Die Insel der Dämonen
schwankte. Marguerite hatte schon vergessen, wie sich das anfühlte.
»Willkommen, Euer Gnaden«, sagte einer der Fischer, ein alter Graubart mit nur noch einem Auge.
»Seid Ihr der Führer dieser Leute?«, fragte de Roberval kalt.
»Ja, Euer Gnaden.«
»Ich bin Jean-Frangois de La Roque Sieur de Roberval, Vizekönig von Neufrankreich, zu dem auch dieser armselige Ort gehören wird. Wir brauchen frisches Wasser, frischen Fisch und Wildbret, wenn es hier so etwas gibt. Könnt Ihr das liefern?«
»Ja, Euer Gnaden.«
»Gut, ich werde Leute schicken, um das Erforderliche abzuholen. Ihr könnt ihnen zur Hand gehen.«
»Ja, Euer Gnaden. Wir werden sehen, wen wir entbehren können.«
De Roberval blickte den Mann scharf an, doch de Xaintonge legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
»Das ist sehr freundlich von Euch. Darf ich Euch um Euren Namen bitten?«
»Matthieu de Soulac, zu Euren Diensten, Kapitän.«
»Wir haben eine weite Reise hinter uns. Seit Wochen haben wir kein Land gesehen. Wenn Ihr es gestattet, werden einige von uns herüberkommen.«
»Seid willkommen in unserer bescheidenen Siedlung«, sagte de Soulac zögernd.
»Wie viele Menschen leben denn in diesem Nest?«, fragte de Roberval. Marguerite fragte sich, warum ihr Onkel den Alten mit so viel Herablassung behandelte.
»Derzeit nicht mehr als achtzig, Euer Gnaden«, sagte der Alte.
»Gute Franzosen?«
»Und Basken!«, sagte ein junger, grobknochiger Mann, der seiner Sprache nach selbst Baske war.
»Und Portugiesen«, ergänzte ein anderer.
»Und Spanier«, sagte ein dritter.
»Spanier? So?« De Roberval wollte zu einer Tirade ansetzen, doch de Xaintonge legte ihm erneut die Hand auf den Arm.
»Wie mir scheint, kennt diese Siedlung keine Nationalitäten. Wie schön zu sehen, daß unsere Völker in Frieden miteinander leben können. Zu schade, daß wir hier nicht bleiben können.«
»Ihr habt nicht vor hierzubleiben?«, fragte der Alte.
»Hier?«, fragte de Roberval. »Was gibt es hier denn schon?«
De Xaintonge hakte ein: »In der Tat liegt unser Ziel auf dem Festland, am Oberlauf des Stromes, den man Saint-Laurent nennt.«
Marguerite las aus den Blicken der Fischer deutliche Erleichterung heraus. Deshalb hatten sie sich also so abweisend verhalten: Sie hatten Angst, die Kolonisten könnten sich in der Bucht ansiedeln!
»So folgt Ihr den Schiffen, die vor einem Jahr hier waren?«, fragte der Alte.
»Cartier? Er war also hier?«
»Ja, Cartier war sein Name. Er wollte jedoch weiter, hinein ins Landesinnere.«
Das war eine gute Neuigkeit! Seit Cartier Saint-Malo vor über einem Jahr verlassen hatte, hatten sie keine Nachricht von ihm erhalten und wußten rein gar nichts über seinen Verbleib - nicht einmal, ob er diese Seite des Atlantiks überhaupt erreicht hatte. Jetzt war immerhin verbürgt, daß er zumindest bis zu dieser Bucht gekommen war.
»Wie viele Schiffe waren es?«, fragte de Xaintonge.
»Fünf, Euer Gnaden.«
»Sehr gut«, sagte de Xaintonge. »Er hat also keines der Schiffe verloren. Sehr gut.«
Inzwischen waren von den Schiffen der Flotte weitere Boote zum Ufer unterwegs, um Wasserfässer aufzufüllen und frische Nahrungsmittel einzuladen. Allerdings stieß de Roberval schnell an die Grenzen seiner Autorität, denn die Fischer bestanden darauf, daß er die Vorräte, die er erwerben wollte, auch bezahlte - und zwar bevor sie verladen wurden.
»Ich sollte Euch auspeitschen lassen für diese Unverfrorenheit«, herrschte de Roberval den Alten an.
De Xaintonge zog ihn beiseite und sprach auf ihn ein: »Ich bitte Euch, Monsieur, beruhigt Euch!«
»Mit unseren Arkebusieren könnten wir den ganzen Ort niederbrennen und die Aufrührer erschießen!«
»Das könnten wir, sicher, doch würden auch ein oder zwei nächtliche Fackeln genügen, unsere Schiffe in Brand zu stecken - und dann wären wir verloren! Es wäre wohl besser, freundlich zu sein und in Verhandlungen den Preis zu drücken. Sie werden froh sein, wenn sie den Fisch hier und nicht erst in ihrer Heimat verkaufen können.«
In der Tat gelang es dem Kapitän durch Erfahrung, Verhandlungsgeschick und sanften Druck, den Preis auf ein Fünftel der zunächst geforderten Summe zu senken - ein Geschäft, mit dem beide Seiten hinterher zufrieden waren.
Marguerite und Damienne sahen sich in der Zwischenzeit ein wenig in Saint-Jean um. Einer der Fischer, ein junger Bretone, bot sich ihnen als Führer an. Allzuviel gab es allerdings nicht zu erkunden. Etwa zwei Dutzend
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