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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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bestanden. Sie funktionierten analog den tierischen Muskeln, nur daß die Triebkraft hier nicht die Verbrennung von Glykogen war, sondern der elektrische Strom. Gesteuert wurde die Bewegung elektronisch über mehrere Ebenen etwa entsprechend dem Nervensystem im tierischen Körper – aber hier begannen schon wieder die Schwierigkeiten für mich, die ich beim Studium des Materials noch überwinden mußte.
    Mir fiel plötzlich auf, daß die bisherige Redseligkeit des Professors wie weggewischt schien. Ich sah, daß er mich beobachtete. Wollte er prüfen, ob ich mir von den Vorgängen schon ein Bild machen konnte? Bitteschön, das konnte er haben. Soviel hatte ich immerhin bereits begriffen.
    Ich sagte meinen Spruch auf wie ein Schüler. »Im Aktionszentrum, das unterhalb des Kopfes im Hals des Storos untergebracht ist, gibt es verschiedene Steuerblöcke für die verschiedenen Bewegungskomplexe: den Fußblock, dem Rumpfblock, den Kopfblock und den größten – den Arm-Hand-Block. Gegenwärtig wird offenbar der Arm-Hand-Block trainiert durch Strecke, Seitstrecke und Hochstrecke der Arme, was den kartesischen Raumkoordinaten entspricht. Die Lage- und Bewegungsrezeptoren der Arme geben dabei eine Signalfolge an das Zentrum, die sich in umgekehrter Folge als Aktionsbefehl verwenden läßt. Soweit richtig?«
    Der Professor lächelte, und Erwin Rebel rief: »Völlig richtig! Und das wollen wir jetzt probieren. Alle in den Nebenraum!«
    Aus dem Nebenraum konnten wir durch ein Fenster alles beobachten, was die Storos taten – oder vielmehr tun würden. Erwin Rebel war dort geblieben, und wir konnten uns auch verständigen, denn die stoßsicheren Scheiben sollten, wie ich erfuhr, erst später eingesetzt werden.
    »Storos einschalten!« befahl Erwin Rebel.
    Ein summendes Geräusch ertönte.
    »Zu Protokoll. Ich gebe jetzt einen undifferenzierten Aktionsbefehl.«
    Nichts ereignete sich.
    »Ich wiederhole den Befehl.«
    Wiederum nichts.
    »Ich verstärke den Befehlsimpuls.«
    Die Storos rührten sich nicht.
    »Ich verstärke noch einmal.«
    »Halt!« rief der Professor. »Abschalten!«
    Das Summen erlosch.
    »Seien Sie nicht so draufgängerisch«, sagte er zu Erwin Rebel. »Was war Ihr Großvater?«
    Erwin Rebel schüttelte verwirrt den Kopf wie jemand, der ein Insekt abwehrt.
    »Mein Großvater zum Beispiel war Schneider«, sagte der Professor, »und sein Lieblingsspruch war: siebenmal messen, einmal abschneiden. Kommen Sie ’rüber, setzen Sie sich hier hin, und überlegen Sie. Wir helfen Ihnen dabei.«
    Es war ein merkwürdiger Platz für eine wissenschaftliche Beratung: nackter Fels und rohe Holzbänke, an der Decke eine Schildkrötenlampe. Erwin Rebel sah gar nicht strahlend aus, als er sagte: »Offenbar reagieren die Storos nicht auf einen undifferenzierten Befehl«.
    »Und Sie glauben, die Chancen erhöhen sich, wenn Sie die Impulse verstärken?«
    »Sie müssen doch! Drei Verhaltensweisen sind gespeichert, sie müssen doch eine davon durchführen. Vielleicht irgendeine zufällige Hemmung…?«
    »Das wäre aber ein merkwürdiger Zufall, der bei allen dreien zugleich auftritt!« Die Stimme des Professors war scharf und konzentriert geworden. »Was meint denn unser Stratege dazu, er weiß ja hier schon gut Bescheid?« Er sah mich an.
    »Ich weiß auch nicht«, sagte ich, »mir ist nur eins aufgefallen – der Summton, der erst nach dem Einschalten ertönte, das waren wohl die Vibratoren?«
    »Da haben wir’s!« schrie der Professor. »Ein relativ Außenstehender muß uns den Weg zeigen!« Er senkte die Stimme und fuhr, an mich gewandt, fort: »Aber bilden Sie sich nichts drauf ein, das kommt nur, weil Sie noch nicht betriebsblind sind. – Also, natürlich können die Storos nichts speichern, wenn die Vibratoren nicht eingeschaltet sind. Wie war das möglich? Das ist doch ein ganz dummer, primitiver Fehler!«
    Er sah sich um, sein Blick blieb am Gesicht eines der Mitarbeiter hängen. Es war ein Mittdreißiger mit Geheimratsecken und starken Augenbrauen, der jetzt ein finsteres Gesicht machte.
    »Sie sind nicht meiner Meinung?« fragte der Professor. »Sie sind Herbert Linzel, Forschungsfacharbeiter, nicht wahr?«
    Der Mann nickte. »Ich möchte mich nicht äußern, bevor die Wissenschaftler gesprochen haben.«
    »Minderwertigkeitskomplexe?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Vorsicht aus Erfahrung.«
    »Erfahrungen hier?«
    »Nicht hier gesammelt. Aber sind wir hier so etwas Besonderes?«
    »Besonderes oder nicht«, sagte

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