Die Insel der Krieger
Kleid, das, auch abgesehen davon, dass es voller Erde war, nicht besonders neu aussah. Das lange, dunke l braune, gelockte Haar des Mädchens war über das Gesicht gefallen. Zalari wischte es beiseite und bemerkte, dass die Haut des Mädchens eiskalt war. Bei seiner Berührung begannen ihre Augenlider zu fl a ckern. Sie kam zu sich und hustete den Staub aus, den sie eingeatmet hatte. Zalari wies Kir an, sich ein wenig zurückzuziehen, damit das Mädchen sich nicht zu Tode erschreckte, wenn es feststellte, dass ein unsichtbarer Junge bei ihm war. Das Mädchen wandte den Kopf und fragte mit brüchiger Stimme: »Wer ist da? « Zalari nahm behutsam ihre Hand und stellte sich vor. »Mein Name ist Zalari. Dein Hund hat mich hierher gebracht. Und wer bist du? « »Ich heiße Dela«, erklärte das Mädchen und versuchte, sich aufzurichten, hielt jedoch sogleich inne und keuchte. »Bist du verletzt? « , fragte Zalari und musterte sie. Blut und Schmutz klebten in ihrem Haar und sie hatte viele Schürfwunden. »Mein Bein«, presste das Mädchen hervor und schluchzte. Zalari legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Keine Angst, Dela, wir kümmern uns um dein Bein. Aber zuerst müssen wir hier raus. « Das Mädchen schien verwirrt. »Wo müssen wir raus? « , fragte es und tastete die Umgebung ab. »Na, aus dem Loch, in das du gestürzt bist. We s halb läufst du auch ganz alleine mitten in der Nacht hier herum? « Dela wandte den Kopf und blickte auf einen Punkt zwei Handbreit neben Zalari, als sie antwortete. »Als ich abgestürzt bin, war es noch Tag. Und ich bin diesen Weg schon oft gegangen. Wie konnte das passi e ren? « »Hier muss es vor Kurzem einen Erdrutsch gegeben haben«, erklärte Zalari und wunderte sich. Bei Tag hätte Dela das Loch doch sehen müssen. »Wer ist denn da noch bei dir? « , wollte das Mädchen plötzlich wissen. Zalari blinzelte irritiert. »Was meinst du? « »Da ist doch noch jemand. Wer ist das? « Langsam begann der Junge, sich vor dem Mädchen zu gruseln. Nicht einmal er sah Kir von hier unten aus. Wie konnte Dela also wissen, dass sie da war, wo gewöhnliche Me n schen verwandelte Begleittiere doch nicht sahen? Dann endlich begriff Zalari, dass Dela überhaupt nichts sah. Deshalb war sie mit dem ries i gen Hund unterwegs, hatte den Abgrund nicht gesehen und blickte Zalari nicht an, wenn sie mit ihm sprach. Und Kirs Gegenwart mus s ten ihr ihre übrigen geschärften Sinne irgendwie verraten haben. »Ich habe Kir bei mir«, erklärte er. »Sie ist immer bei mir, wohin ich auch gehe. Sie ist ein echter Drache. « Dela war beeindruckt. »Drachen gibt es viele in Eda. Aber keine von dieser Größe. « »Dass sie so groß ist, ist unser Glück. Denn sie wird uns hier rausholen«, erwiderte Zalari, ohne der Frage nachzugehen, wie Dela Kirs Größe erraten hatte. Die Dr a chendame hatte erkannt, dass nun sie gefragt war. Sie steckte den Kopf in das Loch zurück. Der Junge half Dela auf die Beine. Zumi n dest auf das eine, unverletzte. Fasziniert legte sie eine Hand auf Kirs Nüstern. »Sie ist ganz warm. « »Das liegt an ihrem Temperament«, erklärte Zalari und fing sich damit einen unsanften Stoß von Kir ein. Er schlang einen Arm um Delas Taille, den anderen um den Hals seiner Begleiterin. »Halt dich gut fest«, wies er Dela an und sachte zog Kir die beiden nach oben. Das Mädchen sank sofort wieder zu Boden, als der Drache sie absetzte. Der riesige Hund stürmte herbei und b e gann unter Freudengeheul das Gesicht seiner Gefährtin abzulecken. »Du bist ein kluger Hund«, lobte sie ihn und kraulte seinen enormen Kopf. Zalari fragte sich, was er nun mit Dela anfangen sollte. Alleine laufen konnte sie nicht und selbst wenn, hätte er sie nicht bei Nacht und Regen alleine gelassen. »Wo wohnst du eigentlich? Die nächste Stadt ist ziemlich weit weg. « »Ich wohne in keiner Stadt«, erwiderte das Mädchen mit einem seltsamen Unterton. »Mein Haus ist nicht weit von hier. « »Dann werde ich dich dort hinbringen. « Dela hatte Schwi e rigkeiten, Zalari den Weg zu beschreiben. Sie orientierte sich an der Beschaffenheit des Bodens und einigen Dingen, die sich schwer in Worte fassen ließen. Von Kirs Rücken aus wäre es ihr unmöglich, ihr Zuhause zu finden. Also blieb Zalari nichts anderes übrig, als zu Fuß zu gehen und sie zu tragen. »Du bist nicht von hier«, stellte Dela fest, während Zalari ging und ihr Hund neben ihm hertrottete. »Wie kommt es, dass du ganz alleine hier unterwegs
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