Die Insel der Krieger
Jungen zunächst aus wie ein schwarzer Felsen. Dann erkannte er, dass der vermeintliche Felsen einmal lebendig gewesen war. »Du kannst ruhig näher heran gehen«, meinte Kaya. »Es ist ganz sicher tot. Doch wie du weißt, kann ich das Festland nicht betreten. « Nalig ließ sich von Kartax’ Rücken fallen und ging vorsichtig um das riesige, fremdartige Tier herum. Es hatte entfernte Ähnlichkeit mit Kir, nur dass diese Kreatur nichts Anmutiges oder Schönes hatte. Die schuppige Haut war schwarz und die Hinterbeine muskulös und kräftig, während die Vorderbeine, an denen sich nur drei Zehen fanden, unnatürlich kurz wirkten. Der Kopf war dem des Drachen nicht unähnlich. Allerdings war er kürzer und kantiger. Über die nach innen gekippten und daher weißen Augäpfel hatte sich zur Hälfte ein durchsichtiges Lid geschlossen. Der unhei m lich lange Schwanz des Tieres trug am Ende zwei seitlich abstehende Stacheln, so lang wie Naligs Unterarm. Was diesem Wesen im Ve r gleich zu Kir fehlte, war die Reihe scharfer Zacken am Rücken. Ein Hauptgrund für die Ähnlichkeit waren die drachenähnlichen Flügel. Einen hatte das Tier unter seinem Körper begraben, als es in die Schlucht gestürzt war. Die Flughaut des zweiten hing in Fetzen von dem nahezu skelettierten Flügel, der zudem seltsam verdreht war. Der Bauch des Tieres wies viele langgezogene Wunden auf, die gewaltige Klauen in das zähe Fleisch geschlagen haben mussten. Zudem hatte etwas große Stücke aus dem Hals der Bestie gerissen. Aus den Wu n den waren Unmengen Blut geflossen, das inzwischen getrocknet und fast schwarz war. »Zalari und sein Drache haben es vor zwei Tagen getötet«, teilte Kaya mit. »Was zur Hölle ist das? « Nalig trat angewidert ein paar Schritte von dem Kadaver zurück. »Das ist der wahre Grund dafür, dass wir in letzter Zeit die Insel häufig verlassen müssen. Diese Kreaturen und ihre menschenähnlichen Begleiter fallen regelmäßig in Eda ein. Was sie genau sind und woher sie kommen, kann ich dir nicht sagen. Ebenso wenig weiß ich, weshalb sie ausgerechnet hier angreifen. Aber ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass sie es auf die Krieger Kijertas abgesehen haben. Diese Wesen wären in der Lage, alle Dörfer und Städte Edas in wenigen Wochen dem Erdboden gleichzumachen. Doch sie fallen nur über die Städte her, um uns von der Insel zu l o cken, denn wenn wir nach Eda kommen, scheint ihr sehnlichstes A n liegen zu sein, uns alle zu töten. « »Aber was versprechen sie sich d a von? « Die Göttin wirkte bekümmert. »Das weiß ich nicht. Aber sie sind keine leichten Gegner. Diese Tiere oder was sie auch immer sein mögen, sind schnell und ungemein wendig. In dieser Hinsicht sind ihnen die meisten unserer Begleittiere unterlegen. Ihre Reiter sind körperlich eher schwach, doch sie verfügen über ähnliche Fertigkeiten wie wir und es ist schwer, an sie heranzukommen. Sie sind klug und befehligen diese Wesen. « Kaya wies auf den leblosen Körper. »Auße r dem werden sie bei jedem Angriff zahlreicher. « Nalig näherte sich Kartax und dem wärmenden Licht, das er ausstrahlte. »Die Männer, die über die Dörfer herfallen, scheinen in keiner direkten Verbindung zu dieser Bedrohung zu stehen. Sie nutzen lediglich das Chaos, um sich selbst zu bereichern. Doch stellen sie für die Bewohner Edas wohl die größere Gefahr dar. Diese Kreaturen töten nicht gezielt Menschen. Ihr eigentliches Ziel sind wir. « »Fragt sich nur, was sie vorhaben, nachdem sie uns losgeworden sind. « »Ich beabsichtige nicht, es so weit kommen zu lassen. Aber genug für heute. Wir sollten zurückfliegen. Auf Kijerta ist es schon spät. « Kaya half Nalig zurück auf Kartax’ Rücken. »Es wäre sicher besser, wenn du für dich behältst, was ich dir gezeigt habe. Ich halte es nicht für klug, mehr Menschen als nötig mit dem Wissen um diese Gefahr zu belasten. « Nalig nickte. Er verstand jetzt, weshalb Kaya nicht früher mit der Sprache herausgerückt war. Nun, da er wusste, wie dringend er gebraucht wurde und wie viel von ihm abhing, fühlte er sich schrecklich nutzlos. Doch wusste er auch endlich, wofür er all die Strapazen seiner Ausbildung auf sich nahm. Er blickte auf seine linke Hand, die an der ihm ein Finger fehlte, und beschloss, dass die Zeit gekommen war, sich nicht mehr über Kleini g keiten aufzuregen. Es gab Wichtigeres und er würde fortan alles daran setzen, die anderen Krieger möglichst bald unterstützen zu können.
Im Tempel war
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