Die Insel der Krieger
Wände übersät waren mit Tieren aller Art, die scheinbar schlafend in den grün schimmernden Stein eing e schlossen waren. Unter seinen Füßen entdeckte der Junge einen gut zehn Fuß langen Alligator, der mit geschlossenen Augen und aufgeri s senem Maul reglos in einer Nische im Boden lag. Zu seiner Linken sah er ein Streifenhörnchen, das, kaum größer als seine Faust, eingerollt in einem der Quader steckte. Er fand Reptilien, die so fremdartig waren, dass sie Nalig wie Wesen aus einem Traum vorkamen. Es gab Wölfe, Bären, Pumas und Pferde, aber auch Kolibris, Ratten und Eidechsen. In einem Gesteinsblock gewaltigen Ausmaßes steckte ein stämmiges, fast plumpes Tier mit ledriger, grauer Haut, kurzen Beinen, kleinen Ohren und einem gewaltigen Horn auf der spitz zulaufenden Schna u ze. Fasziniert begutachtete Nalig die verschiedenen Tiere, von denen er viele noch nie zuvor gesehen hatte, als ein hoher, schriller Schrei durch die Höhle hallte. Nalig fuhr herum und entdeckte hinter sich eine Nische, aus der grünes Licht flutete. Er blinzelte gegen die Helli g keit an. Es schien, als schmelze der durchsichtige Gesteinsblock und was sich in seinem Inneren befand, begann sich zu regen. Im fli m mernden Grün des Lichts konnte Nalig nur die Umrisse ausmachen. Der grelle Schrei schallte erneut durch die Höhle und dann rauschte etwas so schnell auf Nalig zu, dass dem Jungen kaum genug Zeit blieb, die Hände schützend vors Gesicht zu halten. Er sah Federn und Kra l len und einen scharfen, nach unten gekrümmten Schnabel und das Nächste, was er wahrnahm, war ein Schmerz, der in seiner linken Hand explodierte. Nalig sah Blut und drückte die schmerzende Hand an seine Brust, während er benommen zu Boden ging. Das grüne Licht verblasste und ließ ihn in vollkommener Dunkelheit zurück.
Dieses Mal erwachte Nalig in einem Raum, der wie ein Schlafzi m mer aussah. Verschwommen erinnerte er sich an eine Höhle, grünes Licht, schlafende Tiere und den überraschenden Angriff. Augenblic k lich kehrte der Schmerz in seine linke Hand zurück. Ein Blick an se i nem Arm hinab zeigte Nalig, dass sie sorgfältig verbunden war. Eine Weile betrachtete der Junge die Bandagen, bis ihm auffiel, dass etwas nicht stimmte. Entsetzen wallte in ihm auf, als er erkannte, dass neben seinem Daumen nur drei Finger aus dem Verband lugten. Der kleine Finger fehlte. Als sei dies nicht schon schlimm genug, hörte Nalig ein Rascheln und von einem Schrank an der Wand gegenüber flog ein Falke hinab auf einen Pfosten des Bettes, in dem der Junge lag. Nalig erkannte den krummen Schnabel und die langen Krallen. »Verschwi n de! « , schrie er und warf sein Kissen nach dem Vogel. Mit einem e m pörten Kreischen flog das Tier auf und entkam um Haaresbreite dem Kissen, das ein Bild von der gegenüberliegenden Wand schlug, ehe es zu Boden fiel. Aufgescheucht zog der Falke seine Kreise in dem viel zu engen Raum, schlug gegen Regale und Fenster und landete schließlich auf dem Schrank, von wo aus er Nalig aus einem schwarzen Raubv o gelauge beobachtete. Draußen näherten sich Schritte. Die Tür schwang auf und Kaya trat herein. »Was ist denn hier los? « , fragte die Göttin alarmiert und ließ den Blick zwischen Nalig, dem zerbrochenen Bilde r rahmen am Boden und dem Falken hin und her wandern. »Was los ist? « Nalig kochte vor Wut. »Dieses Untier hat… Dieser verfluchte Vogel«, stammelte er, unfähig seine Empörung in Worte zu fassen. »Beruhige dich«, bat Kaya und kam zu ihm herüber. Kartax folgte ihr und schien etwas verwirrt angesichts der Aufregung. »Ich soll mich beruhigen? Dieses Tier hat mich verstümmelt! « »Ich weiß. Aber du solltest dich nicht zu sehr darüber aufregen. « »Ich soll mich nicht aufregen? Ich dachte, er soll mir helfen, Eda zu beschützen. Mich zum Krüppel zu machen finde ich nicht besonders hilfreich! « »Würdest du mir bitte für einen Augenblick zuhören«, zürnte Kaya und die Funken, die aus ihren Augen schlugen, ließen Nalig verstummen. Widerwillig schluckte er seinen Ärger hinunter und schenkte seine Aufmerksa m keit Kaya, die sich neben ihm auf seinem Bett niederließ. »Die Verle t zung, die er dir beigebracht hat, war leider notwendig. Erst durch sie entsteht zwischen euch das Band, das es euch später ermöglicht, g e meinsam in den Kampf zu ziehen. « »Und das hättet Ihr mir nicht vorher sagen können? « , platzte es aus Nalig heraus. »Zum einen hätte das nichts geändert und zum anderen lernen
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