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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Ast, der im Wasser trieb. Dann, um kurz nach zehn, rief der Ausguck endlich das lang ersehnte Wort: »Land! Land in Sicht!«
    Die Mannschaft und die Reisenden der Anne drängten sich auf dem Vorderdeck. Jeder wollte es mit eigenen Augen sehen. Dann tauchten sie auf, die ersten kahlen, und steilen Hügel von Baccalaos.
    Kapitän de Xaintonge musterte die Küstenlinie sorgfältig und nahm mehrfach Positionsmessungen vor. Er verglich die Küstenlinie mit der Karte, die Cartier angefertigt hatte. Dann ließ er die Flotte nach Süden schwenken. Sie segelten nun dicht unter Land. Die Menschen an Bord konnten sich nicht sattsehen. Wochenlang hatten sie nichts weiter zu Gesicht bekommen als schier endloses blaues Wasser. Endlich sahen sie wieder grünes Gras, grauen Stein und braune Erde, greifbar nahe! Marguerite meinte förmlich, das Land zu riechen. Wie sehr sie das vermißt hatte!
    Nach einer weiteren Stunde quälend langsamer Fahrt fand der Kapitän schließlich, was er suchte: einen schmalen Einschnitt in der Linie der Hügel an der Küste, die Einfahrt zur Bucht von Saint-Jean.
    Die Flotte nahm einen erneuten Kurswechsel vor und nacheinander glitten die Anne, die Valentine und die Leche-Fraye zwischen den felsigen Hügeln hindurch. Dahinter öffnete sich das natürliche Becken der Bucht, wie für einen Hafen geschaffen. Einige Fischerboote - Marguerite zählte siebzehn - lagen dort vor Anker.
    Einer der Arkebusiere feuerte einen Salutschuß ab. Die Fischer zeigten sich auf ihren Booten und grüßten.
    »Dafür, daß die hier draußen sicher nicht oft Besuch kriegen, fällt die Begrüßung aber verhalten aus«, kommentierte Damienne, die nahe bei Marguerite stand.
    Sie hatte recht: Die Fischer grüßten zwar, aber ihre Freude über das Einlaufen der drei großen Schiffe schien sich in Grenzen zu halten. Marguerite entdeckte erst jetzt die kleine Siedlung am Ufer, die Kapitän de Xaintonge erwähnt hatte. Wirklich nicht sehr beeindruckend. Von einer primitiven Palisade umgeben. Offenbar gab es Feinde, vor denen man sich schützen mußte. Aus ein paar windschiefen Hütten und länglichen Schuppen stieg feiner Rauch empor.
    »Räucherkammern«, stellte Damienne fest. »Ich würde sagen, sie räuchern Fisch, wenn mich meine Nase nicht täuscht.«
    An Bord der Anne erteilten de Roberval und der Kapitän ihre Befehle. Ein Boot wurde zu Wasser gelassen, das die beiden Anführer der Flotte an Land bringen sollte. Des weiteren sollte ein Trupp die Wasservorräte auffüllen. Man würde sich auch nach frischem Fisch und Fleisch erkundigen.
    »Vielleicht haben sie sogar frisches Brot? Ich kann diesen Schiffszwieback nicht mehr sehen«, sagte Damienne. Zu ihrer Überraschung forderte de Roberval Marguerite und Damienne auf, sie zu begleiten.
    »Sieh es als Übung für zukünftige Aufgaben, Marguerite. Du bist schließlich die Erste Dame im neuen Frankreich.«
    Leider bekam sie nicht die Erlaubnis, sich entsprechend anzukleiden. »Es sind Fischer, keine gekrönten Häupter! Was du jetzt trägst, genügt.«
    Wie wenig der Onkel doch von solchen Dingen verstand, dachte Marguerite, als ihr die Matrosen ins Boot halfen. Nach ihr stiegen de Roberval und de Xaintonge in das Beiboot, das von sechs Matrosen gerudert wurde. Außerdem begleiteten sie Hauptmann de Pousier und vier Arkebusiere. Am Heck des Bootes flatterte das Banner Frankreichs, die weiße Fahne mit den goldenen Lilien.
    »Sehr prachtvoll«, lobte Damienne.
    »Findest du es nicht ein bißchen fehl am Platz?«, flüsterte Marguerite. »Vor allem die Soldaten! Das sind doch nur ein paar harmlose Fischer.«
    »Es ist immer gut, Eindruck zu machen.«
    »Ich glaube, mit einem schönen Kleid - zum Beispiel mit dem grünen, du weißt? - hätte ich hier mehr Eindruck gemacht als hundert Soldaten.«
    Das Boot näherte sich dem Ufer. De Roberval hatte den Matrosen befohlen, nicht zu schnell zu rudern, denn der Auftritt sollte majestätisch wirken.
    Die Fischer in den Booten und an Land wirkten allerdings nicht sehr beeindruckt. Eher teilnahmslos ließen sie das Boot vorüberziehen. Marguerite meinte sogar, eine gewisse Feindseligkeit in den Blicken zu spüren.
    Am Ufer wurden sie von einer kleinen Gruppe erwartet. Ihr fiel auf, daß dort an Land ausschließlich Männer waren; Frauen waren keine zu entdecken. Einige der Fischer halfen Marguerite, ihrem Onkel und Kapitän de Xaintonge an Land. Land! Festes Land! Was für ein seltsames Gefühl, auf einem Boden zu stehen, der nicht

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