Die Insel der Krieger
zugezogen hatte, eine große Wunde am Kopf. Leider hatte das Mädchen keinerlei Verbände und Salben. »Die Tiere, die im Wald leben, haben auch keine Verbände und Salben«, rechtfertigte sie sich. »Und aus diesem Grund sterben so viele von ihnen an harmlosen Verletzungen«, erwiderte Zalari. Er setzte einen Kessel mit Wasser auf und riss mit Delas Erlaubnis ein altes Kleid in Streifen, die er abkochte und zum Trocknen aufhängte. Dann machte er sich auf, um Heilpflanzen zu beschaffen. Zum Glück hatte er von Mira viel gelernt. Zwar wuchs zu dieser Jahreszeit nicht viel auf dem Festland, doch so wusste der Junge immerhin, wonach er den Dorfheiler fragen musste, den er im nächsten Ort aus dem Schlaf riss. Zalari holte auch das Kornblumenpulver aus dem Wald. Bislang war es trocken geblieben, doch der Regen nahm immer weiter zu. Dela schlief, als er zurück ins Haus kam. Ihr Hund hatte sich vor dem K a min ausgestreckt und sah aus wie eine sonderbare Jagdtrophäe. Leise begann Zalari, die Pflanzen zu verarbeiten, konnte jedoch nicht ve r meiden, das Mädchen zu wecken, als er anfing, die Wunden zu sä u bern und mit seinen behelfsmäßigen Verbänden zu umwickeln. Mit bemerkenswerter Tapferkeit ließ Dela das Prozedere über sich erg e hen, auch als es darum ging, ihr gebrochenes Bein zu richten und zu schienen. Zalari fand, dass sich seine Arbeit durchaus sehen lassen konnte. Dennoch wäre ihm wohler gewesen, Dela in jemandes Obhut zu übergeben, der sich auch in der nächsten Zeit um sie kümmerte. Doch da ließ das Mädchen nicht mit sich reden. »Gibt es noch irgen d etwas, was ich für dich tun kann? « , wollte er wissen, als er Dela eine Tasse Tee reichte. »Du hast mehr für mich getan als nötig. Jetzt solltest auch du dich ausruhen. « »Ausruhen? « , wunderte sich Zalari. »Du wirst doch nicht etwa bei diesem Wetter aufbrechen wollen? « , erwiderte das Mädchen. »Nein. Aber in diesem Regen zu schlafen, scheint mir auch nicht sehr reizvoll. « »Was redest du für einen Unsinn? Du wirst die Nacht hier verbringen. Du kannst doch bei einem solchen Unwetter nicht im Wald übernachten. « Zalari schüttelte den Kopf. »Das kann ich wirklich nicht annehmen«, wehrte er ab. »Sei nicht albern. Ich habe noch ein Bett übrig, wie du siehst und das wäre wohl das Mindeste, was ich dir anbieten kann, nach all den Umständen, die du meinetw e gen hattest. « Zalari warf einen Blick auf das Bett gegenüber. Es sah so einladend aus, dass er es einfach nicht fertigbrachte, das Angebot auszuschlagen. So verbrachte Zalari die Nacht oder vielmehr das, was von ihr geblieben war, im Haus des Mädchens. Unterdessen brach draußen das Unwetter los.
Am nächsten Morgen erwachte Zalari später, als ihm lieb war. Es war schon hell und breite Lichtstreifen fielen durch die Fenster des Hauses. Der Junge richtete sich auf und stellte fest, dass Dela nicht in ihrem Bett lag. Der Hund war ebenfalls verschwunden und auch von Kir fehlte jede Spur. Von draußen glaubte Zalari, Musik zu hören. Er stand auf, zog sich an und ging hinaus, wo sich ihm ein erstaunliches Schauspiel bot. Es war schon so früh am Tag sehr warm und vom Unwetter der Nacht war alles nass und der Regen tropfte noch von den Bäumen. Dela saß vor dem Haus auf einem Stuhl und hatte das verletzte Bein auf einen zweiten gelegt. Sie hatte ein sauberes Kleid angezogen und ihr Haar von Blut und Erde befreit. Mit geschlossenen Augen spielte sie auf einer kleinen Flöte eine sonderbare Melodie. Zalari blickte sich staunend um. Von den Flötenklängen angelockt und durch sie offenbar schläfrig geworden, hatte sich eine Vielzahl von Tieren um Dela versammelt. Rehe, Füchse, Wildkatzen und Hasen waren völlig friedlich hier zusammen gekommen. Auch der Hund lag an Delas Seite und Kir hatte sich in ihren Schoß geringelt. Das Mä d chen hörte auf zu spielen, als Zalari neben es trat. Die Schläfrigkeit fiel von den Tieren ab, doch es bedurfte keineswegs der Töne, um sie in der Nähe zu halten. Zwar verschwanden einige von ihnen im Wald, doch dafür kamen ständig neue. Ein paar Wühlmäuse huschten über Zalaris Füße und eines der Rehe kam so dicht an Dela heran, dass sie die Hand ausstrecken und es streicheln konnte. »Ich sagte dir ja, dass ich nicht einsam bin«, meinte das Mädchen und nahm das Bein vom Stuhl, damit Zalari sich setzen konnte. »Wie geht es dir? « , wollte er wissen. »Schon besser. Ich bin glücklich, solange ich meine Freunde um mich habe. « »Ich
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