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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Katze geziert. »Nach
meinem Geschmack ist es eine Verbesserung um mindestens fünfzig Prozent, aber
ich nehme nicht für mich in Anspruch, ein Experte zu sein .« »Ich ebensowenig. Ich kenne mich lediglich mit den Redensarten der Experten
aus«, gab der Große Gouverneur mit einer spöttischen Verneigung zurück, worauf
beide in munteres Gelächter ausbrachen.
    Li die Katze öffnete seinen
Geldgürtel und zog einen kleinen runden Gegenstand hervor, der offenbar das
kaiserliche Siegel trug. Er war hellgrün mit blaßroten Schattierungen und
offensichtlich so hart wie ein Holzklotz. Meister Lis Finger bohrten sich in
meine Schulter.
    »Ochse, das ist
Tribut-Tee«, flüsterte er. »Wie, zum Teufel, ist dieser schmierige Eunuch in
den Besitz von Tribut-Tee gekommen ?«
    Da die Frage natürlich rein
rhetorisch war, sagte ich nichts darauf. Der Eunuch schabte mit einem
Silbermesser dünne Splitter von dem harten Stück ab, dann zerrieb der Große
Gouverneur die Stücke mit einem silbernen Stößel in einem silbernen Mörser zu Staub.
Feierlich passierten sie den Staub dreimal durch ein silbernes Sieb und füllten
ihn dann zu gleichen Teilen in zwei große, flache C/2/en-Schalen. Das Wasser in
dem Topf (der eigentlich kein Topf war, sondern eine Suppenflasche)
kochte inzwischen, und der Große Gouverneur goß es vorsichtig in die Chiens.
Dann rührten beide kräftig mit Bambusstöckchen darin. Zuerst war die
Flüssigkeit weiß, dann wurde sie bläulich grau, schließlich bläulich golden.
Das Aroma, das mir in die Nase stieg, war der köstliche zarte Duft eines Tees
von allerhöchster Qualität. Die beiden Männer verneigten sich voreinander,
hoben die Schalen an die Lippen und
    nahmen einen Schluck.
Gleich darauf verzog der Gouverneur das Gesicht und spuckte das Zeug in die
glühenden Kohlen. »Es schmeckt immer noch wie Kamelpisse«, sagte er mürrisch.
»Nun, ich habe nicht behauptet, daß er vollkommen ist, und er schmeckt wirklich
besser«, protestierte der Eunuch. »Versucht noch einen Schluck, und erwartet
keine Wunder .« Der Große Gouverneur trank zögernd
einen weiteren Schluck, den er diesmal bei sich behielt.
    »Na schön, er ist ein
bißchen besser«, sagte er mißmutig. »Aber man würde damit trotzdem nicht einmal
ein Kind zum Narren halten .«
    »Wer hat denn die Absicht,
Kinder zum Narren zu halten? Wir hauen Barbaren übers Ohr«, gab der Eunuch mit
einem Kichern zurück. »Seht Euch die Blätter an, bevor sie gepreßt werden und
sagt mir, daß mit ihnen irgend etwas nicht in Ordnung ist !« Er zog ein paar winzige Schnipsel aus seinem Geldgürtel,
und der Gouverneur beugte sich bewundernd darüber. »Buddha, das ist ja
großartig. Ihr habt denselben Posten benutzt ?«
    »Genau, und überdies noch
die schlechtesten daraus. Wir beherrschen die Technik jetzt perfekt, und ich
garantiere eine fünfund-neunzigprozentige Erfolgsquote. Wie entwickeln sich die
Dinge auf Eurer Seite ?« erkundigte sich Li die Katze.
»Vier weitere Barbarenkönige haben ein starkes Interesse gezeigt, zwei davon
sind uns als Kunden sicher«, entgegnete der Große Gouverneur lebhaft. »Rom wäre
der eigentliche Markt, aber der Seeweg ist äußerst unsicher, und jede Karawane
läuft Gefahr, irgendwelchen ehrgeizigen Landherren in die Hände zu fallen, die
das Zeug als Tribut-Tee nach China zurückschicken. Könnt Ihr Euch das
vorstellen ?«
    Li die Katze schauderte.
»An so etwas solltet Ihr nicht einmal denken«, sagte er. »Irgendwelche
Änderungen in bezug auf das Verkaufsargument?«
    Der Gouverneur zuckte die
Achseln. »Warum sollten wir es ändern? Wir müssen erklären, wie wir an die
Waren herangekommen sind, und die Geschichte von den Banditen, die eine
Karawane überfallen und dann feststellen, daß die Fracht für den Kaiser
bestimmt war, ist eigentlich nicht zu verbessern. Meine kürzliche Einheirat in
eine Banditenfamilie verschafft mir Glaubwürdigkeit, und es ist leicht zu
erklären, daß mein erlauchter Schwiegervater seine Beute nicht innerhalb der
zivilisierten Welt loswerden kann und sich darum an mich wenden muß, um die
Märkte außerhalb ihrer Grenzen zu erreichen. Warum sollten wir etwas vergolden,
das bereits glänzt ?«
    In diesem Augenblick nahm
die Geschichte eine überraschende Wendung. Der Gouverneur hatte eine große
Landkarte hervorgeholt, und die beiden begannen, sich über Transportwege und
neue Märkte zu unterhalten, als ein hoher, schriller, aber nicht unangenehmer
Ton durch den Raum hallte. Es war

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