Mitten in dieses große Durcheinander klang plötzlich ein Ruf von Bord der Valentine. Wegen des allgemeinen Lärms verstand man ihn zunächst nicht, doch schien es wichtig zu sein. Die Valentine war als Letzte in den Hafen eingelaufen und lag der schmalen Einfahrt am nächsten. Der Lärm auf den Schiffen ebbte ab, als der Ruf wieder erklang,

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